Portugal & Japan: Erster Kontakt mit Europa

Constanze Thede
Constanze Thede

Im Jahre 2020 wurde offiziell das 160. Jubiläum der japanisch-portugiesischen Beziehungen gefeiert. Tatsächlich reicht ihre Geschichte aber schon viel länger zurück, denn bereits im 16. Jhd. kamen portugiesische Reisende als erste Europäer in Japan an. Noch heute sind Spuren dieser wechselvollen Beziehung in der japanischen Kultur zu finden.

Ankunft portugiesischer Schiffe als Motiv auf einem Stellschirm
Ankunft portugiesischer Schiffe als Motiv auf einem Stellschirm (ca. 1600), typisch für die sog. Namban-Kunst, die sich westlichen und christlichen Themen widmete. © Heritage Image Partnership Ltd / Alamy Stock Photo

Die ersten Portugiesen, die am 23. September 1543 in Japan ankamen, hatten dies, wie man heute annimmt, nicht geplant. Vielmehr war die kleine chinesische Dschunke, mit der die drei Händler und ihre chinesische Crew an der Küste der Insel Tanegashima südlich von Kagoshima anlegten, wohl kurz davor gewesen, Schiffbruch zu erleiden. Angesichts der sich damals ausbreitenden Macht des Osmanischen Reiches, die den Zugang zur Seidenstraße verhinderte, war das Königreich Portugal entschlossen, auf dem Seewege neue Handelswege nach Ostasien zu erschließen.

Dieser erste japanisch-portugiesische Kontakt war insofern einschneidend, als dass die Händler die ersten Feuerwaffen (leichte Arkebusen, die sich gut auf der Schulter ablegen ließen) nach Japan brachten, die sofort die Aufmerksamkeit des dort regierenden Daimyō auf sich zogen. Man befand sich in der Sengoku-Zeit (1467-1603), der Zeit der streitenden Reiche, in der verschiedene Daimyō, lokale Territorialfürsten unter der Zentralregierung des Shōgunats, um die Vorherrschaft in Japan kämpften. Bis dahin hatte man dafür jedoch nur unzureichende Waffen gehabt, und die Produktion eigener Arkebusen trug entscheidend zur späteren Reichseinigung bei, da sie dem Militärführer Oda Nobunaga den Sieg in der Schlacht von Nagashino im Jahre 1575 ermöglichte.

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Die jesuitische Mission

Der Kontakt mit den portugiesischen Händlern war auch insofern nützlich, als über diese indirekt Handel mit China getrieben werden konnte, was Japan unter der Ming-Dynastie erst kurz zuvor verweigert worden war. Die Händler besorgten chinesische Waren aus Macau, die sie gewinnbringend in Japan verkauften.

Mehr Einfluss noch als die Kaufleute hatten aber die ersten jesuitischen Missionare aus Portugal, die ab 1549 nach Japan kamen und bis in die 1580er Jahre die einzigen christlichen Missionare dort blieben. Diese entschieden darüber, mit welchen japanischen Provinzen Handel getrieben wurde, was vermutlich der bedeutendste Grund dafür war, dass damals viele Daimyō zum Christentum konvertierten. Ab 1550 pflegte das Königreich Portugal seine Handelsbeziehungen mit Japan, in dem es jedes Jahr ein Schiff dort hinschickte. Der im Jahre 1570 von Pater Luís de Almeida gegründete Hafen von Nagasaki wurde zum wichtigen Knotenpunkt.

Von Nagasaki aus engagierten sich die Jesuiten auch in der Kulturarbeit, indem sie zahlreiche Schulen gründeten, wo sie Religion sowie europäische Musik, Theater und Kunst unterrichteten. In diversen Seminaren vermittelten sie außerdem Kenntnisse der Kartografie, Astronomie, Medizin oder Gastronomie. Ihnen zu verdanken sind die ersten zweisprachigen Wörterbücher sowie eine Abhandlung zur japanischen Grammatik. Portugiesische Spezialitäten wie Kompeitō (eine bunte Süßigkeit aus Zuckersirup) und Castella (Biskuitkuchen, für den Nagasaki heute noch bekannt ist) kamen damals erstmals nach Japan.

