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Shiatsu – Heilung und Wohlbefinden auf natürliche Weise

Constanze Thede
Constanze Thede

Gerade in Zeiten, in denen wir besonderen Belastungen und Stress ausgesetzt sind, wie der derzeitigen Pandemie, sehnen wir uns nach Ruhe und Ausgleich. Die japanische Massagetechnik Shiatsu ist ein wirksames Mittel, um wieder in Balance zu kommen.

Handmassage
© iStock.com / west

Fernöstliche Behandlungsmethoden erfreuen sich in Deutschland großer Beliebtheit. Häufig stellt sich jedoch die Frage nach der nachweislichen Wirksamkeit dieser und der beruflichen Kompetenz des Anwenders. Auch die aus Japan stammende Massage-Technik Shiatsu kann in Deutschland im Prinzip jeder ausführen, da es sich nicht um einen geschützten Beruf handelt. Die Gesellschaft für Shiatsu in Deutschland (GSD) hat aus diesem Grund eine eigene Ausbildung entwickelt, die 500 Stunden umfasst und mindestens drei Jahre dauert. Kitsunezaki Kaori, die in Düsseldorf eine Praxis für ganzheitliche Massage und Aromapraxis leitet, absolvierte in Japan ein Studium im Bereich Akupunktur, Moxibustion und Shiatsu/Physiotherapie. Dies ist in Deutschland nicht möglich, da Shiatsu und Moxibustion nicht Teil der staatlichen Berufsausbildung sind. Wie Kitsunezaki erzählt, ist die Ausbildung in Japan wesentlich gründlicher und intensiver.

Die Ursprünge von Shiatsu in Japan

Doch wie entstand Shiatsu ursprünglich? Erstmalig wurde der Begriff von Ingenieuren der Meiji-Zeit (1868-1912) benutzt und obwohl Shiatsu hierzulande als „japanische Massagetechnik“ bekannt ist, beriefen sich die Pioniere auf diesem Gebiet auch auf westliche Methoden wie die Chiropraktik. Seit Ende des 19. Jahrhunderts waren europäische Massagetechniken in Japan bekannt geworden, nachdem der Militärarzt Nagase Tokihira 1893 das deutsche Buch Die Technik der Massage von Albert Reibmeyer in japanischer Übersetzung herausgebracht hatte. Seitdem wurde die klinische Massage an der Tōkyō Universität gelehrt. Die Massage als solche war jedoch unter dem Namen anma (von chin. anmo) schon seit der Nara-Zeit (710-794) in Japan bekannt und wurde als Behandlungsmethode für verschiedene Krankheiten eingesetzt.

In Japan entwickelte man ausgehend von der chinesischen Lehre nach und nach eigene Techniken und in der Edo-Zeit (1603-1868) bildete sich allmählich ein fest organsiertes Berufsfeld heraus. Wer letzten Endes der „Erfinder“ von Shiatsu war, lässt sich nicht mehr eindeutig nachvollziehen, doch zu den ersten Vertretern gehört Namikoshi Tokujirō (1905-2000), der zunächst eine Lizenz für anma erwarb und 1925 eine eigene Praxis gründete. Er trug wesentlich dazu bei, dass Shiatsu in Japan flächendeckend bekannt wurde. Ein weiterer bekannter Name auf diesem Gebiet ist Tamai Tempeki, dessen 1939 erschienenes Werk Shiatsu ryōhō („Fingerdruck-Therapieverfahren“) bis heute verbreitet ist.

Buch „Shiatsu ryōhō“ von Tamai Tempeki (Buchcover und Innenseiten) von 1939
Tamai Tempekis Buch „Shiatsu ryōhō“ (Ausgabe von 1939) / CC0 1.0

Die zwölf Leitbahnen

Shiatsu (指圧) bedeutet wörtlich „Fingerdruck“ und wie bei der Akupunktur oder Akupressur wird während der Behandlung Druck auf bestimmte Punkte des Körpers ausgeübt, um das ki (chin. Qi) wieder zum Fließen zu bringen. Den Ursprung dieser Lehre finden wir im Leitbahnsystem der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), das schon in den klassischen chinesischen Schriften aus dem 1.-3. Jhd. beschrieben wird. Dort ist u. A. von „Zwölf Trakten“ und „Fünfzehn Kanälen“ des Körpers die Rede. Die Akupunkturpunkte wurden im Chinesischen als „Löcher“ bzw. „Höhlen“ bezeichnet (xue, jap. ketsu; tsubo), ihr Ursprung ist jedoch unbekannt und die Existenz der Leitbahnen (im Westen häufig „Meridiane“ genannt) konnte bis heute nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden. Die Wirksamkeit von Shiatsu wurde jedoch in verschiedenen Studien untersucht.

