Auf den Spuren der Samurai: Die 47 Rōnin

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Die Sage von Chūshingura handelt von 47 herrenlosen Samurai, sogenannten Rōnin, die nach Jahren der Geheimhaltung in einer kalten Januarnacht ihren toten Fürsten rächen. Der blutige Rachefeldzug ist heute eine berühmte Geschichte als Zeichen der tiefen Loyalität der Kriegerklasse. In Tōkyō kann man heute drei Schauplätze der Sage besuchen.

47 ronin Holzschnitt
Nach Jahren der Geheimhaltung greifen 47 Rōnin das Anwesen des Mannes an, der für den Tod ihres Herrn verantwortlich war. Holzdruck von Katsushika Hokusai.

Viele historische Geschichten klingen selbst im modernen Japan noch immer nach. Eine der bekanntesten ist die Sage von Chūshingura, die sich in den Jahren 1701 bis 1703 abspielte, als 47 herrenlose Samurai (sogenannte Rōnin) ihren Herren in einer berühmten nächtlichen Schlacht im Zentrum Tōkyōs rächten. Heute können Sie drei dieser Orte besuchen, die eng mit diesem berühmten Ereignis verbunden sind.

Erster Akt: Die Sage

Die Geschichte der 47 Rōnin spielt in den Jahren der Genroku-Ära unter der Herrschaft von Shōgun Tokugawa Tsunayoshi im frühen 18. Jahrhundert. Im April 1701 wurden der Feudalherr Asano Naganori von Akō, einem kleinen Herrschaftsgebiet am japanischen Binnenmeer (heutige Präfektur Hyōgo), und das Oberhaupt eines anderen Herrschaftsgebiets damit beauftragt, im Palast des Shōguns in Edo (dem heutigen Tōkyō) einen Empfang für kaiserliche Gesandte aus Kyōto zu organisieren. Die beiden Fürsten erhielten vom Zeremonienmeister Kira Kozuke-no-Suke Yoshihisa Anweisungen zum Palastprotokoll.

Schon bald sollte sich eine Tragödie ereignen. Die genauen Einzelheiten sind nicht bekannt, aber Kira machte anscheinend abfällige Bemerkungen über Asano – vielleicht über seine Kleidung, als ob er ihn als Landei darstellen wollte. Asano (zum Zeitpunkt 33 Jahre) wurde zunehmend ungehalten über die vermeintlichen Beleidigungen des älteren Mannes. Als sie einen Korridor mit Tatami-Boden entlanggingen, der als Matsu no Ōrōka oder Großer Kiefernkorridor bekannt ist, wurde Asano wütend und schlug mit seinem Schwert nach Kira, wobei er ihn leicht verwundete, bevor er entwaffnet wurde.

Ein Schwert innerhalb des Palastes zu zücken, galt als Kapitalverbrechen, und für diesen schweren Regelverstoß wurde Asano kurzerhand zum seppuku (ritueller Selbstmord durch Ausweidung) verurteilt. Er starb am 21. Tag des vierten Monats (nach dem Mondkalender) – noch am selben Tag seines Verbrechens.

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Wo es passierte: Die östlichen Gärten des Kaiserpalastes

Kaiserpalast Schild
Das Schild markiert den Ort auf dem Gelände des Kaiserpalastes.

Der Ort, an dem sich die Auseinandersetzung zwischen Asano und Kira abspielte, befindet sich in den östlichen Gärten des Kaiserpalastes in der Nähe des Bahnhofs von Tōkyō und des Geschäftsviertels Ōtemachi. Die Gärten sind die meiste Zeit des Jahres an fünf Tagen in der Woche für die Öffentlichkeit kostenlos zugänglich.

Der höchste Punkt des Gartens, der für Besucher:innen zugänglich ist, ist das Fundament des tenshudai (Burgturm), von dem aus man einen Panoramablick auf das ehemalige honmaru (Zentrum der Schlossanlage) sowie Ōtemachi hat. In südlicher Richtung befindet sich eine breite, mit Gras und Bäumen bepflanzte Freifläche. Folgen Sie dem Fußweg auf der rechten (westlichen) Seite in Richtung Fujimi Yagura (Fuji-Aussichtsturm) und Sie werden bald zu einem steinernen Markierungspfosten und einer zweisprachigen Tafel kommen, die die ungefähre Stelle des Matsu no Ōrōka kennzeichnen, an der Asano sein Schwert mit tödlichem Ausgang zog.

Zweiter Akt: Jahre der Geheimhaltung, dann Rache!

47 Ronin Holzschnitt
Nach Jahren der Geheimhaltung greifen die 47 Rōnin das Anwesen von Fürst Kira in einer verschneiten Januar-Nacht an.

Als zusätzliche Strafe wurde das Anwesen von Fürst Asano beschlagnahmt. 300 seiner Gefolgsleute verloren ihre Arbeit und wurden zu Rōnin, also herrenlosen Samurai. Von diesen 300 schwor eine kleine Gruppe von etwa 47, angeführt von Ōishi Kuranosuke Yoshio, einen geheimen Eid, um sich an Kira zu rächen, obwohl ein Gesetz solche Rachefeldzüge verbot. Kira, der vermutete, dass er angegriffen werden könnte, schickte Spione aus, um die Aktivitäten von Asanos ehemaligen Dienern zu überwachen. Doch die Männer von Akō zerstreuten sich und bemühten sich, Kira damit abzulenken, während sie gleichzeitig nach Details über den Grundriss seines Anwesens suchten.

In der Nacht des 30. Januar 1703 nach westlicher Zeitrechnung, als starker Schneefall herrschte, versammelte sich die Truppe der 47 Samurai aus Akō, bewaffnet mit Schwertern und Pfeilen, vor den beiden Toren von Kiras Anwesen in Edo. Auf das vorher vereinbarte Signal einer Trommel hin griffen sie vom vorderen und hinteren Tor an.

