Filmfest Eyes on Japan 2018: NHK-Abend im Zeichen von Kunst und Kultur

Sina Arauner
Sina Arauner

Während der 12. Japanischen Filmtage Eyes on Japan im Filmmuseum Düsseldorf fand am 20. Januar 2018 der NHK-Filmabend statt. Ein Realfilm und eine Dokumentation boten dem Publikum einen tiefen Einblick in verborgene japanische Traditionen und den Alltag der Edo-Zeit.

(c) NHK

Seit 2017 steuert die japanische Rundfunkgesellschaft NHK bei den Japanischen Filmtagen Eyes on Japan im Düsseldorfer Filmmuseum mit Leihgaben zum beeindruckenden Programm bei. Während der Fokus 2017 auf Dokumentarfilmen lag, überzeugte diesmal die Kombination aus einem Fernsehfilm und einer Dokumentation das Publikum in ausverkauftem Haus.

Kurara: The dazzling life of Hokusai’s daughter

Kurara: Hokusai no musume (:北斎の娘)

Schon 2017 erhielten Besucher von Eyes on Japan mit dem Historien-Anime “Miss Hokusai” einen Einblick in das Leben von Katsushika Ōi, O-Ei genannt. Sie war die Tochter von Japans wohl berühmtestem Künstler der Edo-Zeit, Katsushika Hokusai.

miss hokusaiFilmfest Eyes on Japan: Historien-Anime „Miss Hokusai“Katsushika Hokusai ist weltweit als einer der bedeutendsten japanischen Künstler der Edo-Zeit bekannt. Der Anime „Miss Hokusai“ widmet sich...23.01.2017

Mit dem Fernsehfilm “Kurara: The dazzling life of Hokusai’s daughter” (kurara bedeutet “blendend”) erkundet NHK mit japanischer Starbesetzung (Miyazaki Aoi in der Titelrolle, Nagatsuka Kyōzō als Hokusai und Matsuda Ryūhei in der Rolle O-Eis langjährigen Freundes/Liebhabers Ikeda Zenjirō) das Leben und Umfeld von O-Ei im 19. Jahrhundert. Vom Kleinen ins ganz Große und wieder zurück lehrt der Film auf ganz natürliche Art und Weise über Kunst und Kultur, Auslandsbeziehungen Japans und die allgegenwärtige und alles verzehrende Gefahr des Feuers zur damaligen Zeit.

Miyazaki Aoi brilliert in ihrer Rolle der unbändigen, liebevollen O-Ei. Ein leichtes Schmunzeln umspielt stets ihre Lippen, als wüsste Sie etwas, das dem Zuschauer entgeht. Ganz eigen nimmt sie die Welt, ihre Farben und das ständige Spiel aus Licht und Schatten wahr und kreiert so Kunstwerke, mit denen sie sich einen eigenen Namen macht und von den Werken ihres Vaters absetzt.

Katsushika Ō
Nachtszene in Yoshiwara von Katsushika Ōi, 1860

Der Meister Hokusai selbst wird von Nagatsuka Kyōzō verkörpert, dessen grimmige Gesichtsausdrücke genauso authentisch wirken wie seine Pinselführung. Weniger als Vater sondern eher als Lehrmeister interagiert er mit seiner Tochter O-Ei und versinnbildlicht so den ultimativen Künstler, als den er selbst sich nie sah. Die Unzufriedenheit mit seinen eigenen Werken und der Drang zur Verbesserung begleiteten ihn sein Leben lang und halfen auch O-Ei dabei, die eine oder andere Schaffenskrise zu überwinden.

kurara
Miyazaki Aoi in der Rolle der O-Ei. (c) NHK

Kurzweilig und kunstvoll inszeniert der Film Einblicke in das Leben und den Alltag O-Eis, deren künstlerische Ambitionen und vor allem besondere Wahrnehmung der Welt auch auf das Publikum inspirierend wirken.

A Tale of Love and Honor: Life in Gion

Gion onna-tachi no monogatari: Ochaya hachi-daime no okami (祇園女たちの物語:お茶屋・8代目女将)

Der zweite Film setzte den NHK-Filmabend mit “A Tale of Love and Honor: Life in Gion” fort. Die Dokumentation erhellt unterhaltsam einen Teil der japanischen Kultur, der sonst eher im Verborgenen stattfindet: das Leben und die Arbeit der Kyōtoer Geiko (lokale Bezeichnung der Geisha) im Unterhaltungsviertel Gion.

Seitenansicht einer GeishaGeisha oder Freudenmädchen? Tradition und Kultur der „Oiran“Zwischen Prostituierter und Mode-Ikone lag zur Edo-Zeit nur ein schmaler Grat – wie man seit dem Film „Die Geisha“ weiß. Wie aber unterschie...02.06.2017

Seit Jahrhunderten bieten die Teehäuser Gions eine ganz besondere Art der Unterhaltung: Abseits der Öffentlichkeit genießen ausgewählte Gäste in den exklusiven, historischen Etablissements die exquisite Gesellschaft der Kyōtoer Geiko.

Für die Dokumentation durfte NHK einen Blick hinter die Kulissen des Teehauses von Ota Kimi, Besitzerin eines Teehauses in achter Generation, werfen. Mit viel Leidenschaft, Witz und Charme übernahm Ota das Teehaus von ihrer Mutter – eine Rolle, für die sie geboren wurde. Denn die Regeln Gions besagen: Die Teehäuser müssen von der Mutter an die älteste Tochter weitergegeben werden. Die Realität dieser Regel erscheint besonders harsch, wenn man dazu bedenkt: Teehausbesitzerinnen von Gion dürfen niemals heiraten.

[Video] Der Trailer zur Dokumentation.

“Gib deinen Gästen alles, was du hast, als wäre jeder von ihnen ein geschätzter Liebhaber” – unter diesem Motto führt Ota das Teehaus, das seit jeher japanische Prominenz anzieht. So haben etwa der berühmte Schauspieler Mifune Toshirō und der Literaturnobelpreisträger Kawabata Yasunari in Otas Teehaus verkehrt.

KawabataKawabata Yasunari: Schneeland und NobelpreisKawabata Yasunari (1899-1972) erhielt als erster japanischer Schriftsteller 1968 den Literaturnobelpreis. Bis heute bleibt er einer der wich...07.12.2016

Die Töchter von Gion sind an ihr Schicksal gebunden. Diesem den Rücken zu kehren bedeutet oft, der Familie den Rücken zu kehren. Denn in dem Teehaus sind die Geiko wie Schwestern und Ota ist die Mutter. Die Übergabe der Leitung an ihre Tochter fällt Ota nicht leicht. Sie zweifelt, ob ihre Tochter bereit ist, mit der gleichen Hingabe für die Gäste und Gion zu sorgen. Doch was die Zukunft für Ota und ihre Geiko bereithält, bleibt im Dämmerlicht Gions verborgen.

gion
Nächtliche Szene in Gion.

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