Sendai: Die schönsten Seiten der immergrünen Stadt

Maria-Laura Mitsuoka
Maria-Laura Mitsuoka

Tōkyō, Nara, Kyōto - die meisten Japan-Reisenden zieht es in die pulsierenden Metropolen oder in die malerische Kansai-Region, deren historische Hinterlassenschaften Besucher:innen in längst vergangene Epochen versetzen. Dabei ist auch die nördliche Tōhoku-Region mit der immergrünen Stadt Sendai ein wunderbares Urlaubsziel.

Sendai
In Sendai treffen Natur und Großstadt aufeinander. © inaka (photo-ac)

„Unter der Sennin-Brücke fließt der Fluss für 1000 Jahre, Menschen und Land sollen sicher sein.“ So lautet ein Teil der Inschrift auf dem bronzenen Brückengeländerknauf der heute nicht mehr existierenden Sendai-Brücke, die 1601 von Date Masamune, dem Gründer Sendais, erbaut wurde. Mit der Errichtung dieser Stadt wollte sich Masamune einen Traum erfüllen: ewiger Frieden und Glückseligkeit.

Wie der Traum begann

Bevor wir Ihnen die schönsten Seiten von Sendai vorstellen, gewähren wir Ihnen zunächst einen Einblick in die Geschichte der Stadt. Das Herrschaftsgebiet Masamunes, dem  17. Nachfolger des Date-Clans, erstreckte sich über weite Teile Tōhokus im Norden Japans. Als ein daimyō (Feldherr) der späten Sengoku-Zeit (1467-1615) wurde Masamune in eine turbulente Ära kriegerischer Auseinandersetzungen hineingeboren und etablierte sich unter dem Namen „der einäugige Drache von Ōshū“ als gefürchteter Heeresführer, der mit zahlreichen Waffengefährten um die Vorherrschaft im Land kämpfte. Zugleich zeichnete er sich auch als bunkajin (Kulturmensch) aus, der sich der Teezeremonie widmete und für chinesische Poesie begeisterte. Nachdem er den dritten Reichseiniger Tokugawa Ieyasu in der Schlacht von Sekigahara gegen den Toyotomi-Clan im Jahr 1600 unterstützt hatte, beantragte er als Belohnung, im damaligen Sendai eine neue Burg errichten zu dürfen.

Statue von Date Masamune in SendaiDate Masamune: Der einäugige Drache von ŌshūWer sich mit bekannten Samurai der Sengoku-Zeit befasst, wird nicht um eine ganz bestimmte Persönlichkeit herumkommen: Date Masamune! Er zäh...27.08.2020

Date Masamune Statue
Bei einem großen Erdbeben im März 2022 war Date Masamunes Statue zu Schaden gekommen, doch seit dem 31. März 2023 blickt er im Bezirk der Aoba-Burg wieder in edler Rüstung und zu Pferd auf sein Reich herab. © コージーワーク (photo-ac)

Die Gründe für die Verlegung seines neuen Hauptsitzes nach Sendai waren vielschichtig. Zum einen befanden sich in der Nähe noch die Fundamente der Burg Taga (heutige Stadt Tagajō, Präfektur Miyagi), die im Jahr 724 zum Kampf gegen die Bevölkerungsgruppe der Emishi errichtet worden war. Zum anderen bot die geografische Lage zwischen dem Fluss Abukuma im Süden und dem Fluss Kitagami im Norden nicht nur zusätzlichen Schutz im Falle eines Angriffs, sondern auch Bewässerungsmöglichkeiten für den Reisanbau.

Im Dezember 1600 siedelte Masamune schließlich von der Burg Iwadeyama (heutiges Ōsaki, Präfektur Miyagi) nach Sendai über und änderte die Schriftzeichen von 千代 in 仙台 um. Die Zeichen 仙台 (im trad. Chinesisch 仙臺) stammten aus dem chinesischen Gedicht „Onajiku, Senyūkan“ (同題仙遊観, Tang-Dynastie, 618-907) und beschrieben einen Ort, der die ewige Glückseligkeit in einer friedlichen Welt verspricht.

Ruinen der Burg Aoba
Heutzutage ist nur noch die Burgruine der einst prächtigen Burg Aoba erhalten. Dennoch lohnt sich ein Besuch, denn das Museum bietet zahlreiche Attraktionen. © D850 (photo-ac)

Sendais Hauptattraktionen

Die Aoba-Burgruine

Wie viele andere Städte in Japan hat auch Sendai zahlreiche Attraktionen zu bieten, die man sich nicht entgehen lassen sollte, wie zum Beispiel die Burg Aoba, auch Burg Sendai genannt. Die Errichtung begann 1601 auf dem Aoba-Berg und wurde 1637 unter Masamunes Sohn, Date Tadamune, abgeschlossen. In den vergangenen 400 Jahren wurde die Burg von vielen Erdbeben erschüttert. Außerdem war sie dem antifeudalen Eifer der Meiji-Zeit sowie einem großen Brand im Jahr 1882, der weitreichende Teile der Anlage zerstörte, zum Opfer gefallen. Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie durch zahlreiche Bombenangriffe endgültig verwüstet, sodass heute nur noch die äußeren Steinmauern und ein Wachturm erhalten sind. Auf dem Gelände kann jedoch ein Museum besichtigt werden, in dem Modelle der ehemaligen Anlage sowie Artefakte ausgestellt sind.

