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Mit Haushaltsroboter “ugo” in die Zukunft Japans

Kei Okishima
Kei Okishima

Ab 2020 soll der von Mira Robotics entwickelte Roboter „ugo“ Privatpersonen im Haushalt unterstützen. Er kann z.B. dabei helfen, Wäsche aufzuhängen und zusammenzulegen. Matsui Ken, der Vorstandsvorsitzende von Mira Robotics, erzählt im Interview von ugos Rolle als Bereicherung des Alltagslebens.

Haushaltsroboter ugo beim Wäsche falten

Weshalb hat Mira Robotics ugo entwickelt?

Seit einigen Jahren ist die Zahl elektrischer Haushaltsgeräte, die fachmännisch Aufgaben übernehmen, stetig am Wachsen. Wenn die jeweiligen Geräte jedoch ihre Funktion erfüllt haben, ist ihre Tätigkeit beendet. Die nächsten Schritte müssen von Menschen durchgeführt werden. Ein Beispiel ist das Wäschewaschen: Die Waschmaschine übernimmt die Reinigung der Wäsche, doch anschließend muss die Wäsche zum Trocknen aufgehängt und später zusammengelegt werden – von einem Menschen. So praktisch die verschiedenen Haushaltsgerätschaften auch sind; wenn es niemanden gibt, der sich um die weiteren Schritte kümmert, kann das zu einem Problem werden. Mit unserem Roboter möchten wir an dieser Stelle anknüpfen und so die alltäglichen Arbeitsweisen verändern.

Was sind die besonderen Merkmale von ugo?

Ugo ist ein mobiler Roboter mit zwei Armen. Ein Merkmal ist seine Fähigkeit, Aufgaben detailliert durchzuführen. Außerdem kann er aus der Ferne gesteuert werden. Bis jetzt sind durch künstliche Intelligenz
gesteuerte Roboter sehr häufig. Doch Fakt ist, dass man detailgenaues Arbeiten oftmals nicht den Robotern allein überlassen kann. Bei einer Präsentation von ugo haben wir den Roboter Kinderkleidung falten lassen. Diese Arbeit kann er durchführen, weil er von einem Menschen (mit einem speziellen Controller) aus der Ferne gesteuert wird.

Dieser Controller synchronisiert die Bewegungen der steuernden Person mit denen des Roboters. Wenn der Steuerer also die Bewegungen des Wäschefaltens imitiert, so führt der Roboter diese auch aus. Durch diese direkte Steuerung kann ugo verschiedene Aufgaben im Haushalt – wie Wäsche aufhängen und falten, Geschirr in die Spülmaschine einräumen, den Schreibtisch aufräumen oder dem Haustier Futter in den Napf geben – ausführen. Am Körper des Roboters sind auch ein Mikrofon und ein Lautsprecher angebracht, sodass er die Funktion eines Hauslehrers via Online-Unterricht übernehmen kann. Ein einzelner ugo kann so verschiedene Funktionen und Rollen übernehmen und diverse Dienste anbieten.

Die Hauptzielgruppe, für die ugo konzipiert ist, ist die arbeitende Gesellschaft. Obwohl alle sehr beschäftigt sind und der Bedarf an Unterstützung im Haushalt hoch ist, ist es doch ungewöhnlich,
ein solches Angebot wahrzunehmen. Viele Leute sagen, sie möchten nicht, dass jemand im Haus ist wenn sie nicht daheim sind, oder aber sie vertrauen ihre Privatsphäre nicht anderen Leuten an. Zusätzlich sind Haushaltsdienste wegen der geforderten Mobilität recht teuer. Ugo auf der anderen Seite schützt die Privatsphäre der Benutzer, auch wenn er dauerhaft in deren Häusern ist. Das Bild, das dem Maschinenführer übertragen wird, ist verschwommen. Selbst wenn dieser einen Blick in das Sparbuch werfen wollen würde, bietet ein Filter Sichtschutz. Per Smartphone App kann man auch die Option der Bewegungsunfähigkeit ugos einstellen.

ugo beim Wäsche aufhängen
Der Haushaltsroboter ugo hilft bei unterschiedlichen Aufgaben im Haushalt.

Der Service soll Mitte 2020 auf dem Markt erscheinen. Welche Kosten kommen auf Benutzer zu?

