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Erfahrungsbericht: Aus- und Einreise nach Japan nach der Grenzöffnung

Matthias Reich
Matthias Reich

Nach über zwei Jahren beinahe vollständiger Isolation zur Eindämmung des Coronavirus sind die Grenzen Japans seit dem 11. Oktober 2022 vollständig wieder geöffnet. Auch ich nutzte die Gelegenheit und begab mich im Oktober, nach genau fünf Jahren Europa-Abstinenz, wieder gen Westen. Ein kleiner Erfahrungsbericht.

Leere Zoll-Schalter am Flughafen Narita.
Leere Zoll-Schalter am Flughafen Narita.

Endlich sollte es also mal wieder in die alte Heimat gehen – ohne irgendwelche Unsicherheiten, ob man wieder zurück in die neue Heimat gelassen wird. Die Flugtickets wurden schon ein paar Monate vorher besorgt, als abzusehen war, dass der Krieg in der Ukraine und die explodierenden Rohölkosten die Flugpreise ordentlich in die Höhe schnellen würden. Mal wieder wählte ich Qatar Airways – die Route ist zwar etwas länger, aber die Airline bietet einen sehr guten Service und sogar passable Mahlzeiten an Bord. Und: Der Flug von Narita nach Doha ist ein Nachtflug. Die restlichen sechs bis sieben Stunden von Doha nach Berlin, nach einem dreistündigen Aufenthalt in Doha, sind dann schnell zu verkraften.

Geschäfte am Flughafen Narita geschlossen

Der erste Schock erfolgte in Narita. Die Idee, dort am Abend eine kleine Mahlzeit zu sich zu nehmen, entpuppte sich sofort als Wunschdenken – so ziemlich alle Geschäfte und Restaurants waren entweder im Winterschlaf oder für immer geschlossen. Es war ein Bild der Traurigkeit. Das lag zum Teil aber auch daran, dass mein Flug einer der letzten Flüge des Tages war. Danach lief alles nach Planung, und so landete ich gegen 4 Uhr morgens in Doha. Einen Tag früher als geplant wohlgemerkt, da Qatar Airways meinen Abflug eine Woche vorher vom 2. auf den 1. Oktober vorverlegte.

Am Gate, beim Warten auf das Flugzeug nach Berlin, kam der zweite Schock: So viel Deutsch auf einem Haufen habe ich seit fünf Jahren nicht mehr gehört. Es war richtig unheimlich, und die Maschine war tatsächlich voll besetzt. Während man beim 10-stündigen Flug von Narita nach Doha nicht auf eine Maske bestand, so war diese beim Weiterflug Pflicht. Außerdem wurde schnell deutlich, dass es in diesem Flieger wesentlich enger ist.

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Ankunft in Deutschland

BER! Dass ich eine Landung auf diesem sagenumwobenen Flughafen noch erleben durfte, hielt ich für ein kleines Wunder. Die Einreise war vollautomatisiert, nur auf das Gepäck musste ich rund eine halbe Stunde warten. Und schon stand ich in der Empfangshalle, in der gefühlte 99 % der Menschen keine Maske trugen. Es war beinahe wie vor Corona. Aber ich sollte mich noch eine Weile lang scheu fühlen, die Maske wirklich abzusetzen.

Die folgenden zwei Wochen verbrachte ich in Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Corona vergaß ich in dieser Zeit fast vollständig. Meine Familie hatte im August das Virus, doch entweder war ich verschont worden oder symptomlos – und selbst das Treffen mit dutzenden Familienangehörigen und Freunden, jeweils ohne Maske, sollte daran nichts ändern. Das Einzige, was an die Pandemie erinnerte, war der Maskenzwang in den ÖPNV – mit Schaffnern, die den Zug durchkämmten und zum Aufsetzen der Maske aufforderten. Für Jemanden, der die gesamte Pandemie in Japan durchgemacht hatte, wirkte das etwas befremdlich: Draußen und in den Restaurants und Geschäften wurde maskenlos geredet und gegessen, doch allein in Bus und Bahn herrschte Maskenzwang.

Interessanterweise war dies das erste Mal seit Beginn der Pandemie für mich, dass ich eine Corona-Zwangsmaßnahme erlebte. Das Aufsetzen einer Maske in der Bahn war für mich drei Jahre lang kein Problem, da man in Japan sowieso überall eine Maske trug. Trotzdem fiel es schwer, überall keine Maske tragen zu müssen, doch nun im Zug eine aufsetzen zu müssen.

