Japan - mit dem zug von Nord nach Süd 19-Tage-Studienreise

Die drei Reichseiniger Japans: Helden der Sengoku-jidai

Nils Gärtner
Nils Gärtner

Japans drei Reichseiniger, welche das Land binnen 30 Jahren unter einer zentralen Militärregierung vereinten, zählen zu den berühmtesten Personen der vormodernen japanischen Geschichte. Sie führten das Land hinein in eine über 250 Jahre anhaltende friedvolle Ära unter der Tokugawa-Herrschaft.

Oda Nobunaga besiegte in der Schlacht von Okehazama seinen Rivalen, Daimyō Imagawa Yoshimoto, inmitten eines Sturms.
Oda Nobunaga besiegte in der Schlacht von Okehazama seinen Rivalen, Daimyō Imagawa Yoshimoto, inmitten eines Sturms.

Trotz ihres gemeinsamen Ziels, alle verfeindeten Provinzen Japans unter einer Herrschaft zu vereinen und so für Frieden im Land zu sorgen, unterschieden sich die charakterlichen Züge der Reichseiniger erheblich. Ein berühmtes japanisches Kurzgedicht beschreibt ihre Reaktionen auf einen nicht singen wollenden Kuckuck daher wie folgt: „Wenn der Kuckuck nicht singen will, töte ihn“, rät Oda Nobunaga. Toyotomi Hideyoshi meint: „Wenn der Kuckuck nicht singt, dann bring ihn zum Singen.“ Tokugawa Ieyasu hingegen stellt fest: „Wenn der Kuckuck nicht singt, dann warte.“ Ob sich diese unterschiedlichen Einstellungen in der Tat in den lebzeitlichen Entscheidungen und getroffenen politischen Maßnahmen der Feudalherren wiederfinden?

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Oda Nobunaga: Visionär oder Kriegsherr im Blutrausch?

Oda Nobunaga wuchs in der Provinz Owari, im Herzen Japans, als freigeistlicher und aufmüpfiger Sohn des Militärmagistrats Oda Nobuhide, inmitten der sengokujidai (Zeit der streitenden Reiche) auf. Nach dem Tod seines Vaters 1551, war es an Nobunaga, dessen Amt zu übernehmen. Einige Familienmitglieder und andere Adelige der Region lehnten dies aufgrund seines exzentrischen Verhaltens jedoch ab. Die nächsten Jahre verbrachte Nobunaga also damit, Kampagnen gegen die eigene Familie und andere lokale Machthaber zu führen. 1559 gelang es ihm endlich, Owari unter seiner Herrschaft zu vereinen.

Nur ein Jahr später machte sich der benachbarte Daimyō (Feudalherr) Imagawa Yoshimoto mit rund 25.000 Soldaten nach Kyōto auf – unter dem Vorwand, das stark geschwächte Ashikaga-Shōgunat unterstützen zu wollen. Nobunaga versuchte dies mit gerade einmal 3.000 Mann zu verhindern, was ihm schließlich durch einen Überfall aus dem Hinterhalt gelang.

Statue Oda Nobunagas in Nagoya
Statue Oda Nobunagas in Nagoya

Die Expansionsbestrebungen Nobunagas

Um sich militärisch abzusichern, schloss Nobunaga einen Pakt mit Tokugawa Ieyasu aus der benachbarten Provinz Mikawa und versprach seine Tochter dem Sohn von Daimyō Takeda Shingen. Somit standen Nobunagas Ambitionen, selbst Kyōto einzunehmen, nur noch zwei Provinzen im Weg: Mino und Ōmi. Die Eroberung Minos gelang ihm mithilfe seiner Bündnisse 1567. Möglich war dies allerdings nur durch den jungen Toyotomi Hideyoshi, der im Laufe von Nobunagas Kampagnen, dank seiner strategischen Expertise, rasch in die oberen Ränge befördert worden war.

Durch kaiserliche und shōgunale Bitten, die ihn nach der Eroberung Minos ereilten, sah Nobunaga sich in seiner Rolle als zukünftiger Herrscher Japans bestärkt. Er marschierte daher alsbald auf Kyōto, um den jüngeren Bruder des zuvor ermordeten Shōguns Yoshiaki als Marionetten-Shōgun einzusetzen. Nobunagas neues Siegel spiegelte sein Selbstvertrauen wider: „Beherrschung des Reiches durch Macht.“

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Toyotomi Hideyoshi: Vom Bauernsohn zum Großreichskanzler

Der genaue Hergang von Nobunagas Tod im Jahr 1582 ist bis heute unbekannt. Fest steht jedoch, dass er von General Akechi Mitsuhide aufgrund einer persönlichen Fehde betrogen und umstellt wurde. Als Hideyoshi dies erfuhr, brach er einen laufenden Feldzug ab und machte sich sofort auf, den Tod Nobunagas zu rächen. Noch vor dem Eintreffen seines Rivalen Tokugawa Ieyasu, konnte er Mitsuhide in der Schlacht von Yamazaki besiegen. Dies brachte ihn in die vorteilhafte Position, die Führung von Nobunagas Armee zu übernehmen und so die Macht an sich zu reißen. Um sich auch politisch gegen Ieyasu durchzusetzen, ließ sich Hideyoshi 1585 von der Fujiwara-Familie adoptieren, wodurch er das Amt des Großreichskanzlers übernehmen konnte.

