12 japanische Manga, die in Deutschland spielen

Doitsu News Digest
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Von legendären Werken bis hin zu heiteren Geschichten im Essay-Stil – Deutschland ist Schauplatz oder Thema in zahlreichen japanischen Manga, die nicht wenige Japaner:innen mit unserem Heimatland erst bekannt gemacht haben. Wir stellen eine Manga-Auswahl vor, die Sie Deutschland von einer etwas anderen Seite betrachten lässt.

"Hitler" von Mizuki Shigeru.
"Hitler" von Mizuki Shigeru. © Shigeru Mizuki / Reprodukt

Manga erobern bereits seit Langem den deutschen Buchmarkt – in den vergangenen Jahren stieg die Zahl der veröffentlichen Manga von 945 im Jahre 2017 auf 1390 im Jahre 2022. Ohne Frage brummt das Geschäft, dem sich mittlerweile zahlreiche große und kleine Verlage widmen. Und längst werden die japanischen Comics nicht mehr nur von Teenagern gelesen, sondern richten sich an Konsumenten jeden Alters. Das ist sicherlich auch dem unfassbaren Spektrum an Themen und Genres geschuldet, die sich im Medium Manga finden lassen.

Während der Manga-Boom in Deutschland in den 90er-Jahren seinen Lauf nahm, sind die unterhaltsamen Bildergeschichten in ihrem Ursprungsland Japan deutlich länger im Geschäft. Die Künstler:innen – auf Japanisch Mangaka genannt – lassen sich von zahlreichen Dingen wie Zeitgeschichte, moderne Trends, Märchen, Sport, Musik oder Literatur inspirieren. Da wird es Sie sicherlich nicht überraschen, dass viele Manga-Klassiker sich mit deutscher Geschichte befassen oder sogar ganz in Deutschland spielen!

Deutschland, ein Land der Sehnsucht

1. Eroika yori ai wo komete

  • Mangaka: Aoike Yasuko
  • Erschienen: 1976 bis 2012 (39 Bände, Akita Shoten Verlag)
  • Bisher keine deutsche Übersetzung erhältlich

Der extravagante und offen homosexuelle Graf Dorian Red Gloria, ein englischer Aristokrat mit goldenen Haaren, ist ein Kunstliebhaber mit einem ausgefeilten Sinn für Schönheit und Stolz. Doch in Wahrheit ist er ein Dieb mit dem Spitznamen „Eroica“. Er ist verknallt in Klaus Heinz von dem Eberbach, ein Major der westdeutschen Armee in der Bonner Abteilung der NATO. Der äußerst disziplinierte und geradezu verklemmte Major ist bekannt als „Klaus der Eiserne“ – doch auf der Jagd nach sowjetischen Spionen muss er mit dem Schürzenjäger Eroica widerwillig gemeinsame Sache machen.

Die im Jahre 1976 gestartete Shōjo-Serie* ist ein echter Bestseller mit stolzen 39 Bänden. Insbesondere der Deutsche von dem Eberbach, der seit dem zweiten Band Teil der Handlung ist, ist gerade wegen seiner Schroffheit sehr beliebt. Eroika yori ai wo komete (auf Englisch auch bekannt als „From Eroica with Love“) war so einflussreich, dass die gleichnamige baden-württembergische Stadt Eberbach (östlich von Heidelberg), damals einen starken Anstieg an japanischen Touristen verzeichnete. Die Autorin, Aoike Yasuko, wurde von der Stadt sogar mit einem Anerkennungsschreiben und einem kleinen bronzenen Wildschwein, das Wappen Eberbachs, geehrt.

Cover "Erioca ai wo komete"

Eine deutsche Übersetzung gibt es bisher nicht – aber wenn Sie sich den Manga als Japanisch-Lernende durchlesen möchten, achten Sie auf die zahlreichen deutschen Phrasen, die Sie sicherlich zum Schmunzeln bringen werden.


