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Japan-Reise nach Corona: Was hat sich für Touristen verändert?

Matthias Reich
Matthias Reich

Fast drei Jahre lang schottete sich Japan wegen der Corona-Pandemie von der Außenwelt ab. Das ist seit Ende 2022 Geschichte: Allein im Mai 2023 reisten rund 1,9 Millionen Tourist:innen ein. Mittlerweile hat sich in der Tourismus-Branche sowie der Gesellschaft einiges verändert - und nicht alles ist dem Virus geschuldet.

Burg Ōsaka mit Park
Die Burg Ōsaka gehört zu den beliebtesten Reisezielen der Stadt in Westjapan. © Photo AC / 京都さんぽ

Von anhaltenden Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen zur Prävention von Infektionen vor Ort bis hin zu einem nachhaltigen Umdenken der Reisenden, was Reiseplanung und Komfort angeht, hat die Corona-Pandemie insbesondere den Tourismus sowie die Tourismus-Branche in Japan tiefgreifend verändert. Vor allem die komplette Grenzschließung für Touristen bis Mitte 2022 und die anschließende schrittweise Öffnung unter strengen Einreisebedingungen haben das Reisen nach Japan sehr erschwert. Mittlerweile ist eine Reise dorthin wieder uneingeschränkt möglich, doch die Auswirkungen der Pandemie, des anhaltenden Ukraine-Krieges und der Inflation sowie die allgemeinen Preissteigerungen als Folge derer hinterlassen ihre Spuren bei Touristen – vor allem in ihren Geldbeuteln. 

Ist das Land zurzeit als Reiseziel also attraktiv? Aber sicher doch! Japan als Urlaubsdestination ist so beliebt wie noch nie, und es gibt unzählige Gründe, die Reise dorthin zu wagen. Doch wie bei anderen Reisezielen gilt: Route und Saison entscheiden maßgeblich darüber, ob man sich in Menschenmassen bewegt oder mutterseelenallein das Land genießen kann. 

1. Flüge: Länger und teurer

Die erste große Veränderung merkt man bei der Flugbuchung, denn die Preise haben sich durch Inflation, stark gestiegene Treibstoffpreise und längere Flugrouten aufgrund der Sperrung des russischen Flugraumes drastisch erhöht. Die Ausweichrouten über die Arktis oder Nordamerika sorgen dafür, dass sich Direktflüge aus Europa nach Japan um ein paar Stunden verlängern. Statt 10 bis 12 Stunden dauert etwa der Direktflug von Frankfurt bis Tōkyō-Haneda und zurück 13 bis 15 Stunden. Verbindungen über die Drehkreuze im arabischen Raum sind hingegen nicht betroffen. 

Die Corona-Pandemie sorgte zudem für teils drastische Einschränkungen in Angebot und Verfügbarkeit von Direktflügen. Wer Geld sparen möchte, sollte die Flugpreise genau vergleichen, frühzeitig buchen und beliebte Reisezeiten wie die Kirschblütenzeit oder Ferien/Feiertage möglichst meiden sowie gegebenenfalls auf Flüge mit Umstieg ausweichen. 

2. Wechselkurs und Inflation

Die gute Nachricht für Japan-Reisende: Der Yen ist seit Ende 2022 so schwach wie schon lange nicht mehr. Selten hat man mehr Yen für Euro, Schweizer Franken und Dollar bekommen. Der aktuelle Wechselkurs (Stand 05.12.2023) liegt bei ca. 159 Yen für 1 Euro. Die schlechte Nachricht: Da Japan stark auf Exporte aus dem Ausland angewiesen ist, und die Nachfrage den Bedarf bestimmt, sind viele Produkte und Dienstleistungen spürbar teurer geworden. So erlebt ab Oktober 2023 z. B. der bei Touristen sehr beliebte Japan Rail Pass eine saftige Preiserhöhung von durchschnittlich 70 % (ähnlich wie diverse weitere regionale Bahn-Pässe), aber auch Hotels und touristische Sehenswürdigkeiten sind kostspieliger geworden. Dies ist insbesondere in Tōkyō und anderen gut besuchten Reisezielen der Fall – auch hier lohnt sich ein Preisvergleich und möglicherweise die Buchung von außerhalb liegenden Unterkünften sowie der Besuch von weniger touristisch frequentierten Orten.

