Wer einen japanischen Supermarkt besucht, wird eine ganze Abteilung gefüllt mit Reiscrackern vorfinden. Fast schon unzählige Varianten, die von rund bis viereckig, von klein bis groß, von flach bis dick reichen, häufen sich in den Regalreihen. Heutzutage sind sie ebenfalls in einigen deutschen Supermärkten in der Snack-Abteilung vertreten, wenn auch in deutlich geringerer Anzahl. Schon ein Blick auf die zwei Schriftzeichen des Wortes Senbei – 煎 („Braten“) und 餅 („Mochi-Reiskuchen“) – lässt erahnen, welche Zutaten zur Herstellung verwendet werden.
Der Ursprung der Senbei
Die Geschichte der Cracker reicht über 1.000 Jahre zurück in die Vergangenheit des alten Chinas. Kartoffeln, Weizenmehl und Öl bildeten in der Frühen Han-Dynastie (202 v. Chr.-8 n. Chr.) die Grundlage für eine luxuriöse Delikatesse, die nur am chinesischen Hof verspeist werden durfte. Erst im Jahre 737 n. Chr, während der Tang-Dynastie (618-907 n. Chr.), entstanden vermutlich die crêpeartigen Jianbing, die in der einfachen Bevölkerung als Süßigkeit auf den Tisch kamen. Chinesische Immigranten brachten das weiche Gebäck im 8. Jahrhundert mit nach Japan.
Von der Kansai-Region ausgehend, wo sich heute Ōsaka und Kyōto befinden, verbreitete sich das Rezept schnell im Volk. Bis zur Edo-Zeit (1603-1868) wurden die üblichen chinesischen Zutaten verwendet, bis eine aus Kansai stammende Japanerin namens Osa, die ein Teehaus in der Stadt Sōka (Präfektur Saitama) leitete, auf die Idee kam, eine andere Art der Herstellung auszuprobieren. Auf einem Holzkohlegrill backte sie einen Dango (Klößchen aus Reismehl und Wasser) vom Vortag, der mit Sojasauce bestrichen wurde. Erfreut über den unerwartet köstlichen Geschmack servierte sie von da an die gerösteten Dango als Beilage zum Grüntee. Der Vorläufer des japanischen Senbei war geboren.
Später wurden Zutaten wie Algen, Erdnüsse oder Salz hinzugefügt. Auch die Form, die anfangs an Dachziegel erinnerte, wurde mit der Zeit ovaler und runder. Die knusprige Konsistenz gewährleistete eine längere Haltbarkeit und erleichterte den Transport. Reisende auf der Fernroute Nikkō Kaidō, die von Saitama nach Nikkō führte, machten in Sōka halt, um sich mit den schmackhaften Senbei als Proviant einzudecken. In Sōka blühte das Geschäft mit den Reiscrackern auf und es eröffneten insgesamt 60 Läden, die auch heute noch ihre handgemachten Senbei zum Verkauf anbieten. Es dauerte nicht lange, bis sich die neue knusprige Variante in ganz Japan durchgesetzt hatte. Nur das Traditionsgeschäft Iga Meibutsu Katayaki in der Präfektur Mie verkauft heutzutage noch Jianbing in ihrer Originalform.
Herstellung und Arten von Senbei
Traditionell werden Senbei aus Reis hergestellt, der 15 bis 20 Minuten gedämpft und danach geschlagen wird. Nach mehreren Tagen Kühlung wird dieser dann zu flachen Crackern geformt, die zum Schluss über einem Feuer geröstet werden. Die Herstellung kann auch problemlos zuhause in der eigenen Küche erfolgen. Dazu werden nur Reismehl, Eiweiß, Öl, Wasser und Zucker benötigt. Bis auf das Öl wird alles im richtigen Mengenverhältnis zu einem Teig gemischt, der etwa eine halbe Stunde gekühlt und anschließend zu Kreisen oder Vierecken geformt wird. Diese werden zum Schluss in Öl frittiert oder über einem Holzkohlegrill gegart.
