Diese Woche in Japan | 22. März 2019

Nils Gärtner
Nils Gärtner

Dieser Mittwoch markierte den 24. Jahrestag der Nervengasanschläge auf die Tōkyōter Metro Mitte der 1990er Jahre. Neben der Erinnerung an den Terroranschlag sorgte zuvor ein Regierungsbeschluss für Unverständnis: Von der Regierung systematisch zwangssterilisierte Geschädigte sollen nur eine geringe Entschädigung erhalten.

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3,2 Mio. Yen Schmerzensgeld für Zwangssterilisierte

Die japanische Regierung beschloss am Donnerstag letzte Woche über einen Gesetzesentwurf, den Opfern der seit 1996 abgeschafften Eugenikgesetze Schmerzensgeld in Höhe von 3,2 Mio. Yen (rund 25.417 Euro) pro geschädigter Person zukommen zu lassen.

Die Anwälte der Opfer äußerten sich hinsichtlich des Ergebnisses enttäuscht und kündigten an, ihre Mandanten würden ihre rechtlichen Klagen gegen die japanische Regierung fortführen. „Ein Skalpell sorgte dafür, dass ich mein ganzes Leben lang keine Kinder haben konnte. Ich konnte mit niemanden darüber reden und belog meine Frau. Nur 3,2 Mio. Yen für das alles“, kommentierte der 77-jährige Geschädigte und Kläger Kojima Kikuo die Bekanntgabe des Gesetzesentwurfs gegenüber der Nachrichtenagentur Kyodo.

Die 1948 in Japan eingeführten Eugenikgesetze basierten auf den nationalsozialistischen Sterilisationsgesetzen des Dritten Reichs und ermächtigten die japanische Regierung, Zwangssterilisationen bei Menschen mit Lernschwierigkeiten, psychischen Erkrankungen und genetischen Defekten durchzuführen. Während der 48 Jahre Bestehenszeit der Eugenikgesetze wurden laut dem Gesundheitsministerium ca. 25.000 Menschen zwangssterilisiert. Rund 16.500 sollen dem Eingriff nicht zugestimmt haben.

Neben dieser umstrittenen Entwicklung geriet die japanische Regierung am Mittwoch ferner durch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in die Kritik. Der Interessenverband ermahnte die Landesadministration, die Anforderungen zur offiziellen Geschlechtsänderung für Transsexuelle zu lockern: Bisher müssen diese eine Sterilisation nachweisen, um ihr Geschlecht in offiziellen Dokumenten abändern lassen zu können.

Gedenkfeier zum 24. Jahrestag der Sarin-Giftgasanschläge in Tōkyō

Am Mittwoch wurde die erste Opfergedenkveranstaltung seit der Hinrichtung 13 ehemaliger Mitglieder der für die Giftgasanschläge auf Tōkyōs Metro verantwortlichen Sekte Ōmu Shinrikyō letztes Jahr abgehalten. Sie begann um 8 Uhr morgens und erinnerte damit an die von den Tätern ausgewählte Anschlagszeit zur morgentlichen Rushhour der Hauptstadt. Angehörige der Anschlagsopfer und Metro-Angestellte leiteten die Zeremonie, bei der sie Blumen an einem Altar in der Haltestelle Kasumigaseki niederlegten und eine Schweigeminute abhielten.

Im Interview mit der Presseagentur Jiji berichtete die 72-jährige Takahashi Shizue, Witwe eines durch den Gasangriff getöteten Metro-Angestellten, dass sie der Gedenkveranstaltung seit der Hinrichtung der Verantwortlichen mit einer erstmalig veränderten Geistesverfassung beiwohnt.

Die Sekte verübte 1995 terroristische Nervengasangriffe auf U-Bahnen der Tōkyōter Metro, welche insgesamt 13 Menschen das Leben kostete und mindestens 1.000 Leute gesundheitlich teils stark beeinträchtigte. Die Dunkelziffer der geschädigten Leute wird auf mehr als 6.000 geschätzt.

Todesstrafe in Japan – wider den ZeitgeistIm vergangenen Monat hatten die Henker in Japan viel zu tun: Am 6. Juli 2018 wurden 13 Verurteilte durch den Strang hingerichtet. Die anachr...26.08.2018

Abe erneuert Versprechen zur Verfassungsreform

Premierminister Abe Shinzō gab in seiner Rede vor der Graduiertenklasse der National Defense Academy am Sonntag bekannt, weiterhin eine Reform der japanischen Verfassung anzustreben. Hierbei legt er besonderes Augenmerk auf eine Lockerung des pazifistisch ausgelegten Artikels 9, welcher es dem Land untersagt, Krieg zu führen und die Existenz von Streitkräften zu einem solchen Zweck ausschließt.

„Ich bin entschlossen alles zu geben um Bedingungen zu schaffen, in welchen das Personal der Selbstverteidigungsstreitkräfte seine Pflichten mit großem Stolz ableisten kann“, sagte Abe während seiner Rede. Durch die von ihm angestrebten Verfassungsänderungen will er den rechtlich umstrittenen Status der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte klären. Bisher waren die Versuche des Premierministers, die Verfassung zu reformieren, aufgrund mangelnder Zustimmung im Unterhaus gescheitert.

Weitere News

  • Erste Kirschblüten des Jahres in Nagasaki gesichtet: Das Meteorologische Institut Nagasakis gab am Mittwoch bekannt, dass sich die Blüten des eigens hierfür bestimmten Indikator-Kirschbaums zu öffnen beginnen. Einen Tag später wurde auch in Tōkyō offiziell die Kirschblütensaison eröffnet. Dies geschah zwar mit vier Tagen Verspätung zum Vorjahr, aber immer noch ganze fünf Tage vor der normal angegebenen Blütezeit.
  • Hayabusa2 entdeckt wasserhaltige Mineralien: Das japanische Forschungsteam hinter der Raumsonde gab am Mittwoch bekannt, Mineralien auf dem Asteroiden Ryūgū entdeckt zu haben, die Wasser enthalten sollen. Die Forscher hoffen nun Erkenntnisse über die Ursprünge des Wassers auf der Erde zu erlangen.
  • Plan zum Verbot körperlicher Bestrafungen von Kindern durch Regierung genehmigt: Die japanische Regierung stimmte am Mittwoch Plänen zu, körperliche Bestrafungen von Kindern zu verbieten. Damit reagiert die Administration auf einen Anstieg an Kindesmissbrauchsfällen.
  • 195 Länder zur Inthronisation Naruhitos geladen: Die japanische Regierung verkündete am Dienstag, Gäste aus bis zu 195 verschiedenen Nationen zu den Thronbesteigungsfeierlichkeiten Naruhitos im Oktober einladen zu wollen. Die Zeremonien werden rund sechs Monate nach der Abdankung des aktuellen japanischen Kaisers Akihito stattfinden.
  • 18-jähriger Japaner stiehlt Kryptowährungen im Wert von rund 15 Mio. Yen: Wie die japanische Polizei am Freitag letzte Woche mitteilte, nutzte ein japanischer Teenager aus der Präfektur Tochigi den Softwarefehler eines Onlinespeicher-Anbieters aus, um 15. Mio. Yen (ca. 119.00 Euro) zu erschwindeln. Gegen ihn wird nun wegen Computerbetrugs und des Verstoßes gegen das Strafrecht zu organisierter Kriminalität ermittelt.
  • Justizministerium legt größeren Fokus auf sexuelle Belästigungsfälle: Laut Angaben des Justizministeriums wurden 2018 rund 35 % mehr Abhilfemaßnahmen gegen Fälle sexueller Belästigung durchgeführt als im Vorjahr.

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