2. Orpheus no mado

  • Mangaka: Ikeda Riyoko
  • Erschienen: 1976 bis 1981 (9 Bände, Shueisha Verlag)
  • Bisher keine deutsche Übersetzung erhältlich

Die Protagonistin Julius ist die uneheliche Tochter des Oberhaupts der ehrwürdigen Adelsfamilie von Ahrensmeyer und dessen Geliebte, die jedoch verlassen wurde. Da ihr Vater und dessen rechtmäßige Ehefrau selbst keine Söhne hatten, zieht Julius‘ Mutter sie als Jungen groß und plant, aus Rache den Besitz der Familie an sich zu reißen. Nach dem Tod der Ehefrau wird Julius als rechtmäßiger Erbe anerkannt und an der St. Sebastian-Musikschule, einer Jungenschule, eingeschrieben. Die Schule besitzt ein Fenster, genannt das „Fenster von Orpheus“ (Orpheus no mado). Der Legende nach würde sich ein Mann, wenn er vor diesem Fenster steht und darunter eine Frau sieht, auf tragische Weise in sie verlieben. In der Schule freundet sich Julius mit den Mitschülern Isaak und Klaus an, und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Es ist eine epische Geschichte über das Schicksal dreier junger Menschen, in der sich historische Ereignisse vom Ersten Weltkrieg bis zur Russischen Revolution überschneiden. Der Manga besteht aus vier Teilen und spielt in Deutschland, Österreich und Russland, aber Teil 1 und 4 spielen im bayerischen Regensburg. Die Musikschule soll dem dortigen Schloss Thurn und Taxis nachempfunden sein. Auch das Kepler-Denkmal, der Regensburger Dom und der Fluss Regen kommen im Manga vor.

Die Schöpferin Ikeda Riyoko ist im Übrigen keine Unbekannte – international kennt man sie als Autorin des berühmten Werkes „Die Rosen von Versailles“ (1972-73), auf dem der Anime „Lady Oscar“ basiert. 

Cover Orpheus no mado
© 池田理代子プロダクション/集英社

3. Tōma no shinzō

  • Mangaka: Hagio Moto
  • Erschienen: 1974 (Einzelband, Shogakukan Verlag)
  • Bisher keine deutsche Übersetzung erhältlich

Juli Bauernfeind ist Schüler an einem Gymnasium für Jungen in der fiktiven deutschen Stadt Schlotterbach. Sein Mitschüler Thomas stirbt nach einem Sturz von einer Fußgängerbrücke. Was zunächst als Unfall zu den Akten gelegt wurde, stellt sich als Selbstmord heraus, nachdem Juli Thomas’ Abschiedsbrief erhält, in dem er ihm seine Liebe gesteht. Juli ist voller Schuldgefühle, als ein neuer Mitschüler namens Erich an die Schule wechselt – welcher Thomas zum Verwechseln ähnlich sieht.

Zu einer Zeit, als das sogenannte „Boys Love“-Genre** bei Weitem nicht so verbreitet war wie heutzutage, schockierte dieses Werk die Manga-Welt, besonders, da es sich rein auf eine romantische Liebe und nicht (auch) auf Sexualität konzentrierte. Hagio Moto, eine der wichtigsten Manga-Künstlerinnen des Shōjo-Genres, ist selbst ein Fan der deutschen Literatur und veröffentlichte bereits 1971 das Vorgängerwerk 11-gatsu no gymnasium („Das November-Gymnasium“). Zu den Schauplätzen von Tōma no shinzō („Das Herz von Thomas“) zählen Köln, wo Erichs Familie lebt, sowie das fiktive Schlotterbach, das zwischen Heidelberg und Karlsruhe liegt. In Anlehnung an die Werke von Hermann Hesse, beschäftigt sich der Manga weiterhin mit verschiedenen psychologischen Themen.

Cover Toma no shinzo

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Deutschland, ein Land voller Energie und Spannung

4. Monster

Düsseldorf, 1986: Der geniale japanische Neurochirurg Tenma Kenzō hat eine vielversprechende Zukunft mit seiner Verlobten Eva, der Tochter des Klinikdirektors, vor sich. Eines Nachts wird die aus der DDR nach Westdeutschland geflüchtete Familie Liebert in ihrem Zuhause überfallen und der Sohn Johann mit einem Kopfschuss eingeliefert. Entgegen den Anweisungen des Direktors, sich um die Operation des zur selben Zeit erkrankten Bürgermeisters zu kümmern, rettet Tenma stattdessen dem Jungen das Leben, doch der Bürgermeister stirbt. Dies ist erst der Beginn einer Reihe unerklärlicher Ereignisse – erst werden der Direktor und weitere Menschen auf mysteriöse Weise ermordet und dann sind Johann und seine Zwillingsschwester Anna auf einmal spurlos verschwunden. Neun Jahre später gibt es ein Wiedersehen mit Tenmas ehemaligem Patienten – und es stellt sich die Frage, wer in der darauffolgenden Verfolgungsjagd durch Mitteleuropa das wahre Monster ist.