Statue Toyotomi Hideyoshis in Ōsaka
Statue Toyotomi Hideyoshis in Ōsaka

Hideyoshis Vermächtnis

Hideyoshi führte den Traum Nobunagas fort, Japan unter einer Herrschaft zu vereinen und unterwarf bis 1591 alle verbleibenden Provinzen des Landes. Dabei halfen ihm sein militärisches Geschick und seine pragmatische Herangehensweise, die eigene Position zu behaupten und zu festigen. So erließ Hideyoshi während seiner Regierungszeit verschiedene Edikte, wie z.B. Landneuvermessungen und die sogenannte Schwertjagd. Letztere sollte die Landbevölkerung entwaffnen, um Bauernaufstände zu verhindern. Dennoch mangelte es diesen Maßnahmen an langfristiger und reformatorischer Vision und sie konnten den Frieden im Land nicht ewig gewähren. Ferner waren einige mächtige Daimyō mit der endgültigen Landverteilung unzufrieden und suchten nach Expansionsmöglichkeiten.

Um sein Vermächtnis zu sichern und von den innenpolitischen Defizitenabzulenken, entschloss sich Hideyoshi 1592, in Korea einzufallen. Dieses Vorhaben missglückte jedoch mit dem Eintritt Chinas in den Krieg. Nachdem die erste Invasion scheiterte, befahl Hideyoshi einen zweiten Versuch, welcher jedoch durch seinen Tod ein Jahr später ein jähes Ende nahm.

Hideyoshi (links) und Kuroda Yoshitaka (rechts) besprechen während der Chūgoku-Kampagne einen Schlachtplan.
Hideyoshi (links) und Kuroda Yoshitaka (rechts) besprechen während der Chūgoku-Kampagne einen Schlachtplan.

Tokugawa Ieyasu: Reichseinigkeit durch List, Geduld und Autorität

Als Mitglied des Rates der fünf Regenten hatte Ieyasu die Aufgabe, das geeinte Japan mitzuregieren und Hideyoshis minderjährigen Sohn, Hideyori, zu beschützen. Schon bei Nobunagas Tod zahlte sich Ieyasus geduldiges Wesen aus, nicht immer die direkte Konfrontation mit seinen Gegnern zu suchen. So konnte er während Hideyoshis Regentschaft seine Kräfte in Edo sammeln und die Kantō-Region zu einer der wohlhabendsten Gegenden Japans ausbauen.

Nach dem Tod Hideyoshis musste sich Ieyasu jedoch gegen die schmähenden Intrigen seiner Rivalen wehren. Sein größter Widersacher und Unterstützer Hideyoris, Ishida Mitsunari, stachelte fortwährend die Mitglieder des Rates gegen Ieyasu auf. 1599 versuchte Mitsunari sogar, Ieyasu innerhalb von drei Monaten zwei Mal ermorden zu lassen. Als Mitsunari als der Drahtzieher der Mordversuche bekannt wurde, verschonte Ieyasu diesen.

Statue Tokugawa Ieyasus in Shizuoka
Statue Tokugawa Ieyasus in Shizuoka

Erhebung zum Shōgun

Als sich kurz darauf zwei Mitglieder aus dem Rat zurückzogen, war es Ieyasu durch seine unvergleichliche Machtbasis ein Leichtes, sich gegen die verbleibenden zwei Mitregenten durchzusetzen. Diese Zustände nicht länger hinnehmend, rebellierte der zuvor begnadigte Mitsunari in der berühmten Schlacht von Sekigahara gegen Ieyasu. Die gesamte Konfrontation war jedoch keinesfalls zum Nachteil Ieyasus, wollte dieser doch so seine Ansprüche als Shōgun und seine Position gegen Hideyori stärken. Während des Kampfes wechselte ein Clan per Arrangement mit Ieyasu die Seiten und Mitsunaris Bündnis wurde überwältigt. Nach dem Sieg ließ Ieyasu sich 1603 schließlich vom Kaiser zum Shōgun ernennen. Während seines Amtsantritts achtete er allerdings aufs Genaueste darauf, Hideyoris Schicksal auszuklammern.

1614 lehnte sich der beiseite gestoßene Hideyori mit der Hilfe von ehemaligen Untergebenen seines Vaters gegen Ieyasu auf. Das Bündnis wurde von den Truppen Ieyasus mehr als ein halbes Jahr lang belagert und letztlich zerschlagen, was Hideyori zum Seppuku zwang. Ieyasu brach damit seinen vermeintlichen Schwur, Hideyoshis Sohn beschützen und zum Regenten machen zu wollen. Trotz seiner vielfältigen Intrigen sollte die Familie Ieyasus, im Gegensatz zu Nobunagas und Hideyoshis, die Kontrolle des Landes über 250 Jahre wahren und damit eine bis dato unerreicht lange Friedens- und Blütezeit Japans hervorbringen: die Edo-Zeit.

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Dieser Artikel erschien in der Januar-Ausgabe des JAPANDIGEST 2019 und wurde für die Veröffentlichung auf der Website nachbearbeitet.

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