3. Überbleibsel der Corona-Zeit

Die japanische Bevölkerung stellte sich sehr schnell auf die Pandemie ein – obwohl seitens der Regierung nie eine offizielle Maskenpflicht eingeführt wurde, trugen die Menschen sofort  freiwillig Mundschutz (etwas, das in der Gesellschaft ohnehin als Teil der Etikette angesehen wird), Restaurants und Geschäfte richteten Trennwände, Desinfektionsstationen sowie andere Abstands- und Hygienemaßnahmen ein. Viele dieser Sicherheitsregelungen verschwinden bis heute nur sehr langsam aus dem Alltag. So trägt noch immer mehr als die Hälfte der Bevölkerung eine Maske in öffentlichen Innen- und Außenbereichen, trotz der Aufhebung der offiziellen Empfehlungen.

Die Pandemie sorgt weiterhin für eine beschleunigte Verbreitung kontaktloser Bezahlsysteme. Es gibt sogar bereits erste Geschäfte, die kein Bargeld mehr akzeptieren. Stattdessen sind vor allem Bezahlungen mit Paypay, LinePay, Suica, Quickpay und anderen Systemen auf dem Vormarsch. Viele davon sind noch nicht ausländer- bzw. touristenfreundlich, weshalb Sie während Ihrer Japanreise besser auf eine Kreditkarte und Bargeld setzen sollten.

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4. Gutes Personal…

…ist schwer zu finden. Besonders in einem Land, das seit Jahrzehnten mit einem starken Geburtenrückgang und einem daraus resultieren Arbeitskräftemangel zu kämpfen hat. Während der Pandemie verließen zahlreiche Angestellte fremdenverkehrsrelevante Unternehmen, aber auch Busfahrer und Tour Guides orientierten sich mangels Arbeitsmöglichkeiten um. Viele dieser Fachkräfte bleiben der Branche trotz stetiger Erholung und sehr großer Nachfrage nun fern. Vor allem Gastronomie und Hotelgewerbe suchen händeringend nach Personal – leider nicht immer erfolgreich, was unter anderem auch dazu führt, dass kleine Unterkünfte und Restaurants nach und nach schließen müssen.

Das sogenannte „2025-Problem“, wenn die Babyboomer-Generation 75 Jahre oder älter und somit knapp 17 % der japanischen Bevölkerung ausmachen wird, droht die Situation in den kommenden Jahren noch zu verschärfen. Als Japan-Reisende müssen Sie sich entsprechend auf höhere Kosten und gegebenenfalls sogar ein reduziertes Angebot in bestimmten Bereichen und Regionen einstellen. 

5. „Overtourism“: Wenn die Grenze erreicht ist

Vor der Pandemie sprach man nur hinter vorgehaltener Hand darüber, doch die Rückkehr von Millionen von Urlauber:innen innerhalb kürzester Zeit – nach fast drei Jahren Ruhe – lässt den Begriff immer häufiger auftauchen: Overtourism. Manche Orte, wie zum Beispiel Asakusa in Tōkyō oder Gion in Kyōto sind mitunter hoffnungslos überlaufen. Spontane Besuche gefragter Museen, Restaurants, Cafés oder anderer Einrichtungen sind oft nicht möglich – das war bereits vor der Pandemie ein großes Problem inbesondere für Anwohner:innen. Das gleiche gilt für Übernachtungen in Touristenhochburgen, weshalb viele Einheimische, etwa in Kyōto, ihrem Unmut auch lautstark Luft machen.

Das ist allerdings nicht überall so. Es gibt noch immer zahlreiche eher unbekannte Landstriche, die darauf warten, entdeckt zu werden. Für Japan-Reisende, die flexibel sind und sich lieber weit weg von den bei internationalen Touristen beliebten Orten bewegen, raten wir den Blick auch nach außerhalb der Metropolregionen für ein entspanntes Urlaubserlebnis zu richten. Auch hier: meiden Sie die Hochsaison zur Kirschblütenzeit sowie Ferienwochen in Japan, etwa die “Goldene Woche” Ende April/Anfang Mai.

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Dieser Artikel erschien in gekürzter Form in der JAPANDIGEST Oktober 2023-Ausgabe und wurde für die Veröffentlichung auf der Website nachbearbeitet. 

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