„Monster“ gehört zu den erfolgreichsten Mangas aller Zeiten und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der renommierte Tezuka-Osamu-Kulturpreis und der Shogakukan Manga Award. 2004 erhielt er sogar eine Anime-Adaption. Der Manga spielt vorrangig in Deutschland und Tschechien und überzeugt mit einer spannungsgeladenen Handlung und detailgetreuen Zeichnungen von Architektur und Stadtbild, die Einheimische sicherlich beeindrucken werden. 

Cover "Monster" von Naoki Urasawa
© Carlsen Verlag

5. Blue Giant Supreme

Der in Sendai lebende Oberschüler Miyamoto Dai hat einen Traum: der beste Jazz-Spieler der Welt zu werden. Als Mittelschüler von einem Jazz-Konzert inspiriert, beginnt er auf seine ganz eigene Weise das Saxophon zu lernen. Eines Tages darf Dai selbst auf der Bühne auftreten, doch seine schräge Performance kommt nicht gut beim Publikum an. Sein Ziel, der Beste zu werden, gibt er dennoch nicht auf und zieht nach Tōkyō, wo er ein Jazz-Trio gründet. Dann wartet die nächste Etappe auf ihn: Deutschland.

„Blue Giant“ ist der erste Teil der populären Manga-Reihe, die mit „Blue Giant Supreme“, „Blue Giant Explorer“ und „Blue Giant Momentum“ mittlerweile drei Fortsetzungen hat. Der zweite Teil „Blue Giant Supreme“ spielt hauptsächlich in Deutschland und drückt die Intensität und Freiheit des Jazz in kraftvollen Bildern aus. Er startet mit Dais Ankunft am Münchener Flughafen, wo (in der japanischen Version) zahlreiche Dialoge ohne Übersetzung auf Deutsch und Englisch gehalten sind. Dais Perspektive als ausländischer Tourist ohne Deutschkenntnisse bietet Leser:innen einen interessanten Blickwinkel auf die Menschen und Lebensweise in Deutschland – vieles davon sind die Erfahrungen und Ergebnisse der intensiven Recherche des Autors.

Cover "Blue Giant Supreme"
© Carlsen Verlag

Besonders beeindruckt werden Sie von den unglaublich detailgetreuen Zeichnungen des deutschen Alltags sein – Bahnhöfe, Polizeiautos, Einkaufsstraßen (sogar Edeka taucht auf!) und selbst die muffigen Ecken der Innenstadt – Münchener kommen hier voll auf ihre Kosten, wenn Sie die einzelnen Örtchen ihrer Stadt wiedererkennen. 


Deutschland zu Hitlers Zeiten

6. Die Geschichte der 3 Adolfs (orig. Adolf ni tsugu)

Die Geschichte beginnt 1936: Der japanische Sportreporter Toge Sōhei berichtet gerade über die Olympischen Spiele in Berlin, als sein dort lebender Bruder ermordet wird. Auf der Suche nach der Wahrheit hinter dem Mord führt es Toge in die japanische Hafenstadt Kōbe, wo er von der Existenz geheimer Dokumente über die Herkunft Adolf Hitlers erfährt und selbst zur Zielscheibe der Geheimdienste wird. In der Zwischenzeit freunden sich in Kōbe Adolf Kaufmann, der Sohn eines deutschen Konsuls sowie Nationalsozialisten, und Adolf Kamil, ein deutsch-jüdischer Bäckerssohn, an. Doch ein weiterer Mord an einer Geisha stößt eine Reihe von Ereignissen an, die die Geschichte der drei Männer namens Adolf auf dramatische Weise miteinander verknüpft.

