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Barack Obama: Sein politisches Erbe in Japan

Hannah Janz
Hannah Janz

Diese Momente bleiben in Erinnerung: Der US-Präsident in Hiroshima; mit Japans Premier Abe in Pearl Harbor; Obamas Proklamation, dass die USA sich nun auf die Pazifikregion konzentrieren würden. Welchen Einfluss nahm Barack Obama auf die US-amerikanisch-japanischen Beziehungen?

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US-Präsident Obama und Japans Premier Abe geben sich 2016 in Hiroshima vor dem Friedensdenkmal die Hand. © Wikimedia Commons, CC4.0

Barack Obama scheidet am 20. Januar 2017 aus dem Amt des Präsidenten der USA, das er seit Januar 2009 innehatte. Besonders in die letzte Phase seiner zweiten Amtszeit fallen einige historisch relevante Ereignisse für die US-amerikanisch-japanischen Beziehungen. Japan Digest wirft einen Blick zurück auf Obamas Präsidentschaft.

Zukunft des Sicherheitsbündnisses

Maßgeblich für Obamas Amtszeit war vor allem der Paradigmenwechsel in der sicherheitspolitischen Ausrichtung der USA. Unter seiner Ägide ging die atlantische Ausrichtung der USA endgültig zu Ende. Stattdessen rückte die Asien-Pazifik-Region in den Vordergrund.

Auch Hillary Clinton, 2009 bis 2013 Außenministerin unter Barack Obama, verwendete für diese Neuausrichtung den Begriff des „pazifischen Jahrhunderts.“ In einem Artikel für die Zeitschrift Foreign Policy im November 2011 schrieb sie: „[Es wird] die wichtigste Aufgabe US-amerikanischer Staatskunst des kommenden Jahrzehnts sein, die diplomatischen, wirtschaftlichen, strategischen und sonstigen Anstrengungen in der Asien-Pazifik-Region erheblich zu verstärken.“

In mehreren Reden in Japan und gegenüber japanischen Staatsvertretern betonte Obama, dass die USA sich als pazifische Nation verstünden und erwarteten, entsprechend in die Sicherheitsdiskurse der Region eingebunden zu werden.

Für Japan bedeutet dies konkret, das Monopol als wichtigster Sicherheitspartner der USA in Ostasien zu verlieren. War Japan während des Kalten Krieges und lange danach noch der „unsinkbare Flugzeugträger“ der USA, ist es längst nicht mehr der zuverlässigste Verbündete der USA im Pazifikraum.

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Starke Partner in Asien: US-Präsident Obama mit Japans Premier Abe und Südkoreas Präsidentin Park bei einem Treffen in Den Haag 2014. © The White House / Flickr

Die US-Beziehungen zu Südkorea sind stabil, das Land mit dem atomar aufrüstenden Nachbarn im Norden bietet sich den USA als wehrhafter und geübter Militärpartner an. Auch Australien hat im geostrategischen Portfolio der USA an Bedeutung gewonnen. Vereint sind die Länder in der Sorge um potentielle territoriale Dispute mit der wirtschaftlich starken und militärisch aufrüstenden Volksrepublik China.

Japan wiederum ist militärisch von den USA abhängig, da die Verfassung dem Land die kollektive Selbstverteidigung verbietet. Im Falle eines Angriffes auf die USA dürfte Japan dem Sicherheitspartner also nicht zur Hilfe eilen. Um als Bündnispartner für die USA attraktiv zu bleiben, steht Japan nun endgültig am Scheideweg zwischen pazifistischer Verfassung und der Sicherheitsgarantie durch die USA.

Das Paradigma des „pazifischen Jahrhunderts“, das Obama ausrufen ließ, wird auch seinem Nachfolger Donald Trump in die Hände spielen. Dieser forderte ebenfalls mehr Einsatz Japans im Sicherheitsbündnis mit den USA.

Historische Aufarbeitung: Obama in Hiroshima und mit Abe in Pearl Harbor

Im Anschluss an das G7-Treffen in Ise in der japanischen Präfektur Mie im Mai 2016 besuchte Barack Obama Hiroshima. Die Stadt im Westen Japans war 1945 als erste der Welt von den USA mit einer Atombombe angegriffen worden.

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Spitzentreffen der G7 in Ise, Wakayama, im Mai 2016. © Official White House

Vor Barack Obama war noch kein US-Präsident in Hiroshima gewesen. Der Besuch wurde also von allen Seiten mit Spannung erwartet, insbesondere, da Obama 2009 den Friedensnobelpreis für seine Atomwaffen-Abrüstungsbestrebungen verliehen bekommen hatte.

