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Don Quijote – oder wie man sich an Regentagen in Japan beschäftigt

Matthias Reich
Matthias Reich

Man weiß gar nicht, wie man die Geschäfte eigentlich genau nennen soll, denn Don Quijote sind ein Phänomen, und es gibt sie bereits mehr als 450 Mal in Japan. Fakt ist, dass man hier alles findet – vor allem aber das, was man eigentlich gar nicht gesucht hat.

Don Quijote Osaka
Don Quijote-Filiale nahe der Dōtonbori-Einkaufsstraße in Ōsaka. © iStock / TkKurikawa

Es gibt sie in jeder größeren Stadt, und sie fallen durch riesige Schriftzüge mit gelben Buchstaben auf rotem oder schwarzem Grund auf: Don Quijote, oft schlicht nur “Donki” genannt. In manchen Filialen steht draußen auf Englisch “Discount Amusement” dran – vielleicht der passendste Begriff, auch wenn Donki mittlerweile weit mehr als Ramsch anbietet.

Gegründet wurde die Kette von Yasuda Takao. Der charismatische Geschäftsmann eröffnete 1980 einen Supermarkt, der vorerst mehr auf den Großhandel ausgelegt war. 1989 wurde in Fuchū im Westen Tōkyōs der erste Don Quijote-Laden eröffnet, mit dem Ziel, viele verschiedene Sachen möglichst billig zu verkaufen, und dieses Geschäftsmodell hat man seither im Prinzip beibehalten. Doch Yasuda brauchte zu jener Zeit nicht wie der namensgebende tragische Held vergebens gegen Windmühlen zu kämpfen, denn das Ende des Hochwirtschaftswachstums in Japan zu jener Zeit bedeutete, dass die Kunden preisbewusster wurden und das Angebot dankbar annahmen.

Don Quijote-Filiale in Asakusa
Don Quijote-Filiale in Asakusa, Tōkyō, bei Nacht.

Ein Laden für alles

Don Quijote kann man sich nur schwer entziehen. Der einst von einer Angestellten eingespielte Song “Miracle Shopping” von Tanaka Maimi läuft in Dauerschleife. Das Maskottchen – ein etwas irre schauender Pinguin namens Donpen ist omnipräsent, und hat man sich einmal in eine Filiale begeben, findet man nur schwer wieder heraus, und das ist auch exakt das Kalkül. Die Geschäfte sind zwar groß, aber überall vom Boden bis zur Decke mit derart vielen Waren und Regalen zugestellt (mit meist sehr engen Gängen), dass man sich schnell wie in einem gewaltigen Labyrinth wähnt. Das kommt bei der Kundschaft interessanterweise gut an, denn es gibt oftmals Dinge, die man anderswo nicht bekommt, und man fühlt sich ein kleines bisschen wie auf Schatzsuche. In der Tat kann man so auch tatsächlich das eine oder andere Schnäppchen schlagen – allerdings sind das oft Dinge, nach denen man gar nicht gesucht hat.

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Billiger Einkauf sorgt für kleine Preise

Yasuda wuchs in strengen und ärmlichen Verhältnissen auf, schaffte es aber dennoch, an die renommierte Keiō-Universität zu gelangen. Mit 29 Jahren gründete er einen ersten Einzelhandel und nannte ihn übersetzt “Diebesmarkt”. Dabei sah er es auf Produkte ab, die Hersteller oder Großhändler quasi bereits abgeschrieben haben – sei es, weil sie kleine Mängel aufwiesen oder weil sie bereits veraltet waren. Diese Produkte kaufte er zu sehr kleinen Preisen auf, um sie dann mit einer kleinen Marge weiterzuverkaufen. Das erwies sich als sehr erfolgreich, und genau darauf fußt auch heute noch das Geschäftsmodell von Don Quijote.

Ein paar Tricks hatte Yasuda dabei von damals übernommen, die man bis heute beobachten kann – zum Beispiel die handgeschriebenen “POP” genannten Preis- und Produktkärtchen in schrillen Neonfarben. Sowie die Erkenntnis, dass die laufende Kundschaft auch nachts durchaus Kaufkraft hat. So haben viele der Donki-Kaufhäuser bis 2 Uhr oder gar bis 5 Uhr geöffnet und machen damit manchen Convenience Stores Konkurrenz, denn Don Quijote verkauft in den meisten Filialen auch normale Lebensmittel, inklusive Frischwaren.

Mit dem Ableger „MEGA Don Quijote“ (oder kurz MEGA Donki) legt das Unternehmen noch einen drauf: Das ist an sich ein normales Don Quijote-Geschäft, nur mit noch mehr Stockwerken und noch mehr Angeboten.

Don Quijote-Filiale in Shinjuku
Don Quijote-Filiale in Shinjuku, Tōkyō. © iStock / pangjee_9

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Internationales Erfolgsmodell

Yasuda hängte 2015 überraschend im Alter von 65 Jahren fast alle seine Posten an den Nagel und zog nach Singapur – dort sind Don Quijote-Geschäfte mittlerweile ebenfalls sehr präsent. Allerdings werden sie dort Don Don Donki genannt, denn “Don Quijote” war bereits als Name vergeben und geschützt. Selbst in Hawaii, Malaysia, Thailand, Taiwan und einigen anderen südostasiatischen Ländern gibt es Filialen.

Don Quijote ist auch für Tourist:innen von Interesse: Hier lässt sich das eine oder andere Souvenir ergattern, und das auch in der Regel steuerfrei. Auch in Sachen Kosmetik, DIY, Lebensmittel, Elektronik, Schmuck und dergleichen lässt sich einiges finden – man beschränkt sich dabei nicht nur auf Ramsch, denn des Firmengründers Ziel war es, vom Klopapier bis zur Rolex alles zu verkaufen. Das ist gut zu wissen, aber Kunden seien gewarnt: Hat man einmal einen Laden betreten, kommt man so schnell nicht wieder raus. Am besten also bei schlechtem Wetter besuchen!

P.S.: Japans größtes MEGA Donki befindet sich übrigens in Shibuya!

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