Was wäre, wenn es Dokumente gäbe, die beweisen, dass der für den Völkermord am jüdischen Volk verantwortliche Adolf Hitler selbst jüdischer Abstammung war? „Die Geschichte der 3 Adolfs“ basiert auf dieser fiktiven Annahme. Dieses weltberühmte und besonders international gefeierte Werk des „Gott des Manga“, Tezuka Osamu, ist eine Mischung aus Wahrheit und Fiktion und spielt u. a. in Berlin, Nürnberg und Kōbe. Tezukas eigene Kriegserfahrungen und seine starke Antikriegshaltung spiegeln sich in zahlreichen Instanzen wider. 

„Die Geschichte der 3 Adolfs“ ist die 2022 beim Carlsen Verlag erschienene Neuauflage des Mangas, der auf Deutsch erstmals 2005 unter dem Namen „Adolf“ erschien.

Cover "die Geschichte der 3 Adolfs"
© Carlsen Verlag

7. Hitler

Adolf Hitler ist ein schüchterner junger Mann, der, nachdem er seinen Traum, Kunstmaler zu werden, begraben musste, ein Vagabundenleben in Wien führt. Schließlich bricht der Erste Weltkrieg aus. Hitler dient in der Armee, doch sein Land wird besiegt und gerät in eine Zeit der Unruhen. Er beginnt seine politische Laufbahn, wo er sein Talent als Redner unter Beweis stellt und schließlich eine große Anhängerschaft gewinnt. Sein Ziel ist es, das deutsche Volk zu mobilisieren und die Weltherrschaft zu erlangen – doch schon bald führt Hitler Deutschland in einen Krieg des Untergangs.

Dieser biografische Manga schildert Hitlers Leben von seiner Jugend bis zu seinem Selbstmord 1945 auf schonungslose Art und Weise, die weder heroisch noch übertrieben satirisch ist. Der in Japan gefeierte Manga-Zeichner Mizuki Shigeru (1922-2005, vor allem berühmt für den Manga GeGeGe no Kitarō), der selbst im Pazifikkrieg diente, hat seine Erlebnisse in Werken wie „Auf in den Heldentod!“ und „Kriegsjahre“ (auf Deutsch erschienen beim Reprodukt Verlag) verarbeitet. Für die Recherche und Umsetzung von „Hitler“ arbeitete er mit dem japanischen Nazi-Forscher Gotō Shūichi zusammen. Zwar wird der Holocaust am Anfang und am Ende thematisiert, doch der Manga beschäftigt sich in der erster Linie mit der Person Adolf Hitler und zeigt ein komplexes Zusammenspiel historischer Geschehnisse und der vorherrschenden Volkspsychologie zu dessen Lebzeiten. 

Cover "Hitler"
© Shigeru Mizuki / Reprodukt

Deutschland, ein Land der Märchen

8. Nodoka no niwa – Schöner, Ruhiger Garten

  • Mangaka: Akiyama Kaori
  • Erschienen: 2014 bis 2019 (7 Bände, Kodansha Verlag)
  • Bisher keine deutsche Übersetzung erhältlich 

Die 23-jährige Germanistik-Studentin Motoko wird wegen ihrer verschlossenen Art und schwarzen Kleidung von ihren Kommilitonen abfällig Schwarz-san („Frau Schwarz“) genannt. Doch in Wahrheit ist sie vernarrt in Grimms Märchen sowie alles Niedliche und Märchenhafte. Motoko verliebt sich in den 64-jährigen Professor für deutsche Literatur, Sakaki, der ihr stets für ihr „schönes Japanisch“ Komplimente macht. Eines Tages gesteht sie ihm während eines Gesprächs versehentlich ihre Gefühle, aber Sakaki tut es als Missverständnis ab. Als Reaktion darauf gibt er ihr jedoch die Hausaufgabe, eine Arbeit über die „Arten von Zuneigung und ihre Klassifikationen“ in deutscher Sprache zu verfassen.

