Südliches Nichinan: Wilde Pferde und Süßkartoffel-waschende Affen

Marie-Louise Helling
Marie-Louise Helling

Begegnungen mit freundlichen Wildtieren, eine weltweit bekannte Forschungsstation und türkisfarbenes Meer: Weit im Südosten der südlichen Hauptinsel Kyūshū bezaubert die Natur der Nichinan-Kaigan-Küste mit ihrer wilden Schönheit.

Mizaki-uma: Die braunen „Samurai-Pferde“ von Kap Toi. © unsplash.com / Sei

Am südlichsten Zipfel der unter Naturschutz stehenden Nichinan-Kaigan-Küste in der Präfektur Miyazaki auf Kyūshū ragt die Halbinsel Kap Toi in das philippinische Meer hinein. Sie erfreut sich großer Beliebtheit bei Reisenden, die friedlich grasende Pferde in freier Natur beobachten wollen. Geschichtsüberlieferungen zufolge gehörte die seltene Pferderasse namens misaki uma („Kap-Pferde“) vor 300 Jahren zu den Samurai, die im Süden Kyūshūs lebten. Nur 15 Kilometer in nördlicher Richtung befindet sich die kleine Insel Kōjima, die auch „Glücksinsel“ oder „Affeninsel“ genannt wird. Wie ihr Name besagt, ist sie die Heimat vieler Japanmakaken. Beide Orte befinden sich abseits der größeren Städte und sind daher am schnellsten mit dem Auto erreichbar. Der nächstgelegene JR-Bahnhof in der Stadt Kushima ist ungefähr 30 Autominuten entfernt. Wer langsames Reisen bevorzugt, dem steht die Buslinie Yoka zur Verfügung, die wenige Male am Tag das Kap Toi sowie Kōjima anfährt.

Die Pferdehalbinsel

Die 1350 Hektar große Halbinsel ist nicht nur ein Paradies für Pferde- und Naturliebhaber, sondern auch für Taucher. In den klaren Gewässern rund um Kap Toi befinden sich weitläufige Korallenriffe, in denen große Fischpopulationen zuhause sind. Die schroffe Küste vulkanischen Ursprungs macht es allerdings nicht möglich vom Land aus ins Wasser zu gehen. Somit sind Taucher auf Boote angewiesen, die sie auf das offene Meer hinausbringen, wo sie an ungefährlichen Stellen tauchen können. Die meisten Besuchenden nehmen den weiten Weg nach Kap Toi jedoch wegen der misaki uma auf sich.

Der Ursprung der Besiedlung der Insel durch die Pferde liegt viele Jahrhunderte zurück: Im Jahr 1697 gründete der Akizuki-Clan, der die Gewalt über die Burg Takanabe innehatte, die heutzutage nur noch eine Burgruine ist, eine Pferdefarm auf Kap Toi. Die Pferdezucht und der damit einhergehende Verkauf galt damals als stabile Einnahmequelle, um die Finanzen aufzufrischen. Die Pferde wurden ebenfalls für Transport und Landwirtschaft genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Existenz der Samurai nur noch eine Erinnerung aus vergangenen Zeiten war, erklärte die japanische Regierung Kap Toi als nationales Naturmonument. In den 1970er Jahren stieg das touristische Interesse an dem neuen Naturschutzgebiet auf Kyūshū, Geschäfte und Hotels wurden gebaut. Doch schon bald schrieb der Tourismusbereich rote Zahlen. Aufgrund fehlender Einnahmen mussten zahlreiche Einrichtungen schließen und stehen seitdem leer. Wer heute durch die Straßen von Kap Toi fährt, findet viele verlassene Gebäude. 2020 wurde das Pakalapaka-Tourismuszentrum eröffnet, in der Hoffnung den Tourismus wieder anzukurbeln, seither verzeichnet man kleine Erfolge.