Yin und Yang

Ein weiteres, wesentliches Element der TCM, das auch für Shiatsu eine entscheidende Rolle spielt, ist das Prinzip von Yin und Yang (jap. in und yō). Die Begriffe Yin und Yang tauchten in China bereits im 4. Jhd. auf. Sie stehen für Weiblichkeit, Kälte und Dunkelheit (yin) auf der einen und Männlichkeit, Sonnenschein und Hitze (yang) auf der anderen Seite. Ziel ist es, ein Gleichgewicht zwischen beiden Komponenten zu erreichen. So soll auch beim Shiatsu durch Stimulation der richtigen Punkte Yin und Yang harmonisiert werden, der Energiefluss ins Gleichgewicht kommen und „eine Harmonie von Körper, Seele und Geist“ entstehen, wie Kitsunezaki Kaori erklärt.

Der Fluss des ki

Der Begriff ki stammt ebenfalls aus den klassischen Lehren der TCM und lässt sich nur schwer ins Deutsche übersetzen, auch wenn er hierzulande häufig als eine Form von „Energie“ bezeichnet wird. Ursprünglich verstand man darunter eine dampfartige Substanz, die Himmel und Erde sowie alle Lebewesen durchdrang. In der TCM geht man davon aus, dass Störungen des ki-Flusses, die Krankheiten auslösen, durch eine passende Therapie behoben werden können.

Kitsunezaki beschreibt, wie Shiatsu in diesem Kontext wirkt: „Shiatsu-Massage stärkt vor allem die Vitalität, die auf der Stärke und Kraft der ki-Energie beruht. Shiatsu unterstützt und reguliert den Fluss des ki und löst eventuell bestehende Blockaden auf. Wenn die Blockaden sich lösen, entsteht eine tiefe innere Harmonie, Stress wird reduziert und hieraus resultiert eine deutliche Zunahme des persönlichen Wohlbefindens.“

Shiatsu geht um die Welt

Wie kam es überhaupt dazu, dass Shiatsu auch hierzulande so bekannt wurde? Dies ist Masunaga Shizuto (1925-1981) zu verdanken, dessen Zen-Shiatsu einen beachtlichen Einfluss in Amerika und Europa hatte. Mit Zen hat seine Methode eigentlich nicht viel zu tun und man vermutet heute, dass sein 1977 erschienenes Buch Zen Shiatsu: How to Harmonize Yin and Yang for Better Health dieses Wort lediglich im Titel trägt, weil es sich so besser vermarkten ließ. Die 1974 in Japan veröffentlichte Originalausgabe hieß einfach nur Shiatsu. Was Masunagas Methode auszeichnet ist, dass er das ursprüngliche Leitbahnsystem der TCM weiterentwickelte: Sein Fokus während der Behandlung liegt weniger auf den einzelnen Punkten als vielmehr auf den Leitbahnen als Ganzes.

Wie im Buch beschrieben wird, kann man Shiatsu übrigens auch an sich selbst ausführen. Wie Kitsunezaki erklärt, ist Shiatsu für jeden geeignet und besonders „bei energetischen Erschöpfungszuständen, Spannungs- und Stresszuständen und auch bei Muskel-, Gelenk- und Rückenproblemen“ empfehlenswert. Im Falle einer professionellen Behandlung wird Shiatsu auf der Kleidung durchgeführt und vorher sollte möglichst auf Alkohol und zu reichhaltiges Essen verzichtet werden. Egal ob allein oder mit professioneller Unterstützung – nach der Massage werden Sie sicher an Kraft und Wohlbefinden gewonnen haben.

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Weiterführende Literatur und Links

Dr. Masunaga Shitsuto; Dr. Ohashi Wataru (2010): Das große Buch der Heilung durch Shiatsu. Das Standardwerk über Theorie und Praxis der japanischen Heilmassage [Übersetzung der englischen Ausgabe Zen Shiatsu ]. München: O.W. Barth Verlag.

Michel-Zaitsu, Wolfgang (2017): Traditionelle Medizin in Japan. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. München: Kiener.

https://www.shiatsu-gsd.de/was-ist-shiatsu/


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