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Des einen Ekel ist des anderen Schatz: Käfersammeln in Japan

Emma Miesler
Emma Miesler

Jetzt, wo es in Japan langsam wärmer wird, sieht man an den Wochenenden immer mehr Grundschülerinnen und Grundschüler ausgerüstet mit Keschern und Plastikkörbchen durch die Parks von Tōkyō stapfen — konzentriert nach etwas Ausschau haltend: Käfer. Am liebsten Hirschkäfer, Herkuleskäfer, Nashornkäfer oder Zikaden. Je größer und ekliger, desto besser.

Käfernsammeln i Japan
Käfersammeln in Japan ist besonders unter Kindern eine beliebte Sommeraktivität. © Photo AC / かずなり777

Das Käfersammeln ist seit Jahrzehnten ein beliebtes Sommer-Hobby, insbesondere von Jungen im Grundschulalter. Und auch wenn mit den Jahren die Popularität dieser Beschäftigung langsam nachgelassen hat — sicherlich zur Freude der Mütter, die die Tierchen in ihre Wohnung lassen müssen — zeigt das breite Angebot an Käferfang-Equipment in den beliebten 100-Yen-Shops (in denen fast alles 100 Yen, also umgerechnet ca. 70 Cent kostet) um die Ecke, dass es immer noch leidenschaftliche Sammelnde gibt: Der besagte Kescher in vielen verschiedenen Farben, ein käfigartiges Köfferchen, aus dem hoffentlich kein Käfer entkommen kann (wahlweise einfarbig oder im Design der Lieblings-Cartoonhelden) und wackelpuddingartiger Köder, um den ganz großen Fang ins Netz zu bekommen.

Kescher und Korb
Kescher und Sammelkörbchen aus Plastik finden sich im Sommer in zahlreichen Geschäften, vor allem in den billigen 100-Yen-Shops. © Photo AC / だんごママ

Wo Pokémon seinen Anfang nahm

Doch beim Fangen allein wird es meist nicht belassen: Insbesondere Hirschkäfer mit ihren Hörnern lassen die stolzen Sammelnden in Kämpfen gegeneinander antreten — quasi wie kleine Pokémon-Kämpfe im echten Leben. Stichwort Pokémon: Der Slogan „Schnapp sie dir alle!“ kommt nicht von ungefähr. Der Erfinder der Videospielreihe, Tajiri Satoshi, war als Kind ebenfalls begeisterter Käfer-Fänger und hat aus seiner Leidenschaft zum Sammeln eines der wohl erfolgreichsten Franchises der Welt aus dem Boden gestampft. Doch nicht nur Kinder scheinen eine Begeisterung für die Sechsbeiner zu haben. Auf Auktionen sind erwachsene Sammelnde bereit, Summen im drei- bis vierstelligen Bereich für die Käfer hinzublättern.

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Hirschkäfer
Hirschkäfer sind besonders begehrt. © Photo AC / うきごり

Käfersammeln leicht gemacht

Wem das Fangen von echten Käfern nicht ganz geheuer und das Risiko, dass die Biester doch aus dem Käfig ins Wohnzimmer krabbeln, zu groß ist, der kann zum Beispiel im Nintendo-Klassiker „Animal Crossing“ versuchen, die Käfersammlung zu vervollständigen — und das Ganze, ohne einen Fuß vor die Tür zu setzen.

Woher die japanische Leidenschaft für das Käfersammeln kommt, lässt sich nicht so recht herausfinden. Die Motivation dahinter ist im Grunde simpel. Ein älterer Herr, der als Kind immer Käfer gefangen hat, bringt es in einem Forum auf den Punkt: „Weil das Fangen Spaß macht. Weil es wirklich einfach nur Spaß macht.“

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