Akechi Mitsuhide: Japans ehrgeiziger Verräter oder edler Held?

Zehra Sagra
Zehra Sagra

Mit einer 13-tägigen Herrschaft wurde der Akechi Mitsuhide berühmt: Seine genauen Absichten für den Verrat und Mord am Fürsten Oda Nobunaga sind bis heute ein Mysterium. Unmittelbar nach seinem Tod tauchte jedoch ein Mann namens Tenkai auf, der spekulieren lässt, ob Mitsuhide am Ende nicht doch überlebt hat.

Ukiyo-e von Akechi Mitsuhide aus dem Jahr 1867. © Wikimedia Commons / gemeinfrei

Über die Herkunft des Feudalherren Akechi Mitsuhide gibt es keine eindeutigen Quellen, jedoch wird angenommen, dass er im Jahre 1528 in der Provinz Mino, der heutigen Präfektur Gifu, als Sohn einer niederen Adelsfamilie in die Zweigfamilie des Toki-Clans reingeboren wurde, welche dem Fürsten Saito Dosan diente. Dieser kam in einen Streit mit seinem eigenen Sohn Yoshitatsu, was zur Zerstörung der Burg der Familie Akechi führte. Daraufhin wanderte Mitsuhide in ärmlichen Verhältnissen lebend umher, bis er 1563 schließlich durch seine hervorragenden Schießkünste, mit der durch die Portugiesen eingeführten Arkebuse, beim Fürsten Asakura Yoshikage auffiel.

Als im Jahre 1566 der Ashikaga-Shōgun ermordet wurde, floh dessen jüngerer Bruder Ashikaga Yoshiaki aus Kyōto zur Asakura-Familie, in der Hoffnung dort Unterstützung bei der Wiederherstellung seiner Macht als Shōgun zu erhalten. Zwar hat dieser Plan nicht funktioniert, doch freundete sich Mitsuhide mit der rechten Hand Yoshiakis an, welcher so überzeugt von Mitsuhide war, dass er ihn mit auf seine Reise zum Fürsten Oda Nobunaga nahm. Nobunaga verhalf Yoshiaki zur Position des 15. Shōguns und gewann Mitsuhide als Untertanen. Mitsuhide wurde zum vertrauensvollen Kommunikationsrohr zwischen Nobunaga und dem Shōgunat und soll sogar Kontakt mit dem Kaiserhaus gehabt haben. Mitsuhide war nicht nur militärisch begabt, er war auch ein Mann von Kultur: Er liebte die Teezeremonie und war ein Meister der Dichtkunst. Er soll zudem, anders als in diesen Zeiten üblich, keine Mätresse gehabt haben und liebte nur eine Frau, nahm von seinen Untertanen nur wenig Steuern und setzte sich für die Verschonung der Leben seiner Feinde ein.

Angespannte Beziehung zu Nobunaga

Im Jahre 1570 entschied sich Nobunaga dazu, die Macht des Shōguns einzuschränken und löste einen Feldzug gegen den Asakura- und Azai-Clan aus. Nobunaga – besessen von Macht und mit dem Ziel Japan zu vereinen – startete eine brutale Offensive am Tempel Enryaku-ji mit dem Befehl die gesamte Anlage mitsamt den Mönchen, Alten und Kindern niederzubrennen. Mitsuhide, der dort selbst Bekannte hatte, versuchte Nobunaga davon abzuhalten, jedoch wurden seine Worte ignoriert und mehrere Tausend Menschen verloren ihr Leben. Dies war nicht das letzte Mal, dass Nobunaga gegen buddhistische Sekten vorging.

Die Szene zeigt Oda Nobunaga, der Akechi Mitsuhide für seine Einwände gegen das Verbrennen des Eirinji-Tempels bestraft und öffentlich demütigt. © Wikimedia Commons / als gemeinfrei gekennzeichnet

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Die Brutalität Nobunagas kannte oft keine Grenzen und die Art seiner Machtdemonstration war nicht selten verstörend. Eine Geschichte besagt, dass Nobunaga 1574 seine Hauptuntertanen zum Neujahrsfest einlud und sie Sake aus den vergoldeten Schädeln seiner Feinde trinken ließ. Auch Mitsuhide wurde gezwungen, aus dem Schädel seines früheren Dienstherrn Asakura zu trinken. Nobunaga soll Mitsuhide ferner verbal sowie körperlich misshandelt haben und Schuld an der Ermordung von Mitsuhides Mutter tragen. Es gibt auch Berichte, über die öffentliche Verspottung Nobunagas bezüglich der niederen Herkunft Mitsuhides. Es wird erzählt, wie Mitsuhide nach einem Kampf anmerkte, dass sich die Anstrengungen gelohnt hätten; Nobunaga fragte empört über seine Leistung, was er denn zur Schlacht beigetragen habe, und schlug seinen Kopf gegen ein Gelände. Im Jahr 1582 erhielt Mitsuhide den schriftlichen Befehl, den Mōri-Clan anzugreifen. Trotz seiner Erfolge und stetiger Loyalität zu seinem Herrn enteignete man ihm im selben Befehl seine bisherigen Gebiete nahe der Hauptstadt und übertrug ihm stattdessen die noch nicht eroberten Gebiete der Mōri.

