1. Post-Corona
Mit Wirkung zum 8. Mai 2023 wurde das Coronavirus (endlich) “herabgestuft”. War es seit dem Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 ein Virus der “Klasse 2”, wurde es nun zu einem “Klasse 5”-Virus. Damit steht es etwa auf einer Stufe mit dem Grippevirus. Corona war zuvor meldepflichtig, Infizierte waren zur Quarantäne verpflichtet – und mehr als zwei Jahre lang durften so gut wie keine ausländischen Staatsbürger nach Japan einreisen.
Einzelne Maßnahmen ließ man zwar schon seit 2022 schrittweise fallen, doch erst seit dem 8. Mai kehrte die Normalität vollends zurück. Und mit ihr auch die Touristen: Seit Oktober übertreffen die Besucherzahlen gar die vor der Pandemie – allein rund 30.000 Deutsche reisten nach Japan innerhalb eines Monats ein (und rund 2,5 Millionen insgesamt). Die Touristenschar bringt jedoch einige Probleme mit sich, denn im Fremdenverkehrsgewerbe und in der Gastronomie mangelt es an Personal, und viele bekannte Orte vermelden einen sogenannten “Overtourism”. Ein Preisanstieg in Restaurants und Hotels ist die Folge, insbesondere in den Touristenhochburgen.
2. Schwacher Yen, Inflation und steigende Preise
Die japanische Währung schwankt immer wieder, doch im Jahr 2023 wurde es extrem. Der Yen wurde immer mehr abgewertet: Bekam man 2020 noch rund 120 Yen für einen Euro, so waren es 2023 stellenweise 165 Yen. Auch zum US-Dollar (und fast allen anderen Währungen) verlor er teilweise schon 2022, aber noch mehr 2023 an Wert. Vor zwei Jahren bekam man für einen US-Dollar zum Jahresanfang nur 103 Yen, Ende 2023 kletterte der Kurs bis über 150 Yen. Das bleibt nicht ohne Folgen, da Japan fast alle Energieträger, aber auch sehr viele Lebensmittel importieren muss. Demzufolge zogen die Preise für Energie, Lebensmittel, Restaurants und vieles mehr zum Teil spürbar an. Die Inflation war in diesem Jahr mit ca. 3 % nicht extrem hoch – doch wenn man lange Zeit an Deflation gewöhnt ist, spürt man die Inflation umso stärker.
3. Das Kabinett des Grauens
Nein, das Kabinett der Regierung unter Ex-Premierminister Abe Shinzō bestand nicht nur aus weißen Schafen. Hin und wieder musste der eine oder andere Minister wegen diverser Vergehen seinen Tisch räumen. Doch beim amtierenden Premier Kishida Fumio dreht sich das Personalkarussell noch wesentlich schneller. Aufgrund sehr schlechter Umfragewerte und diverser Rücktritte stellte Kishida im September 2023 sein Kabinett beinahe komplett um – 11 neue Gesichter kamen hinzu. Doch nur rund 50 Tage später mussten 4 der insgesamt 20 Minister wieder gehen, denn sie stolperten allesamt über dubiose Spendenaffären.
Das alte Thema “Geld und Politik” bleibt also weiter bestehen. Immerhin schaffte man es 2023, die umtriebige Vereinigungskirche, in Deutschland besser unter dem Namen “Moon-Sekte” bekannt, zu verbieten. Auch die mischte dank großzügiger Spendenzahlungen in der Politik ordentlich mit, was letztendlich indirekt zum tödlichen Attentat auf Ex-Premierminister Abe im Juli 2022 führte. Doch trotz der ganzen Skandale und einer Zustimmungsrate von weit unter 20 % weigert sich Kishida beharrlich, Neuwahlen auszurufen. Viel bringen würden die ohnehin nichts – dafür ist die Opposition viel zu schwach.
4. Medien und Gesellschaft
Das Jahr 2023 stand ganz im Zeichen des Missbrauchsskandals um Johnny Kitagawa und seiner Talentagentur Johnny & Associates. Obwohl lange in der Branche und in den Medien bekannt, kam der Skandal in seiner Gänze letztendlich erst vier Jahre nach Kitagawas Tod 2019 durch eine BBC-Dokumentation ans Licht. Er zeigte leider allzu deutlich, wie schwach und unfrei die Presse in Japan eigentlich ist – eine Tatsache, die auch alljährlich im weltweiten Index der Pressefreiheit zum Ausdruck kommt. 2023 lag das Land auf Platz 68 von 180, der schlechteste Rang innerhalb der G7-Staaten.
Apropos Presse: Seit “Luffy” mit seiner aus einem philippinischen Gefängnis heraus gemanagten Räuberbande Anfang des Jahres durch die Presse geisterte (die Bande wurde letztendlich verhaftet und an Japan ausgeliefert) haben sich die Medien – wieder einmal – auf Kriminalität allgemein eingeschossen, so dass kaum noch eine Nachrichtensendung ohne einen ordentlichen Anteil an Mord, Raub und Totschlag auskommt. Eine sehr subjektive Berichterstattung, die für einiges an Unmut in der Gesellschaft sorgt.
5. Sport und Wetter
Immerhin war 2023 ein großartiges Jahr für den heimischen Baseball: Ohtani Shōhei heißt der neue Stern am Sporthimmel, der in der amerikanischen MLB einen Rekord nach dem anderen bricht und auch in Japan wie ein Nationalheld gefeiert wird. Dadurch wurde der Sportteil der Nachrichten in diesem Jahr zwar etwas eintönig, aber Baseballfans sind in Japan sowieso klar in der Überzahl.
Wettertechnisch bot 2023 einen Vorgeschmack auf das, was Klimaforschende schon lange vorhersagen. Behalten diese Recht, könnte Japan bald nur noch zwei statt vier Jahreszeiten haben. Der Sommer war auch in diesem Jahr extrem lang und pausenlos sehr heiß. Frühjahr und Herbst waren hingegen so schnell wieder vorbei wie sie gekommen waren. Doch wie eingangs erwähnt blieben wenigstens die verheerenden Taifune aus, die aufgrund des aufgeheizten Meeres erwartet worden waren.
Und sonst?
Was wird 2024, das Jahr des Drachen, wohl bringen? In erster Linie Frieden – hofft man auch in Japan. Ein etwas stärkerer Yen und eine Politik, die sich um das Land und nicht nur um sich selbst kümmert, wären ebenfalls nicht schlecht. In diesem Sinne allen Leserinnen und Lesern geruhsame Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
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