Rückflug nach Japan und Airline-Chaos

Der erste Teil des Rückfluges Mitte Oktober wurde etwas chaotisch. Die die Einreise in Japan beschleunigende MySOS-App (diese wurde inzwischen durch die Web-App “Visit Japan”[1] ersetzt) hatte ich natürlich vorher installiert. Das Hochladen meines Passes funktionierte zwar nicht, dafür das der Impfzertifikate reibungslos, und so war der Bildschirm der App blau, was bedeutete, dass man ohne weitere Tests nach Japan einreisen kann.

Das Problem war eher der BER: Das Bodenpersonal hatte scheinbar am Vortag ein Flugzeug von Qatar Airways so sehr beschädigt, dass es nicht abheben konnte. Die armen Passagiere konnten erst am folgenden Tag fliegen – am Schalter herrschte also doppelt so großes Gedränge. Das Airline-Personal schien relativ gut informiert, aber nicht auf dem letzten Stand: Man fragte mich nach der MySOS-App, die ich vorzeigen musste, und zum Schluss sogar nach meiner japanischen Residence Card. Ich musste das Personal darauf hinweisen, dass diese seit dem 11. Oktober nicht mehr zur Einreise erforderlich ist – und ich fragte mich unweigerlich, was geschehen wäre, wenn ich die Residence Card nicht dabei gehabt hätte.

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Zurück in Japan

Vom “No-Mask-Land” ging es also wieder zurück ins Maskenland. Das Flugzeug von Doha nach Narita war überraschenderweise nur zu rund drei Vierteln besetzt – nach einem Ansturm von Touristen sah dies nicht aus, zumal die meisten Passagiere Japanerinnen und Japaner waren. In Narita angekommen, ging es erstaunlich zügig voran. Vor den Einreiseschaltern waren zwei neue Stationen errichtet worden. An der ersten wurden die Passagiere mit der MySOS-App und einem blauen bzw. grünen Bildschirm nach links, alle anderen in einen Gang nach rechts gebeten. Die meisten nicht-japanischen Passagiere gingen nach rechts. Danach kam ein neuer Schalter, an dem ich noch mal nach der App gefragt wurde, sowie nach einem kleinen Zettel zum eigenen Gesundheitszustandes, welcher bereits im Flugzeug verteilt wurde. Wiedereinreise, Gepäck, Zoll – vom Ausstieg aus dem Flugzeug bis zur Durchquerung des Zolls, der letzten Station “vor der Freiheit”, sollten keine 30 Minuten vergehen, und angesichts der sehr langen Fußwege in Narita war das wahrscheinlich ein neuer Rekord.

Sich wieder daran zu gewöhnen, dass alle eine Maske tragen, fiel nicht schwer, ich war es ja drei Jahre lang gewohnt. Aber über die Sturheit in Japan, dies auch überall konsequent zu tun, staunte ich dann doch ein bisschen – schließlich herrschte ja noch nie wirkliche Maskenpflicht im Land.

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Mehr und mehr Touristen seit Grenzöffnung

Seit meiner Reise hat sich die Zahl der Touristen in Japan jedoch spürbar erhöht. Die Zahlen für November sind (Stand heute) noch nicht bekannt gegeben, doch während im September 2022 rund 200.000 Ausländer nach Japan einreisten, waren es im Oktober bereits rund 500.000 – 2 ½-mal mehr also (und laut der Zahlen des JNTO waren neben mir weitere 8899 Deutsche im Oktober eingereist)[2]. Das ist noch weit entfernt von der Zeit vor Corona – im Oktober 2019 besuchten rund 2,5 Millionen Ausländerinnen und Ausländer Japan, gut 1 % davon aus Deutschland[3]. Doch die Zahl derer scheint seitdem stetig zuzunehmen: In Tōkyō sind auf jeden Fall spürbar mehr Touristen unterwegs. Es wird dennoch eine Weile dauern, bis sich die Zahlen wirklich erholen, was vor allem den aktuell hohen Flugpreisen geschuldet ist – aber auch der Tatsache, dass zum Beispiel chinesische Touristen noch immer nicht ohne Weiteres einreisen können.

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