Buchrezension: „Die Katzen von Shinjuku“ von Sukegawa Durian

Manuel Piwko
Manuel Piwko

Der neueste Roman von Sukegawa Durian lässt nicht nur die Herzen von Katzenliebhabern höherschlagen, sondern erzählt auch eine einfühlsame Geschichte über Freundschaft.

Mann mit Regenschirm blickt auf die Lichter von Shinjuku
Durians neuer Roman spielt in Shinjuku. Foto: Atul Vinayak

Shinjuku ist ein vielfältiges sowie kontrastreiches Viertel, welches im Westen Tōkyōs liegt. Am Tag lohnt es sich, durch den kaiserlichen Park zu flanieren oder seinen Blick über Tōkyō schweifen zu lassen, während man sich auf der 45. Etage des Rathauses von Shinjuku befindet. In der Nacht kann man durch ein mit Neonleuchten beschienenes Lichtermeer spazieren und sich in den unzähligen Spielhallen oder Bars verirren. „Die Katzen von Shinjuku“ von Sukegawa Durian unternimmt eine kleine Zeitreise und entführt den Leser in das bekannte Stadtviertel in den 80er-Jahren und erzählt dabei eine bittersüße und melancholische Geschichte.

Zwischen Mauern in einem steinernen Labyrinth

Im Zentrum der Geschichte stehen Yama, ein gescheiterter Fernsehautor in seinen Mittzwanzigern sowie Yume, eine Kellnerin in einer Bar namens Karinka.

Yama träumt davon, sich selbst zu verwirklichen, bleibt aber unzufrieden und gefangen in einem Job, der ihm nicht mehr gibt als das nötige Kleingeld, um sich über Wasser zu halten. Sein Vorgesetzter ist cholerisch und schikaniert Yama mit unmöglichen Aufgaben. Unter der Last beinahe zusammenbrechend, fühlt sich Yama mit einer Hoffnungslosigkeit konfrontiert, welche ihn verzweifeln lässt. Eines Abends verirrt er sich in die Bar Karinka im geschäftigen Viertel Shinjuku und ahnt dabei nicht, dass diese Bar sein Leben maßgeblich verändern wird. Augenblicklich wird er von der einzigartigen Atmosphäre in den Bann gezogen und beobachtet interessiert das Treiben in der kleinen Bar, in der nur eine Handvoll Gäste Platz finden.

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Er beobachtet die unverwechselbaren, teils sonderbaren Gäste und gibt ihnen Kosenamen aufgrund ihrer äußeren Erscheinung oder auch den Inhalten der Gespräche, denen er interessiert lauscht. Doch nicht nur die Stammgäste sorgen für den außergewöhnlichen Charme, welcher der Bar innewohnt. Yama erfährt recht schnell die unzertrennliche Verbundenheit von Katzen mit der Bar. Es ist üblich, im Laufe des Abends Katzenwetten abzuschließen, bei denen die Gäste darauf wetten, welche Katze zuerst im Fenster der Bar auftaucht. Mit Hilfe eines gezeichneten Katzenplans, der an der Kühlschranktür hinter der Theke hängt, lassen sich diese unterscheiden. Yama entscheidet sich fortan, diese Bar als eine Art Rückzugsort seines stressigen Arbeitslebens zu nutzen.

Im Laufe vieler Abende kommt er dabei mit der Kellnerin Yume ins Gespräch, welche auch den Katzenplan entworfen hat. Gezeichnet von ihrer eigenen Vergangenheit lässt diese für kurze Momente ihre eigene Verletzlichkeit aufblitzen. Vor allem dann, wenn sie sich liebevoll um die vierbeinigen Samtpfoten kümmert. Für diese schlägt und öffnet sich ihr Herz. Von dieser Hingabe beeindruckt, sucht Yama ihre Nähe und die beiden lernen sich besser kennen. Doch eines Tages holt die zwei die Vergangenheit ein und bringt ihre träumerische Hoffnung auf eine bessere Zukunft ins Wanken.

Die Herzen zweier Außenseiter vereint

„Die Katzen von Shinjuku“ ist zum einen eine düstere Erzählung zweier Menschen, deren ständige Wegbegleiter Sorgen, Ängste und die Dämonen der Vergangenheit sind. Doch es ist auch eine hoffnungsvolle Geschichte über die unendliche Energie, die man aus Träumen schöpft, wenn man diese nicht aus dem Blick verliert. Die Vierbeiner nehmen im Verlauf der Geschichte eine immer größere Rolle ein und versinnbildlichen die vielschichtigen Facetten unserer eigenen Persönlichkeit. Neben dem überraschenden Ende nimmt auch die Poesie eine bedeutende Rolle ein, die sich stimmig in das melancholische Gesamtwerk einfügt.

Sukegawa veröffentlicht mit „Die Katzen von Shinjuku“ eine gefühlvolle Prosa, welche mit sanften Tönen eine berührende Komposition erschafft. Damit ist das Buch nicht nur eine Empfehlung für Katzenfreunde, sondern auch für all diejenigen, denen der Sinn nach einer Geschichte ist, welche Hoffnung und Wehmut vereint und zwei Menschen in den Fokus stellt, die ihre Träume nie wirklich aus den Augen verlieren.

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Sukegawa Durian: Die Katzen von Shinjuku (Buchcover)

Sukegawa Durian:

Die Katzen von Shinjuku

Erschienen am: 12.02.2021

DuMont Buchverlag

272 Seiten

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