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Im Tross Obamas: Außenminister John Kerry und US-Botschafterin in Japan Caroline Kennedy auf der Burg von Hiroshima mit Blick über die wiederaufgebaute Stadt. © U.S. State Department / Flickr

Viele Stimmen in Japan, vor allem die Interessenverbände der Atombombenopfer, der hibakusha, hofften auf eine Entschuldigung vonseiten Obamas. Eine solche äußerte Obama aber nicht. Stattdessen unterstrich er in seiner Rede vor dem Friedensdenkmal in Hiroshima noch einmal, dass der Einsatz der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki den Zweiten Weltkrieg verkürzt und so das Leben vieler anderer Menschen geschont hätte.

In der japanischen Presse wurde der Besuch dementsprechend einerseits begrüßt, andererseits als nicht weit genug gehend kritisiert. Insgesamt war die Resonanz auf den Hiroshima-Besuch Obamas in der japanischen Öffentlichkeit aber positiv.

[Video] In Erinnerung vom Hiroshima-Besuch bleibt vor allem, wie der US-Präsident sich mit einigen Überlebenden des Atombomben-Abwurfs unterhielt. © AFP / Youtube

Ende Dezember 2016 gedachte Obama dann gemeinsam mit Japans Premierminister Abe Shinzō der Toten des Angriffs der Kaiserlichen Armee Japans auf den US-Stützpunkt Pearl Harbor am 7. Dezember 1945. Ein solches gemeinsames Gedenken zwischen japanischen und US-amerikanischen Staatsspitzen hatte es bisher ebenfalls noch nicht gegeben (Japan Digest berichtete).

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Premier Abe und Präsident Obama in der Gedenkstätte der USS Arizona, die beim Angriff auf Pearl Harbor zerstört wurde. © Official U.S. Navy Page / Flickr

Diese zwei Ereignisse markieren die ersten Schritte hin zur Aufarbeitung der historischen Traumata zwischen beiden Ländern, machen aber auch deutlich, dass Obama erst gegen Ende seiner Amtszeit eigenen Anliegen folgte, die er zuvor nicht umsetzen konnte. Mit dem gemeinsamen Gedenken hat Obama auch für künftige US-Staatsspitzen die Tür zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit der nachwievor die bilateralen Beziehungen belastenden Geschichte geöffnet.

Und dann war da noch…

Mit einem zwinkernden Auge kann man zuguterletzt wohl behaupten, dass die kleine Stadt Obama in der japanischen Präfektur Fukui am allertraurigsten ist über den Abschied vom gleichnamigen US-Präsidenten.

Übersetzt bedeutet Obama小浜 kleiner Strand. So klein fühlte man sich in Obama aber nicht mehr, nachdem der US-Präsident die Stadt, die etwa sieben Bahnstunden von Tōkyō entfernt liegt, in einer Rede erwähnte.

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Ländlich, verträumt – und plötzlich weltberühmt: Die Küstenstadt Obama im Nordwesten Japans. © Waka moana, CC4.0

Obama selbst hatte bereits 2006 von der Küstenstadt erfahren, als er im Tokyoter Flughafen Narita bei der Einreise gefragt wurde, ob er von dort käme. Das erzählte der damalige Senator im US-Fernsehen, wovon wiederum der Bürgermeister von Obama erfuhr und dem aufstrebenden Politiker eine DVD über die Stadt und ein Paar der berühmten Lackstäbchen aus dem Ort schickte.

Als Obama Japan schließlich 2009 in seiner Funktion als US-Präsident besuchte, sagte er in seiner Rede in der Suntory Hall in Tōkyō: „Ich hätte nicht hierher kommen können, ohne den Bürgern von Obama, Japan, meine Grüße und Dankbarkeit auszurichten.“

Und so brach in der Küstenstadt eine Obama-Manie aus: Während seiner Amtszeit waren in Obama überall „I love Obama“-Plakate mit dem Konterfei des US-Präsidenten zu sehen.

Noch diskutiert die Verwaltung des japanischen Städtchens, ob dem US-Amerikaner eine Statue gewidmet wird, die an die historische Bedeutung des Namens Obama erinnern soll. Auch das wäre ein schöner Teil des Erbes Barack Obamas in Japan.

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