© unsplash.com / Sei

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Die Hälfte der ca. 90 misaki uma-Exemplare, die mit ihrer Wuchshöhe von 130 cm eher an Ponys erinnern, lebt am Komatsugaoka. Dieser sanfte Grashügel liegt im Süden der Halbinsel und bietet ein spektakuläres Panorama auf das Meer und die Sonnenuntergänge. Die andere Hälfte der Pferde verteilt sich auf die restliche Fläche des Kaps, wo ebenfalls der Toi Misaki-Leuchtturm und der Misaki-Schrein zu finden sind. Der Leuchtturm ist der einzige auf Kyūshū, der ein Museum beinhaltet und zugleich aktiv den Schiffen in dunklen Nächten den Weg, vorbei an kantigen Riffen, weist. Nicht weit entfernt vom Leuchtturm thront der rote Misaki-Schrein über dem Meer, eingerahmt von Felsen und Palmfarnen. Er wurde im Jahr 708 erbaut und für die Öffentlichkeit zugänglich, doch leider ist er derzeit wegen der Folgen einer Schlammlawine gesperrt. Dem Glauben nach wohnt im Schrein der Meeresgott Watatsumi, der Kap Toi vor Seekatastrophen schützt.

Misaki-Schrein: Der Wohnort vom Meeresgott Watatsumi. © photo-ac / HAL05

Die Affeninsel

Berühmtheit erlangte die unbewohnte Insel Kōjima aufgrund der seit 1947 ununterbrochenen wissenschaftlichen Beobachtungen von Affen durch die Forschenden der Universität Kyōto. Sie sind weltweit Spitzenreiter der Primatenfeldforschung. Das Institut ließ 1968 eine Forschungsstation auf der Insel erbauen, um das Verhalten der Japanmakaken eingehend zu studieren. Der Höhepunkt der Forschung war eine Beobachtung im Jahr 1953: Ein junges Makakenweibchen namens Imo wusch in einem Fluss Süßkartoffeln, die die Forschenden den Affen hingeworfen hatten. Schnell schauten sich andere Affen das Verhalten ab. Heute waschen alle Makaken der Insel ihre Süßkartoffeln im Meer, welches dem Gemüse zusätzlich eine salzige Note verleiht. Seit sechs Generationen wird dieses Verhalten an die Affenkinder weitergereicht. Zudem haben die Affen über die Generationen hinweg das Schwimmen im Meer erlernt. Für die Forschung ist dies ein markantes Zeichen für Kulturentwicklung bei Tieren. Die Forschenden geben jedem Affen einen eigenen Namen und können sie durch ihre verschiedenen Charakterzüge auseinanderhalten. Touristen ist es nicht erlaubt die Affen zu füttern. Um 10 Uhr morgens versammeln sich die Makaken bei gutem Wetter am Strand, zur Mittagszeit ziehen sie sich wieder in den Wald zurück. Die Beobachtung der Süßkartoffel-waschenden Affen allein ist Grund genug für einen Ausflug nach Kōjima.

Kōjima: Die „Affeninsel“ an der Nichinan-Kaigan-Küste. © photo-ac / KOKU56

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Anfahrt

Nach Kap Toi: Vom Bahnhof Kushima fährt fünfmal pro Tag (7:35 Uhr, 10:14 Uhr, 12:04 Uhr, 14:44 Uhr, 17:19 Uhr) der Bus Toimisaki Line Yoka bis zur Haltestelle Pakalapaka. Die Rückfahrt ist fünfmal am Tag (8:28 Uhr, 11:03 Uhr, 12:58 Uhr, 15:28 Uhr, 18:08 Uhr) möglich. Die Fahrt dauert 38 Minuten und kostet 200 Yen.

Nach Kōjima: Vom Bahnhof Kushima fährt jeden Mittwoch zweimal (11:14 Uhr, 15:14 Uhr) der Bus Ichikisen Line Yoka bis zur Haltestelle Kōjima. Die Rückfahrt ist mittwochs dreimal (7:25 Uhr, 12:40 Uhr, 16:40 Uhr) möglich. Die Fahrt dauert 50 Minuten und kostet ebenfalls 200 Yen. Bei Ebbe erscheint ein Sandstreifen, auf dem die Insel zu Fuß erreichbar ist. Alternativ gibt es eine kleine Fähre, die Besucher:innen vom Ishinami-Strand aus übersetzt. Eine Fahrt mit der Fähre muss allerdings zuvor telefonisch beim Fremdenverkehrsverband der Stadt Kushima angemeldet werden. Das Boot kostet 3.000 Yen für eine Person und ab drei Personen 1.000 Yen pro Person. Wegen dem langen Anreiseweg ist es ratsam, einen Tag zuvor anzureisen und vor Ort zu übernachten.

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