Neben einer sympathischen Protagonistin, die viele Komplexe gegenüber sich selbst verinnerlicht hat, vertiefen die literarische Atmosphäre und die fantastische Weltsicht die Geschichte auf wunderbare Weise. Professor Sakaki, der seine Meinung klar äußert, aber auch nachdenkliche Aussagen einwirft, scheint wie ein meisterhafter deutscher Dichter. Der Manga gibt außerdem interessante Einblicke in den typischen Hochschulalltag an einem Lehrstuhl für deutsche Literatur. Auch Sakakis Ex-Frau etwa forscht u. a. über die zeitgenössische deutsche Choreografin Pina Bausch. Es ist eine sanfte und romantische Liebesgeschichte, die tief in die deutsche Sprache und Literatur eintaucht. So lautet auch der offizielle alternative Titel des Mangas „Schöner, Ruhiger Garten“ (die wörtliche Übersetzung von nodoka no niwa). 2019 hat er sogar eine japanische TV-Adaption bekommen. 

Cover Nodoka no niwa

9. Ayakashi Märchen

  • Mangaka: Shirono Yuki
  • Erschienen: 2020 bis 2021 (2 Bände, Kodansha Verlag)
  • Bisher keine deutsche Übersetzung erhältlich

Hanao ist eine zashiki warashi, ein Geist, der Häuser und die Menschen, die darin leben, beschützen soll. Sie lebt mit Kotetsu zusammen, einem Uni-Absolventen auf Jobsuche. Als Kotetsu jedoch sein Zuhause verliert, wagt er im Rahmen eines Working Holiday die Reise nach Deutschland, um Kinderbuchautor zu werden. Hanao, die entschlossen ist, Kotetsu zu beschützen, folgt ihm in eine Wohngemeinschaft in der Nähe des Schwarzwaldes. In dieser ungewöhnlichen internationalen WG leben jedoch auch Feen, Vampire und andere ayakashi (übernatürliche Wesen und Geister der japanischen Folklore) aus aller Herren Länder zusammen. Die Geschichte des treuherzigen Kotetsu, der sich in Deutschland ein neues Leben aufbauen möchte, und des chaotischen Alltags der ayakashi beginnt!

Die Autorin Shirono Yuki lebt seit ihrer Hochzeit mit einem Deutschen 2015 in Bayern. Sie hat bereits mehrere Essay-Manga, die ihren Alltag in einem fremden Land beschreiben, verfasst, darunter der kulinarische Manga „Sauerkraut und Sojasauce: Eine Japanerin kocht in der bayerischen Provinz“ (2019, auf Deutsch beim Mahoroba Verlag). „Ayakashi Märchen“ greift ebenfalls das Leben eines Ausländers in Deutschland auf und zeigt den jungen Kotetsu etwa beim Besuch einer Sprachschule oder auf Partys in der internationalen WG – womit sich gerade Austauchstudierende sicherlich gut identifizieren können. Einen komischen Twist erhält die Geschichte durch die herrlich verdrehten Ansichten der ayakashi auf die Menschen in Süddeutschland, z. B. wenn sie eine Schwarzwälder Kirschtorte beschreiben als „wäre sie mit menschlicher Gier bestrichen worden“.

Cover Ayakashi Märchen

Deutschland, ein Land der kleinen Abenteuer

10. Neko to watashi to Deutschland – Meine Katze und ich in Deutschland

  • Mangaka: Nagara Ryōko
  • Erschienen: seit 2018 (bisher 6 Bände, Shogakukan Verlag)
  • Bisher keine deutsche Übersetzung erhältlich

Die japanische Schriftstellerin Toko-chan zieht in die Hauptstadt Berlin, zusammen mit ihrem Kater Mugi-kun, der auf zwei Beinen läuft und sprechen kann. Für den samtpfotigen Feinschmecker kocht Toko-chan mit allerlei ausgeklügelten Ideen japanische Speisen und Snacks. Sie gehen zusammen auf Märkten einkaufen und machen Spaziergänge, während sie Onigiri-Reisbällchen futtern. Es ist die ruhige Geschichte einer jungen Frau und ihrem tierischen Freund, die die Unterschiede zwischen Deutschland und Japan feiern und dabei das tägliche Glück genießen.

Der Manga basiert auf den Erfahrungen der Künstlerin, die selbst in Berlin lebt. Die Atmosphäre der Stadt, die Wohnung, in der Toko-chan und Mugi-kun leben, Lebensmittel und deren Verpackungen sowie zahlreiche andere Details werden mit viel Liebe gezeichnet, während etwa Bahnfahren, die Wohnungsheizung, das Postsystem, das Rufen von „Gesundheit“, wenn jemand niest, und all die anderen kleinen und großen Aspekte des Alltags und der Kultur in Deutschland thematisiert werden. Das Buch ist voller nützlicher Informationen für diejenigen, die in Deutschland leben (möchten) und mehr darüber erfahren wollen. Aber auch deutsche Muttersprachler:innen, die Japanisch lesen können, werden ihre Freude daran haben.