Kiras Vasallen und Bedienstete eilten zu seiner Verteidigung, wobei 16 Menschen getötet und 22 weitere verwundet wurden. Der 61-jährige Kira versuchte, sich in einem Lagerhaus zu verstecken, wurde aber schließlich entdeckt. Ōishi bot Kira das Privileg an, seppuku zu begehen – mit demselben Schwert, das auch Fürst Asano benutzt hatte -, aber der verängstigte Kira ging nicht darauf ein und Ōishi befahl zwei Männern, ihn auf die Knie zu zwingen, woraufhin Ōishi ihn enthauptete.

Wo es passierte: Kira-tei Park

Kiratei Park

Etwa 10 Minuten vom JR-Bahnhof Ryōgoku im Bezirk Sumida entfernt, liegt der Honjō Matsuzaka-chō Kōen – ein kleiner Park, der auch als Kira-tei bekannt ist – und der alles ist, was vom Kira-Anwesen übrig geblieben ist. Er ist von einer charakteristisch niedrigen weißen Mauer umgeben, die mit grauen Dachziegeln bedeckt ist. Im Inneren befinden sich Schilder, auf denen die Geschichte erklärt wird, ein Shintō-Altar und eine Skulptur von Fürst Kira.

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Dritter Akt: Der abgetrennte Kopf und Tod

Holzschnitt Utagawa Kuniyoshi
Die Rōnin versammeln sich an einer Brücke nahe des Kira-Anwesens, bevor sie mit Kiras abgetrenntem Kopf durch Tokyo marschieren. Eine Schar Gänse fliegt über sie hinweg. Farbholzschnitt von Utagawa Kuniyoshi.

Mit dem abgetrennten Kopf ihres Opfers, der in Strohmatten eingewickelt und an einer Stange aufgehängt worden war, marschierte Ōishis Rōnin-Truppe in einer Prozession über den Sumida-Fluss und durch das Zentrum von Edo. Ihre Route ist gut dokumentiert, und einige Geschichtsinteressierte genießen es heutzutage, sie zu Fuß zurückzuverfolgen.

Am Sengakuji-Tempel im heutigen Bezirk Minato angekommen, wuschen die Rōnin ihre grausame Trophäe mit Wasser aus einem Brunnen und präsentierten sie feierlich vor dem Grab ihres Meisters. Anschließend stellten sie sich den Behörden.

Vielleicht wurde aus Gründen der politischen Opportunität beschlossen, den Akō-Männern die Ehre zu erweisen, durch seppuku zu sterben, anstatt sie als gewöhnliche Verbrecher hinzurichten. 46 der Rōnin starben am 20. März 1703. Der Überlebende, ein junger Samurai namens Terasaka, war nach Akō entsandt worden, um die Nachricht der erfolgreichen Blutrache zu verbreiten, und blieb von der Todesstrafe verschont.

Wo es passierte: Der Sengakuji-Tempel

Sengakuji
Einige Gräber der Rōnin im Sengakuji-Tempel im Westen Tōkyōs.

Der Sengakuji-Tempel ist nur einen kurzen Spaziergang von den gleichnamigen Bahnhöfen der Keikyu- bzw. Asakusa-Linie im Bezirk Minato entfernt. Wenn man sich vom großen Tor aus nach links wendet, kommt man an dem Brunnen vorbei, an dem Kiras Kopf gewaschen wurde, bevor er an Asanos Grab präsentiert wurde. Die Gräber der 46 treuen Gefolgsleute sind auf einem Platz auf der rechten Seite angeordnet, gleich hinter dem oberen Ende einer kurzen Treppe. Viele Besucher:innen kaufen ein Bündel Räucherstäbchen, das sie vor jedes der Gräber legen. Der Tempel beherbergt auch ein kleines Museum mit Relikten des Vorfalls.

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Das Vermächtnis

Sengakuji
Ein Schild am Sengakuji-Tempel und der Brunnen, in dem der enthauptete Kopf von Fürst Kira gewaschen wurde.

Obwohl man sie als blutigen Rachefeldzug bezeichnen könnte, hat sich die Sage der 47 Rōnin in die nationale Psyche Japans eingeprägt und spiegelt die Werte der damaligen Zeit als tugendhafte Erfüllung von Hingabe und Loyalität wider. Zu jener Zeit wurde die Ehrung der 47 Rōnin auch als ein milder Akt der Auflehnung gegen die unpopulären Tokugawa-Herrscher angesehen. Aufgrund der damaligen strengen Zensurgesetze wurde die Sage erst Jahrzehnte später allmählich im Puppen- und Kabuki-Theater und später im Kino popularisiert. Hunderte von Holzschnitten wurden produziert und Schauspieler führten Stücke auf, in denen die Sage, die die Rōnin feierte, dargestellt wurden.

Jedes Jahr am 14. Dezember (Datum des Vorfalls nach dem Mondkalender) finden zwei farbenfrohe Feste, das Akō Gishisai und das Tōkyō Gishisai, zum Gedenken an die Heldentat statt. Das erste findet in ihrer Heimatstadt Akō in der Präfektur Hyōgo statt, das zweite im Sengakuji-Tempel in Tōkyō.

Wenn Sie diese Orte besuchen, können Sie sehen, wo sich die Geschichte abgespielt hat und dabei die frische Luft genießen (und vielleicht Ihre Fantasie anregen). Ihre japanischen Freunde werden mit Sicherheit positiv beeindruckt sein, wenn Sie ihnen erzählen, wo Sie waren.


Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Englisch bei All About Japan veröffentlicht und von JAPANDIGEST übersetzt und nachbearbeitet.

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