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Japanische Frauenuniversität: Aufnahme von Transgender-Frauen

Miho Doi
Miho Doi

Die japanische, staatliche Ochanomizu Frauenuniversität (お茶の水女子大学) wird ab 2020 Transgender-Frauen zum Studium zulassen. Die Details gab Murofushi Kimiko, Präsidentin der Universität, in einem Pressetermin bekannt.

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Am 10. Juli 2018 gab die Ochanomizu Frauenuniversität bekannt, ab 2020 Transgender-Studentinnen zuzulassen. Es wird angenommen, dass die Universität in Tōkyō japanweit die erste Frauenuniversität ist, die diesen Schritt zur Gleichberechtigung von Transgender-Frauen unternimmt.

Eine Chance für alle Frauen

Bisher akzeptierte die Ochanomizu Universität nur die Frauen, deren amtlich registriertes Geschlecht weiblich ist. Allerdings muss erwähnt werden, dass dort bereits Transgender-Männer studieren. Hierbei handelt es sich um Studenten, die erst nach Studienbeginn ihr im Familienregister als weiblich gemeldetes Geschlecht geändert haben. Als Kriterium der Aufnahme an der Universität nannte Murofushi das im Familienregister angegebene, weibliche Geschlecht oder aber die Identifikation mit diesem.

Auslöser für diese Änderung war eine Anfrage, die die Universität 2016 erhielt. Seit 2017 diskutierte die Universität mit allen Beteiligten wie den Studentinnen und deren Eltern, den Graduierten und dem Lehrköper. Die Reaktionen seien sehr positiv gewesen. Ende Juni 2018 wurde die zukünftige Aufnahme von Transgender-Studentinnen beschlossen.

Die Universität hat bereits einen Ausschuss für die Aufnahme von Transgender-Frauen gewählt und plant, eine Richtlinie für diese zu verfassen. Unter Umständen müssen sich Bewerberinnen mit einem Dokument, dass sie als Transgender kennzeichnet, ausweisen. Aber falls solch ein Dokument nicht vorliegt, kann der Ausschuss persönlich erwägen, ob die Bewerberin für die Aufnahme an der Universität in Frage kommt.

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Die Geschlechterkluft in Japan

Warum gibt es in Japan eigentlich Frauenuniversitäten? Die Ochanomizu Universität hat zurzeit keine Absicht, in Zukunft auch Männer aufzunehmen. Daraus lässt sich schließen, dass in Japan Frauen noch nicht die Gleichberechtigung mit Männern erreicht haben. Beispiele hierfür sind die Schere der Gehälter von Männern und Frauen sowie die Bedeutung weiblicher Abgeordneten im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen.

Auch sind sich viele japanische Männer nicht der sexuellen Belästigung und Diskriminierung gegenüber Frauen bewusst. Der bekannte japanische Schriftsteller Hyakuta Naoki, der schon in der Vergangenheit mit politisch kontroversen Kommentaren Aufmerksamkeit erregte, hat etwa folgenden “Scherz” getwittert: „Okay, von jetzt an bereite ich mich für die Prüfung vor, um 2020 an der Ochanomizu Universität zu studieren!“. Die Ignoranz der LGBT+-Diskriminierung dieses Tweets wurde im Internet stark kritisiert.

Wegen dieser Umstände trägt das Weiterbestehen der Ochanomizu Universität als Frauenuniversität eine große Bedeutung, die Murofushi der Presse gegenüber wie folgt erklärte: „Um eine Gesellschaft zu verwirklichen, in der Frauen keine Diskriminierung und Vorurteile erdulden müssen und glücklich leben können, müssen wir ihnen ein universitäres Umfeld bieten, in dem sie ihren eigenen Wert erkennen und das Bewusstsein ihrer Beiträge an die Gesellschaft stärken. Wir glauben, dass Studentinnen an der Frauenuniversität sich frei von Vorurteilen bewegen und agieren können. […] Mit der Aufnahme von Personen, die sich als weiblich identifizieren und ernsthaft an unserer Universität studieren möchten, folgen wir dem natürlichen Fluss der Dinge.“

Eine Herausforderung für die Gesellschaft

In den USA studieren bereits Transgender-Frauen an den Frauenuniversitäten. In Japan ist die Ochanomizu Universität die erste, die Transgender-Studentinnen aufnehmen wird, doch andere Universitäten werden wohl in der nahen Zukunft folgen. Für die LGBT+-Gemeinde ist der Alltag in Japan noch schwierig. Mit dem Fortschritt von Frauenuniverstäten zur Gleichberechtigung von LGBT+-Minderheiten schreitet die japanische Gesellschaft langsam aber sicher in die richtige Richtung zur Geschlechtergleichheit.

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