Momentan überlegen wir, den Roboter nicht zum Verkauf, sondern zum Verleih anzubieten, gegen eine Leihgebühr ab 25.000 Yen im Monat (rund 210 Euro). Wir stellen uns das ähnlich wie bei einem Handytarif vor, mit einer Grundgebühr und etwaigen Gebühren für Zusatzleistungen. Auch inklusive der Gebühr für die
Personensteuerung des Roboters, liegt der Gesamtpreis dennoch unter gängigen Diensten mit Hausbesuch.

Die externe Steuerung ist auch nicht für immer gedacht. Mit jeder wiederholten Bewegung lernt der Roboter, bestimmte Aufgaben selbstständig zu erledigen. Er sammelt die notwendigen Daten und schlussfolgert daraus die resultierende notwendige Aktion. Nach und nach werden der Bedarf an der externen Steuerung und somit auch die Steuerungsgebühr sinken.

Welches Ziel hat sich Mira Robotics gesetzt?

Zunächst möchten wir eine Plattform aufbauen, über die wir Haushaltsunterstützung als Fernservice anbieten. Der Privathaushalt ist eine Sache, aber auch anderswo fehlt es an ausreichend Arbeitskraft. In Kooperation mit verschiedenen Unternehmen möchten wir auch zur Lösung dieser gesellschaftlichen Probleme beitragen. Über unsere ferngesteuerten Dienste können wir verschiedene Services anbieten und mit Unternehmen zusammenarbeiten, etwa in den Bereichen der Gebäudewartung oder der Altenpflege.

Der Vorteil von ferngesteuerten Robotern ist, dass sie weltweit einsetzbar sind. So können sieals Lösungsstrategie für Fachkräftemangel fungieren. Man kann Aufträge aus dem Ausland annehmen und, wenn man die Zeitverschiebung effizient nutzt, rund um die Uhr Dienste anbieten. In Japan ist der Mangel qualifizierter Fachkräfte besonders gravierend und die Maßnahmen zur Arbeitsmigration sind noch nicht ausgereift genug. Daher werden wir die Probleme, die in der Zukunft noch auf uns zukommen werden, ohne die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine nicht lösen können. So könnte Japan, dessen Modelle sich im Zuge der Überalterung vieler Länder auch global verbreiten könnten, eine Vorbildrolle einnehmen.

Wie steht es global gesehen generell um japanische Robotik?

Ich denke, Roboter übertreffen alles, sie haben so viel Potenzial. Vor allem industrielle Roboter sind bereits sehr fortgeschritten und weltweit stark vertreten. Andererseits werden im Alltag Roboter an der Seite der Menschen noch kaum verwendet. Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen der hohe Preis und zum anderen, dass sich deren Einsatz für nur eine einzige Funktion oft nicht lohnt. Wir versuchen unsere Roboter so günstig wie möglich herzustellen, sodass sie praktischen Nutzen und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis haben.

Gibt es eine Besonderheit der japanischen Produktionsweise?

Die japanische Produktion legt viel Wert auf die Qualität und Beschaffenheit der Ware. Es gibt die Tendenz, dieses Bedürfnis, das Produkt müsse perfekt sein, auf die Spitze zu treiben. In der Folge wird manchmal außer Acht gelassen, ob das aus der Perspektive der Nutzer wirklich notwendig ist. Dem Nutzer schnell ein Produkt zur Verfügung zu stellen und dessen Feedback zu erhalten, ist sehr wichtig; so kann man die Probleme aber auch die Bedürfnisse der Nutzer evaluieren. Ugo ist seit Sommer 2019 für eine Probezeit in japanischen Haushalten im Einsatz. Wir haben vor, mit dem Feedback, das wir bekommen, den Roboter zu verbessern.

Welche Probleme antizipieren Sie in der Zukunft?

Neben der Kapitalbeschaffung möchten wir auch den Ausbau von ugos Fähigkeiten anvisieren. Es ist gut möglich, dass der Bedarf auch außerhalb der von uns angestrebten Felder groß ist und Leute Hilfe benötigen. Wir möchten es zur Realität machen, dass man Roboter in den unterschiedlichsten Bereichen einsetzen kann. Dafür möchten wir weiterhin Partnerschaften aufbauen.


Dieser Artikel wurde für die Oktober-Ausgabe des JAPANDIGEST 2019 verfasst und für die Veröffentlichung auf der Website nachbearbeitet.

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