Darüber hinaus bietet das Museum ein VR-Erlebnis an, mit der die Besucher einen virtuellen Sprung in die Vergangenheit wagen und sich ein Bild von der einstigen Größe der Anlage machen können.

Ebenfalls auf dem Burggelände befinden sich der Gokoku-Schrein und andere Attraktionen wie das Sendai City Museum, welches allerdings wegen Renovierungsarbeiten bis Frühjahr 2024 geschlossen ist. In der Nähe liegt außerdem der Goshikinuma-Teich, der als Geburtsstätte des Eiskunstlaufs in Japan gilt. Hier soll der deutsche Gymnasiallehrer „Herr Würfel“ 1909 seinen Schülern das Eislaufen beigebracht haben, woraufhin sich der Sport im ganzen Land verbreitete.

Gokoku-Schrein
Der Gokoku-Schrein befindet sich auf dem Burggelände der Burg Aoba. Dort werden die kami (japanische Götter) der “Märtyrer des Staates” verehrt. © あっきーお (photo-ac)

Masamunes letzte Ruhestätte: Der Zuihōden

Der Zuihōden ist ein Mausoleum, das 1636 anlässlich des Todes Masamunes errichtet wurde, wie dieser es verfügt hatte. Es besteht aus einer Haupthalle, einer Anbetungs- und Opferhalle sowie einem Nirwana-Tor und wurde 1931 aufgrund seiner prächtigen Bauweise im Stil der Momoyama-Epoche (1573-1603) zum Nationalschatz erklärt. Anlässlich des 400. Jahrestages der Stadtgründung wurde 2001 eine umfassende Renovierung durchgeführt, bei der die Säulen mit geschnitzten Löwenköpfen und das Dach mit Drachenköpfen verziert wurden. Masamunes Nachkommen, sein Sohn Tadamune und sein Enkel Tsunamune, ruhen in anderen Mausoleen nahe des Zuihōden. In einem Museum neben dem Zuihōden-Hauptgebäude werden persönliche Artefakte der Date-Familie sowie ihre Gebeine und Haare ausgestellt.

Zuihoden in Sendai
Der farbenprächtige Zuihōden. © iStock / bee32

Der Schrein eines Kriegsgottes: Der Ōsaki Hachimangū

Der Ōsaki Hachimangū wurde zwischen 1604 und 1607 unter Masamune erbaut und diente der Verehrung des Kriegsgottes Hachiman, der heute als allgemeiner Wächter und Beschützer der Stadt gilt. Im Hauptgebäude sind sowohl die Haupt- als auch die Opferhalle unter einem Dach vereint. Die aufwendige Dekoration mit Holzschnitzereien, Malereien, Metallbeschlägen und Lackierungen orientierte sich an vielen Vorbildern aus Zentraljapan, darunter dem Toyokuni-Schrein in Kyōto. In Anlehnung an das für den Ōsaki Hachimangū typische Farbschema aus Schwarz- und Goldtönen werden auch einige omikuji (kleine Horoskope, die vom Schrein verkauft werden) in schwarzem Design verkauft.

Osaki Hachimangu Schrein
Der Ōsaki Hachimangū zeichnet sich durch elegante Formen und eine edle Farbgebung aus Schwarz- und Goldtönen aus. © はっぴいえんど (photo-ac)

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Zurück in die Gegenwart: Sendais Zentrum

Sendai bietet nicht nur traditionelle Sehenswürdigkeiten. So hat man zum Beispiel von der Aussichtsplattform des AER-Gebäudes neben dem Bahnhof Sendai einen freien Blick auf die gesamte Stadt, die im Abendrot der untergehenden Sonne besonders reizvoll wirkt. Bei einem Bummel durch Sendai wird man außerdem feststellen, wie viele Grünflächen und Parks die „Stadt der Bäume“ beheimatet.

Für Shopping-Liebhaber sind die Ichibanchō-Arkaden besonders empfehlenswert.  Diese überdachten Shopping-Arkaden verbinden mehrere Straßen im Stadtzentrum und rühmen sich, die größten in der Region Tōhoku zu sein. Die Geschäfte reichen von preiswerten 100-Yen-Shops bis hin zu edlen Modeboutiquen, zwischen denen sich eine ganze Reihe von Restaurants, Bekleidungs- und Souvenirläden befinden. Ein Besuch in Sendai ermöglicht es sowohl Naturfreunden als auch abenteuerlustigen Großstadttouristen, sich gänzlich zu entfalten.

Ichibanchō-Einkaufspassage
Die Ichibanchō-Einkaufspassage bietet im Winter ein stimmungsvolles Weihnachtserlebnis. © しげあき (photo-ac)

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