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Die japanische Staatsbürgerschaft annehmen: Vor- und Nachteile und was es zu beachten gibt

Matthias Reich
Matthias Reich

Wer jahrzehntelang in Japan lebt, dort Steuern bezahlt und Wurzeln geschlagen hat, steht irgendwann vor der Frage, ob man nicht die japanische Staatsbürgerschaft annehmen möchte. Das ist für Ausländer:innen zwar möglich, aber kein einfacher Prozess. Eine kleine Übersicht über die Vor- und Nachtteile sowie die Voraussetzungen.

Japanischer Pass
© Photo AC / kscz58ynk

Wenn man sich sicher ist, in Japan alt werden und nicht mehr dauerhaft ins Heimatland zurückkehren zu wollen, ist die auch unter dem Begriff “Naturalisierung” bekannte Annahme der Staatsbürgerschaft der Wahlheimat eine Alternative. In Japan hat das auf jeden Fall diverse Vorteile:

  1. Es gibt keinerlei vertragliche Hürden mehr.
  2. Man kann sich ins japanische Familienregister eintragen lassen.
  3. Etwaige Doppelbesteuerungen fallen weg.
  4. Der Reisepass kann einfacher erneuert werden – man muss nicht ständig zur eigenen Botschaft.
  5. Man kann am politischen Geschehen teilhaben – an Wahlen zum Beispiel, oder selbst in der Politik aktiv werden.
  6. Zwar nur ein psychologischer Aspekt, aber man ist damit endgültig in der Wahlheimat “angekommen”. 
  7. Man kann in Länder ohne Visum reisen, für die man anderenfalls ein Visum benötigen würde.

Visumsanträge und Doppelbesteuerungen vermeidbar

Punkt 3 ist dabei zum Beispiel vor allem für amerikanische Staatsbürger:innen relevant, denn diese müssen ab einem gewissen Einkommen sowohl in Japan als auch in den USA Steuern bezahlen. Für deutsche Staatsbürger:innen ist der Punkt jedoch auch interessant, denn die Beantragung der Steuerbefreiung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung in Deutschland ist aufwändig und lästig.

Punkt 7 ist in Sachen Reisefreiheit kein unbedingt wichtiger Aspekt, zumindest aus deutscher Sicht – der japanische und der deutsche Reisepass sind ähnlich “stark”, das bedeutet, mit beiden genießt man in fast allen Ländern Visafreiheit. Doch es gibt Ausnahmen: So kann man mit einem japanischen Reisepass völlig visafrei in die Volksrepublik China oder nach Vietnam einreisen, mit einem deutschen aktuell nicht.

Für viele eher relevant ist wahrscheinlich Punkt 5, denn durch die japanische Staatsbürgerschaft erhält man eine “Stimme” und kann, wenn man möchte, aktiv an der Politik teilhaben.

Im Auge des Betrachters: Japan als Tourist vs. Japan als WahlheimatWie ändert sich eigentlich das eigene Japanbild und die Sicht auf die japanische Gesellschaft, wenn man zuerst als Tourist ins Land kommt un...07.06.2019

Doppelte Staatsbürgerschaft

Kinder mit einem japanischen Elternteil haben es verhältnismäßig einfach, die japanische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Genauer gesagt müssen sich die Kinder, die eine doppelte Staatsbürgerschaft aufgrund der unterschiedlichen Nationalitäten der Eltern haben, bis zum 20. Lebensjahr entscheiden, welche Staatsbürgerschaft sie annehmen wollen. Für Ausländer:innen ohne japanische Vorfahren wird es schon etwas schwerer, denn es gibt ein paar “harte” Bedingungen: Zum Beispiel muss man älter als 20 Jahre sein und mindestens fünf Jahre mit gültigem Visum in Japan gelebt haben. Es gibt noch viele weitere “weiche” Bedingungen, bei der man auf den guten Willen des Gutachters oder der Gutachterin angewiesen ist.

So wird verlangt, dass:

  • man sich gut benommen hat und benimmt – basierend auf “sozialen Konventionen”
  • man finanziell unabhängig ist und sich selbst versorgen kann
  • man entweder bereits staatenlos ist oder die bisherige Staatsbürgerschaft ablegt – es sei denn, dies ist aufgrund der Gesetze des Heimatlandes nicht möglich
  • man nicht einer Organisation angehört, die das Ziel hat, die japanische Regierung zu stürzen

Dies sind laut Justizministerium die Mindestanforderungen – es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass man durchaus auch abgewiesen werden kann, selbst wenn man diese erfüllt.

Viele Ausländer:innen behalten ihre Staatsbürgerschaft

Die Zahl der Ausländer:innen, die die japanische Staatsbürgerschaft beantragen, war lange Zeit rückläufig und liegt aktuell bei ca. 600 Personen pro Jahr. Mehr als 95 % der Antragsteller:innen sind dabei erfolgreich, weniger als 5 % werden im Laufe des Verfahrens abgelehnt[1].

So gut die Vorteile einer Naturalisierung auch klingen – eine große Hürde für viele Ausländer:innen ist die Bedingung Japans, dass man seiner ursprünglichen Staatsbürgerschaft entsagen muss. Das ist im Falle Deutschlands zwar rechtlich möglich, aber ein großer Schritt. Man ist danach weder Bürger:in Deutschlands noch der EU (mit dem entsprechenden Verlust der Rechte, die damit zusammenhängen), und wenn man vielleicht doch irgendwann zurück möchte, hat man es wie jede:r andere ausländische Staatsbürger:in plötzlich mit der Ausländerbehörde zu tun – schließlich ist man ja jetzt Ausländer:in. Die Entscheidung, die japanische Staatsbürgerschaft anzunehmen, will also gut überlegt sein.

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[1] Quelle: https://www.moj.go.jp/content/001392229.pdf

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