In Japan, wie in anderen Ländern Südostasiens, ist die Sojasauce ein elementarer Bestandteil der Landesküche. Die Ursprünge finden sich im buddhistischen Vegetarismus: Während des sechsten Jahrhunderts begannen Mönche eine salzige Paste aus Getreide und Sojabohnen herzustellen, die deren vegetarischen Mahlzeiten Würze verlieh.
Urtyp Tamari-Sauce
Der Taihō-Kodex vermerkte bereits im achten Jahrhundert, dass die als hishio bekannte Paste am hofeigenen hishio-Institut des kaiserlichen Hofamtes hergestellt wurde. Von dort verbreitete sich die Paste über Hofbankette weiter und erlangte immer mehr an Bekanntheit.
Im Jahre 1254 kehrte der buddhistische Mönch Kakushin, der in China die Herstellung von Miso studiert hatte, nach Japan zurück. Er bemerkte, dass sich während der Fermentierung der hishio-Paste eine würzige Sauce am Boden der Fässer sammelte. Diese Tamari genannte Sauce gilt als der Urtyp der japanischen Sojasauce.
Das Rezept war jedoch keineswegs vollendet, stetig wurde weiter mit den Zutaten und an dem Herstellungsprozess experimentiert. Durch das Hinzufügen von Weizen entstand schließlich die Sojasauce, die wir heute kennen.
Traditionelle Sojasaucenherstellung im Holzfass
Während der Edo-Zeit boomte die Produktion von Sojasauce regelrecht. Dies war auch notwendig um den täglichen Bedarf in Japan decken zu können, denn die traditionelle Produktion von Sojasauce ist sehr zeitaufwändig und kann bis zu mehreren Jahren dauern!
Der Prozess beinhaltet drei Schritte. Zunächst werden gedämpfte Sojabohnen mit geröstetem Weizen vermengt. Dann wird der Hefepilz Aspergillus oryzae, in Japan etwas einfacher kōji genannt, hinzugefügt, um die Fermentation anzuregen. Dem Kōji ist übrigens auch der umami-Geschmack der Sojasauce zu verdanken.
Nach etwa drei Tagen wird dem Ferment Wasser und Salz beigefügt. Der entstandene Brei wird moromi genannt. Moromi spielt übrigens auch bei der Herstellung von Sake und Nattō eine Rolle.
[Video] Moromi wird monatelang fermentiert und entwickelt dabei ein Eigenleben.
Nachdem moromi eine mehrmonatige Fermentation durchlaufen hat, wird der Brei durch Stofftücher ausgepresst. Et voilà – die gefilterte Flüssigkeit ist nichts anderes als Sojasauce. Genauer gesagt handelt es sich um nama shōyu, also “rohe Sojasauce”.
Zu guter Letzt wird die Sauce auf 80 Grad Celsius erhitzt und anschließend abgefüllt. Dieses Produkt landet dann schließlich als Sojasauce beim Endverbraucher.
Und was hat es jetzt mit den Holzfässern auf sich?
Der oben beschriebene Prozess ist in Wirklichkeit viel komplexer als er vermuten lässt. Die Menge der Zutaten, die Qualität der einzelnen Produkte, Temperatur, Fermentationsdauer – all dies muss perfekt aufeinander abgestimmt sein.
Die besondere Zutat, die der Sojasauce das gewisse Extra verleiht, ist in diesem Fall nicht die Liebe zur Herstellung – obwohl dies in alteingesessenen Brauerfamilien bestimmt auch nicht zu kurz kommt – sondern das Holzfass, in dem die Sauce fermentiert.
Nur noch etwa 0,1% aller Sojasaucen-Brauereien in Japan verwenden kioke, Holzfässer aus Zedernplanken und Bambusreifen. Noch vor 100 Jahren wurden diese Fässer für die Fermentation aller japanischen Produkte wie Sojasauce, Miso und Mirin genutzt. Einem Aufruf der Regierung dem Zweiten Weltkrieg folgend, stellten die meisten Produktionsstätten auf moderne Herstellungsprozesse und Stahlfässer um.
Laut Yamamoto Yasuo, Sojasaucenbrauer der fünften Generation, machen die Holzfässer jedoch den Unterschied: Eine erfolgreiche Fermentation benötigt die perfekte Umgebung. Die teils 150 Jahre alten Holzfässer beheimaten eigene Mikroorganismen, die die Symbiose aus Enzymen und Hefe ergänzen und der Sojasauce einen ganz eigenen Geschmack verleihen.
[Video] Generationen von Sojasaucen-Brauern schließen sich zusammen, um die traditionelle Braukunst am Leben zu erhalten.
Moderne Prozesse, wie das Entfetten von Sojabohnen, das den Fermentationsprozess beschleunigt, werden heutzutage in der Sojasaucenindustrie genutzt, um die Herstellung schneller durchzuführen. Der Fermentationsprozess kann gar durch Hydrolyse ersetzt werden, wodurch die Sauce binnen weniger Tage fertig gestellt wird.
Die wenigen Anhänger der traditionellen Brauart bestätigen zwar, dass der Geschmack der Holzfass-Sojasauce durch die modernen Herstellungsverfahren nachgeahmt werden kann, möchten aber dem Verlust der althergebrachten Herstellung entgegen wirken. Deshalb setzen sich diese für den Erhalt des traditionellen Handwerks und für die Verwendung der kioke-Sauce in den japanischen Haushalten ein.
Den Geschmack von Holzfass-Sojasauce beschreibt eine japanische Redakteurin des JAPANDIGEST als “runder und nicht so eckig” im Vergleich zu den Saucen gängiger Produzenten. Ihre Familie kauft schon seit Generationen von einem lokalen Traditionsproduzenten, der leider nicht nach Deutschland exportiert. Deshalb deckt sie sich regelmäßig in Japan mit der Sauce ein – JAPANDIGEST freut sich, den Geschmack nach ihrer nächsten Japanreise für Sie testen zu können!
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