Der Honnō-ji-Vorfall. In der Mitte wird Akechi Mitsuhide mit einer Lanze dargestellt, wie er Oda Nobunaga zum rituellen Selbstmord zwingt. © Wikimedia Commons / als gemeinfrei gekennzeichnet

Der Honnō-ji-Vorfall

„Der Feind ist in Honnō-ji!“, rief Akechi Mitsuhide seinen 13.000 Männern am Morgen des 29. Mai im Jahre 1582 zu. In diesem Tempel rastete Nobunaga mit knapp 130 Begleitern, die zu dem zahlenmäßig weit überlegenen Überraschungsangriff erwachten. Nobunaga erkannte die aussichtslose Lage und wurde zum rituellen Selbstmord gezwungen. Anschließend umzingelte Mitsuhide den Sohn Nobunagas, Nobutada, und zwang auch ihn sich zu töten. Diese Wende in der japanischen Geschichte wird mit der anschließenden kurzen Regierungszeit Mitsuhides mit dem symbolischen Ausdruck mikka tenka (oder „Drei-Tage-Herrschaft“) bezeichnet. Nach nur 13 Tagen ritt Toyotomi Hideyoshi aus dem Gebiet der Mōri zurück, um Nobunaga zu rächen. In der sogenannten Schlacht von Yamazaki wurde Mitsuhides Heer komplett vernichtet. Herkömmlich wird erzählt, dass Mitsuhide nach der Niederlage mit einer Handvoll Soldaten flüchtete, und in einem Bambuswald vor Kyōto von Banditen ermordet wurde.

Warum Mitsuhide tatsächlich Verrat beging, bleibt bis heute umstritten. Während einige behaupten, dass er selbst Herrscher werden wollten, zweifeln andere wegen seiner kontinuierlichen Loyalität an dieser Motivation. Möglicherweise vernahm er es als seine buddhistische Pflicht, Nobunagas Tyrannei zu beenden. Aber auch seine langjährige Misshandlung könnte Grund gewesen sein. Eine andere Hypothese besagt, dass der ehemalige Shōgun, der Kaiserhof oder der Fürst Tokugawa Ieyasu, die wahren Drahtzieher gewesen sein könnten, um den machtbesessenen Nobunaga zu stoppen und Mitsuhide für ihre eigenen Interessen ausnutzen.

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War Mitsuhide wirklich Tenkai?

Eine andere Theorie besagt, dass anstelle von Mitsuhide sein kagemusha (Doppelgänger) getötet wurde und der echte untertauchte. Denn kurz nach seinem „Tod“ tauchte ein buddhistischer Mönch mit dem Namen Tenkai auf, der zum Berater des Tokugawa-Shogunats bis zur dritten Generation wurde. Folgende Indizien sprechen für die These: Es ist nichts über die erste Hälfte von Tenkais Leben bekannt und er soll ungefähr im gleichen Alter wie Mitsuhide gewesen sein. Sein postumer Titel lautete Jigen Daishi, nach dem Jigen-ji-Tempel in Kyōto, welcher eine Statue von Akechi Mitsuhide beherbergt. Außerdem herrschte eine sonderbar enge Beziehung zwischen Tenkai und dem Tokugawa-Shogunat. Bei ihrem ersten Treffen sollen sie sich vier Stunden lang privat unterhalten haben, damals eine Rarität. Auch das plötzliche Auftreten eines Mönches mit großem Wissen über das Kriegshandwerk, der zum Berater der Tokugawa-Shogune ernannt wurde, erscheint suspekt. Zudem war die Amme von Tokugawa Iemitsu die Tochter von Mitsuhides hingerichtetem Untergebenen. Unterstrichen wird diese These mit der Entdeckung des kikyo-kamon, dem Familienwappen der Akechi-Familie im Tōshō-gū-Schrein in Nikkō, welcher Tokugawa Ieyasu gewidmet ist. Keine der Beweise sprechen eindeutig dafür, dass Tenkai wirklich Akechi Mitsuhide war. Es scheint aber vorstellbar, dass Mitsuhide nach der Beseitigung Nobunagas seinen Tod inszenierte, um als Mönch und Berater für das Tokugawa-Shogunat weiter zu leben.

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