Zwei Stück Castella-Kuchen
Eine der portugiesischen Spezialitäten, welche die Jesuiten in Japan einführten, war der Biskuitkuchen Castella. © PhotoAC / フォトレモン

Innere und äußere Konflikte

Doch ab 1580 begann sich das Blatt zu wenden. Die Einreise anderer christlicher Missionare, die weder über die gleiche Vertrautheit mit der japanischen Kultur noch über das nötige Verständnis für diese verfügten, führte zu zahlreichen Konflikten sowohl mit den Jesuiten als auch mit den Einheimischen. Mit dem Erlass gegen das Christentum 1587 näherte sich die Mission der Jesuiten langsam ihrem Ende: Vor allem durch das Machtbestreben u. a. des spanischen Franziskanerordens, das den japanischen Militärführern ein Dorn im Auge war, entstand zusehends ein feindliches Klima. Dies gipfelte im Fall der „Märtyrer von Nagasaki“, bei dem 26 Gläubige, die 1597 unter dem Befehl Toyotomi Hideyoshis gekreuzigt wurden. Zu ihnen gehörten Angehörige des Franziskaner- und des Jesuitenordens (sowohl japanischer als auch europäischer Herkunft), darunter auch Kinder.

Denkmal für die 26 Märtyrer von Nagasaki
An die 26 Märtyrer von Nagasaki erinnert dieses Denkmal im Nishizaka-Park. © PhotoAC / watanos

Besonders der sog. San-Felipe-Vorfall 1596 hatte Toyotomi Hideyoshis Misstrauen gegenüber der christlichen Mission geweckt: Als die spanische Galleone San Felipe vor der japanischen Küste strandete, erfuhr er von dessen Kapitän, dass der spanische König Philipp II. Priester ins Ausland sandte, um die Bevölkerung zunächst zum Christentum zu bekehren und anschließend mit Hilfe der Gläubigen diese Länder zu erobern.

Der Madre-de-Dios-Zwischenfall sorgte zusätzlich für eine Verschlechterung der japanisch-portugiesischen Beziehungen. Dabei ging es um einen Konflikt Japans mit dem portugiesischen Statthalter von Macau, André Pessoa. Als es auf einem von dem Daimyō Arima Harunobu gecharterten japanischen Schiff, das 1608 im Hafen von Macau überwinterte, zu Auseinandersetzungen zwischen der japanischen Besatzung und der einheimischen Bevölkerung kam, ließ Pessoa die japanische Crew ein Dokument unterschreiben, in dem sie sich für schuldig erklärte. Nachdem sich diese daraufhin beim Shōgun Tokugawa Ieyasu beschwert hatte, reiste Pessoa in seinem Schiff „Madre de Dios“ nach Nagasaki und es kam zunächst zu einer Einigung. Doch Arima und der Kommissar von Nagasaki überredeten Ieyasu schließlich, Pessoas Schiff zu zerstören. Im Kampf unterlegen, steckte Pessoa das Schiff am Ende selbst in Brand und riss dabei auch eine bedeutende Zahl an Japaner:innen mit in den Tod.

Ausweisung und Wiederannäherung

1612 kam es zum endgültigen Verbot des Christentums und 1614 zur Ausweisung aller Missionare. Die in Japan verbliebenen portugiesischen Händler mussten das Land 1638 verlassen – eine Entscheidung, die das Tokugawa-Shōgunat wohl als Reaktion auf die Shimabara-Rebellion traf, eines Aufstandes christlicher Bauern, der in den Augen Tokugawa Iemitsus die Bedrohung seines Regimes durch christliche Gläubige noch einmal verdeutlichte. Dies läutete die Epoche des sakoku ein, der fast vollständigen Abschließung Japans von der Außenwelt, die bis 1853 andauern sollte. Der Handel wurde in dieser Zeit nur mit Holland, China, Korea sowie dem Königreich Ryūkyū (heutiges Okinawa) gepflegt.

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Ein offizieller diplomatischer Austausch zwischen Japan und Portugal wurde erst 1860 nach Beginn der Meiji-Zeit (1868-1912) in Form eines Friedens- und Handelsvertrages aufgenommen. Eine Reihe von Portugies:innen siedelte damals nach Japan über und es entstanden die portugiesischen Schulen in Kōbe und Yokohama. Der Offizier Wenceslau de Morães lebte als portugiesischer Konsul in Ōsaka und Kōbe und leitete dort ab 1912 das portugiesische Generalkonsulat.

Bis heute bestehen zusätzlich zu der portugiesischen Botschaft in Tōkyō portugiesische Honorarkonsulate in Kōbe, Kyōto, Nagasaki, Ōsaka, Tokushima und Nagoya. Nach wie vor ist Portugiesisch auch aufgrund der wechselseitigen japanisch-brasilianischen Migration ab dem 20. Jhd. die am häufigsten gesprochene westliche Sprache in Japan und zahlreiche Fremdwörter, die aus dem Portugiesischen hervorgingen, haben überlebt.


Quellen


Dieser Artikel erschien in gekürzter Form in der JAPANDIGEST April 2023-Printausgabe und wurde für die Veröffentlichung auf der Website nachbearbeitet.

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