Cover Neko to Watashi to Deutschland
© ながらりょうこ/小学館

11. Berlin uwa no sora

  • Mangaka: Kayama Tetsu
  • Erschienen: 2018 bis 2021 (3 Bände, East Press Verlag)
  • Bisher keine deutsche Übersetzung erhältlich

Bei seinem ersten Besuch in Berlin, bemerkt der namenslose Protagonist, wie sehr er von der Freundlichkeit, die die Stadt durchdringt, angezogen wird. Auf der Suche nach einer neuen Heimat, in der es sich besser leben lässt, zieht er in die deutsche Hauptstadt. Er geht im Supermarkt einkaufen, entspannt sich in seinem Lieblingscafé oder entwirft eine Zeitung für Kinder – er genießt Berlins kulturelle Vielfalt zusammen mit seinen schrägen, aber liebenswerten Freunden. Gleichzeitig betrachtet der Protagonist die Gesellschaft aus verschiedenen Blickwinkeln, etwa wenn er auf der Straße einen „Stolperstein“ entdeckt oder wenn er darüber nachdenkt, wie man der Diskriminierung von Minderheiten begegnen soll. 

Mangaka Kayama Tetsu lebt seit 2018 in Berlin. Dieser Essay-Manga gleicht einer täglichen Serie von kleinen Experimenten, bei denen er sich fragt, ob diese Stadt zu ihm passt und welche Art von Menschen und Werten dort existieren. Er zeichnet Berlin nicht als romantische „Stadt der Sehnsucht“, sondern thematisiert auch soziale Probleme. Auf erfrischende Weise wird gezeigt, wie die Menschen versuchen, auf ihre eigene Art und Weise mit negativen Situationen umzugehen. Eine Fortsetzung ist geplant, die sich stärker auf zugezogene Ausländer:innen fokussiert, die sich von „Migranten“ zu „Teilhabenden“ entwickeln.

Cover "Berlin uwa no sora"

12. Sayonara Tokyo, Hallo Berlin (orig. Omoeba tooku ni obscura)

Nachdem die Tōkyōter Wohnung der Fotografin Aki abgebrannt ist, beschließt sie aus einer Laune heraus und ohne jegliches Ziel nach Berlin zu ziehen – weil das Objektiv der Kamera, die vom Feuer verschont wurde, in Deutschland hergestellt wurde. Durch die Vermittlung eines gemeinsamen Freundes zieht sie mit Ishine zusammen, einer Klangkünstlerin, und lernt im Rahmen ihres neuen Alltags auch neue Denkweisen und Werte kennen. Als Akis Kommilitonin Oji zu den beiden stößt, knüpfen die Drei, die alle mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen haben, enge Bande. 

Die Protagonistin Aki ist alles andere als von sonnigem Gemüt, sondern eher menschenscheue Pessimistin. Auch wenn sie zunächst ohne konkretes Ziel nach Berlin gezogen ist, probiert sie vor Ort neue Speisen, kommt beim Second-Hand-Möbelkauf in Kontakt mit Fremden, und tastet sich so mutig in diese völlig neue Welt vor. Gerade Ausländer:innen, die nach Deutschland ausgewandert sind, werden mit Aki mitfühlen können, wenn sie von mürrischem Servicepersonal oder Sachbearbeitern während des Amtsbesuchs unfreundlich behandelt wird, weil sie kein Deutsch spricht. Doch auch, wenn sie nicht weiß, was genau sie mit ihrem Leben machen möchte, genießt Aki ihren Alltag in Berlin – und das allein ist ja schon ein Gewinn!

Cover Sayonara Tokyo Hallo Berlin
© 靴下ぬぎ子 (秋田書店) 2021

Dieser Artikel ist zuerst auf Japanisch in unserem Schwestermagazin Doitsu News Digest (Printausgabe Nr. 1202) erschienen und wurde für die Veröffentlichung auf JAPANDIGEST übersetzt und nachbearbeitet.

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