Man unterscheidet weiterhin zwischen kurz und lang gerösteten Senbei. Sogenannte Usuyaki haben eine sehr helle Farbe, die länger gerösteten Atsuyaki dagegen ein dunkles Braun. Senbei werden in drei Kategorien unterteilt: die Klassischen, die Regionalen und „die Begleiter zum Alkohol“, doch fast alle bestehen aus uruchimai (glutenfreier Reis).
Die 8 „klassischen“ Senbei:
- Ika (Tintenfisch): Der in den Teig eingebackene Tintenfisch verleiht ihm ein besonderes Aussehen
- Kuro Goma (Schwarzer Sesam): Aus Mehl und Sesam mit knuspriger Konsistenz
- Nori (Seetang): Geröstet und in ein dünnes Blatt getrockneten Seetang eingewickelt
- Tōgarashi (Roter Chili-Pfeffer): Würzig-scharf und mit roten Pfefferflocken sowie Chili-Pulver überzogen
- Ebi (Garnelen): Durch die dem Reismehl zugefügten zerkleinerten Garnelen werden sie weiß oder zart rosafarben
- Kuromame (schwarze Sojabohnen): Wegen der gerösteten Sojabohnen dicker und härter als andere Reiscracker
- Zarame/Satō (Zucker): Süß und mit großen oder kleinen Zuckerkristallen umhüllt
7 „regionale“ Senbei:
- Nure (Feucht): Spezialität der Stadt Chōshi (Präfektur Chiba), die durch das Einweichen in Sojasauce während des Backens eine feuchte, biegsame Konsistenz behält
- Mentaiko (Scharfer Fischrogen): Aus Fukuoka stammender Snack mit Rogen des Pollacks
- Karē (Curry): Hergestellt in Sapporo, der Präfekturhauptstadt von Hokkaido, mit einer knusprigen Konsistenz
- Tansan: Süß und knusprig mit natürlichem Sprudelwasser aus der Präfektur Hyōgo
- Kawara: Aus der Präfektur Hyōgo stammender keksartiger Snack, der zu besonderen Anlässen mit besonderen Motiven oder Nachrichten verziert wird
- Nanbu: Ebenfalls keksartige Süßigkeit aus Hachihohe (Präfektur Aomori) bzw. dem Norden der Präfektur Iwate mit Mehl, Zucker, Sesam oder Nüssen
- Sōka: Älteste Senbei-Kreation aus der Stadt Sōka, traditionell mit Sojasauce, heute auch mit Miso-Paste oder Salz gewürzt
Knabbereien zum Drink:
- Arare: Dieser mundgerechte Reiscracker besteht aus mochigome (glutenhaltiger Reis) und wird häufig mit scharfem Wasabi, Sojasauce, Sesam oder Nori gemischt. Er passt hervorragend zum Bier.
- Hone: Dieser Senbei besteht aus frittierten, gut gewürzten Wirbelsäulenknochen vom Aal oder anderen Fischen. Er wird vorwiegend in Izakaya (Kneipen) zum Bier oder Sake (japanischer Reiswein) gereicht.
Geteiltes Glück
Für Groß oder Klein, für Jung oder Alt: Senbei sind ein wahrhaft köstlicher Snack und ihnen wird nachgesagt, dass sie Glück und inneren Reichtum bringen sollen. Senbei als omiyage (Souvenir) für Kollegen, Familie und Freunde repräsentieren die Region, in der sie hergestellt wurden, und machen die Beschenkten glücklich. Ein omiyage von einer Reise mitzubringen ist ein Zeichen der Wertschätzung für die Personen, die zuhause oder auf der Arbeit auf unsere Rückkehr warten. Die kleinen Reiscracker sollen dazu beitragen, dass harmonische zwischenmenschliche Beziehungen gepflegt werden und sich ein Gefühl von Verbindung und Zufriedenheit ausbreitet.
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