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Amezaiku: Süße Kunst zum Vernaschen

Sina Arauner
Sina Arauner

Amezaiku – zuckersüße und intrikat kunstvoll gestaltete Bonbons – waren besonders in der Edo-Zeit beliebt. Heutzutage wird das Handwerk kaum mehr professionell ausgeführt. Eine Handvoll Meister begeistern ihre Kunden dennoch mit der süßen Verführung.

Amezaiku Drachenfigur

Elegant schlängelt sich ein blauer Drache um einen Holzstab – eine feine Figur, wie aus Glas geblasen. Nicht um eine hübsche Glasdekoration handelt es sich jedoch, sondern um ein Amezaiku – ein aus Zuckersirup hergestelltes und kunstvoll modelliertes Bonbon. Nicht nur schmecken Amezaiku fein, bei der Herstellung zuzusehen ist fast schon eine Unterhaltungsform. Denn dabei sind Geschick und flinke Hände erforderlich.

Als süße Opfergaben an Tempeln sollen Amezaiku im 8. Jahrhundert aus China nach Japan gekommen sein. In der Edo-Zeit erreichte die Beliebtheit von Amezaiku ihren Höhepunkt und zahlreiche Straßenkünstler zogen von Stadt zu Stadt, von Fest zu Fest, wo sie an Straßenständen die Zuckerfigürchen vor staunendem Publikum herbeizauberten und feil boten. So entwickelte sich die Herstellung von Amezaiku zu einer regelrechten Show, die zahlreiche Zuschauer anlockte.

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Gemälde von Robert Frederick Blum: Szene eines Straßenstandes, an dem Süßigkeiten verlauft werden mit Kunden
"The Ameya" vom US-amerikanischen Künstler Robert Frederick Blum (1893)

Immer strengere Regulierungen zur Produktion und dem Verkauf von Lebensmitteln auf der Straße haben die Zahlen der ame shokunin, also der Amezaiku-Hersteller, stark dezimiert. Heute gibt es in ganz Japan wohl nur noch weniger als 50 von ihnen. Doch auch bei jüngeren Generationen ist das Handwerk noch nicht ganz in Vergessenheit geraten und Amezaiku-Meister setzen sich dafür ein, die Tradition am Leben zu erhalten.

Mizuame: Heißer, formbarer Zuckersirup

Die Hauptzutat in Amezaiku ist Mizuame, eine klebrig-zähe Masse aus Glukosesirup. Mizuame wird als Süßmittel und in vielen Wagashi eingesetzt, etwa um diese zu kandieren oder den Süßwaren einen schönen Glanz zu verleihen. Mizuame wird meist aus Klebreis-, manchmal aus geschmacklich etwas dezenterem Kartoffelmehl hergestellt. Dabei wird Malz für eine enzymatische Spaltung eingesetzt und es entsteht Zucker.

Mizuame, das von einem holzlöffel in eine Schale tropft

Neben Mizuame werden Wasser, Zucker und manchmal Aromen wie etwa Ingwer zugegeben. Da die Konsistenz der Masse zum erfolgreichen Modellieren extrem wichtig ist, muss die richtige Dosierung der einzelnen Zutaten an äußere Faktoren wie etwa die Umgebungstemperatur oder die Luftfeuchtigkeit angepasst werden, was mitunter eine der Herausforderungen bei der Herstellung ist.

Die Masse wird über Kohle oder heute auch einem elektrischen Herd auf etwa 80 bis 90 °C erhitzt, was sie gut dehn- und formbar macht. Mit bloßen Händen modellieren die ame shokunin die heiße Masse innerhalb weniger Minuten durch Kneten, Ziehen und Drücken in die gewünschte Form. Intrikate Details werden mithilfe von Werkzeugen wie Pinzetten oder Scheren eingearbeitet. Die Modellierung muss schnell von statten gehen, denn nach etwa fünf Minuten ist die Masse so hart, dass sie nicht weiter bearbeitet werden kann. Mit Lebensmittelfarbe bekommen die Figürchen nun ihren Anstrich. Das Ergebnis ist nicht selten eine kunstvolle Figur, die eigentlich zu hübsch zum Verzehren ist.

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Goldfisch-Amezaiku-Figur
© Hiroaki Kikuchi / Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0

Amezaiku in Tōkyō erleben

Trotz der sinkenden Zahl an Amezaiku-Läden, gibt es dennoch einige Orte wo Sie Amezaiku kaufen, die Herstellung beobachten oder bei Workshops gar selbst Hand anlegen können.

Asakusa Amezaiku Ameshin (Geschäfte in Taitō und Sumida)

Amezaiku Yoshihara (Geschäft in Bunkyō)


Verwendete Fotolizensen: CC BY-SA 4.0

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