Die Insel Hirado (平戸) gehört zur Präfektur Nagasaki und liegt wenige hundert Meter von deren Küste entfernt. Aufgrund ihrer geografischen Lage spielte sie seit der Sengoku-Zeit (1467-1603) eine wichtige Rolle als Außenhandelsplatz für Japans internationalen Handel, erst mit China, und anschließend auch mit westlichen Ländern. Auch die christlichen Missionare hinterließen hier ihre Spuren. Heute leben noch knapp 30.000 Menschen auf der Insel (Stand Juni 2021). Trotzdem verzeichnet die Stadtverwaltung von Hirado jährlich rund 1,7 Millionen Touristen, von denen der Großteil für einen Tagesausflug anreist.
Das ist jedoch kein Wunder, denn die Insel hat, auch aufgrund ihrer Geschichte, allerlei Sehenswürdigkeiten zu bieten. Die erste davon erschließt sich bereits bei der Anreise über die Hirado-Brücke: Tiefblauer Ozean und weiße Sandstrände erstrecken sich vor dem eigenen Auge bis zum Horizont. Hirados Strände sind in der warmen Jahreszeit als Badeort bei Familien beliebt. Auch bei kühlem Wetter sind sie gut besucht, hauptsächlich von Hobby-Anglern auf der Jagd nach frischem Fisch.
Apropos Fisch: Die Gewässer von Hirado sind ein Lebensraum für sogenannte Fliegende Fische (im Japanischen tobiuo und im lokalen Dialekt ago genannt). Sie werden unter anderem benutzt, um besonders schmackhafte Dashi-Brühe herzustellen. Auch darüber hinaus spielt der Fischfang eine große Rolle. Das Sushi und Sashimi von Hirado gilt als so schmackhaft, dass sich zu den Essenszeiten teils lange Schlangen vor den Restaurants bilden.
Hirado bietet aber auch eine große Auswahl an Attraktionen für geschichtsinteressierte Besucher. Viele davon stehen in direktem Bezug zur Rolle, die die Insel für den internationalen Handel Japans gespielt hat. Eine Auswahl davon stellen wir Ihnen im Folgenden vor.
Die Burg Hirado
Die Burg Hirado ist die ehemalige Residenz des Matsura-Klans, der einst über die Insel herrschte. Erbaut wurde sie im Jahr 1599, aber da sie zweimal im Laufe der Jahrhunderte von Menschenhand zerstört wurde, sind die originalen Mauern nicht mehr erhalten. Die heutige Burg ist ein Nachbau auf der Grundlage von historischen Dokumenten und dient als Museum für die Geschichte der Insel. Nach einer Grundrenovierung wurde die Burg im April 2021 wiedereröffnet. Die neue Ausstellung bietet die Beschreibungen ihrer Exponate nun teilweise auch auf Englisch an.
Einkaufsstraße und Fußbad im Stadtzentrum von Hirado
Auch wenn die Burg Hirado nicht mehr im Original erhalten ist, so finden sich an anderen Stellen der Stadt historische Gebäude. Die touristische Einkaufsstraße von Hirado besteht aus Häusern, welche teilweise über hundert Jahre alt sind. Sie wurden damals wie heute zum Wohnen und Arbeiten japanischer Durchschnittsfamilien genutzt. Ihr Zweck spiegelt sich in ihrer Architektur wider, die von schlichter Eleganz geprägt ist. Dass in Japan viele Gebäude dieser Art heutzutage nicht mehr existieren, macht sie umso wertvoller. Ein Bummel durch die Einkaufsstraße gibt Besuchern einen seltenen Einblick in das japanische Alltagsleben vergangener Jahrhunderte.
Ein weiteres Highlight des Stadtzentrums ist das kostenlose Fußbad, das Besucher zu einer Pause einlädt. Am Beckenrand ist auch ein Platz für Rollstühle ausgewiesen.
Am Eingang des Fußbades befindet sich eine Statue des englischen Navigators William Adams, der für die Geschichte Japans eine bedeutende Rolle gespielt hat. Als er im Jahr 1600 als Anführer einer niederländischen Flotte in Hirado an Land ging, war er der erste Engländer, der japanischen Boden betrat. In den folgenden Jahren entwickelte er eine enge Beziehung zu Tokugawa Ieyasu, dem Begründer des Tokugawa-Shogunats unter dessen Herrschaft Japan während der Edo-Zeit (1603-1868) stand, und wurde schließlich zu dessen Berater für Japans Außenpolitik. Für seine Dienste wurde er mit einem eigenen Landbesitz belohnt und bekam den Titel eines Samurais und damit seinen japanischen Namen Miura Anjin verliehen. Da ihm zeit seines Lebens verweigert wurde, Japan zu verlassen, wurde er nach seinem Tod auf Hirado beerdigt. Sein Grab ist heute eine weitere historische Sehenswürdigkeit für Touristen.
Auch wenn Japan während der Edo-Zeit offiziell politisch von der Außenwelt abgeschottet war, gab es doch Ausnahmen, unter anderem, um internationalen Handel zu ermöglichen. Eine solche Ausnahmeregelung mit den Niederlanden ermöglichte die Einrichtung eines Handelspostens auf Hirado. Dieser wurde schließlich auf die Insel Dejima verlegt, aber das steinerne Warenhaus der Niederländischen Ostindien-Kompanie ist auf Hirado bis heute erhalten. Das im westlichen Stil entworfene Gebäude ist ein gutes Beispiel für die gegenseitige Beeinflussung westlicher und japanischer Kultur, die auf viele Besucher einen besonderen Reiz ausübt.
Kirchen auf Hirado: Zeugnisse der Missionarsgeschichte in Japan
Von den Hügeln Hirados haben Besucher einen ungewöhnlichen Ausblick: Japanische Shintō-Schreine und buddhistische Tempel, die sich unmittelbar neben katholischen Kirchen befinden. Dieser besondere Anblick ist ein weiteres Zeugnis von Japans Beziehungen zum Westen. Als der spanische Missionar Francisco de Xavier (im Deutschen als Franz Xaver bekannt) im Jahr 1549 als erster katholischer Missionar japanischen Boden betrat, brachte er das Land zum ersten Mal offiziell mit dem Christentum in Berührung. Während seiner Missionarstätigkeit besuchte er auch mehrfach Hirado: Ihm zu Ehren wurde die Hirado Francis Xavier Kirche im Jahr 1931 erbaut. Sie ist nicht das einzige Beispiel für den christlichen Einfluss auf die Geschichte Hirados. Über die ganze Insel verteilt gibt es noch mehrere Kirchen, deren Besuch sich lohnt.
Hirados zahlreiche Sehenswürdigkeiten werden von der Stadtverwaltung aufmerksam gepflegt, um auch in Zukunft viele Besucher anzulocken. Die Insel ist durch Nationalstraßen, Busse und Züge an das Verkehrsnetz Kyūshūs angeschlossen, sodass man auch aus anderen Präfekturen bequem zu einem Tagesausflug anreisen kann. Hirado ist nicht nur ein perfektes Ausflugsziel, sondern auch ein lebendiger Beweis für den jahrhundertelangen, regen Austausch zwischen Japan und der Welt.
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