Der japanische Weltmusiker: Sakamoto Ryūichi im Portrait

Matthias Reich
Matthias Reich

Spätestens mit der 68. Berlinale wurde Sakamoto vielen ein Begriff – als Jurymitglied und durch einen Festivalbeitrag mit ihm in der Hauptrolle. Viele kannten seine Werke bereits vorher – ohne seinen Namen zu kennen. Wer ist eigentlich Sakamoto Ryūichi?

Sakamoto Ryuichi
(c) Jens Kalaene/DPA/PA Images

Der japanische Festivalbeitrag bei der 68. Berlinale im Februar 2018, Sakamoto Ryūichi –  PERFORMANCE IN NEW YORK : async, war als solcher sowohl für Cineasten als auch für Musikliebhaber ein Leckerbissen. Doch Sakamotos Berufung in die Jury setzte dem ganzen noch ein Sahnehäubchen auf und bestätigte den japanischen Spitznamen des Künstlers: “Sekai no Sakamoto” wird er anerkennend in Japan genannt. Das bedeutet in etwa “der Sakamoto der Welt” – oder, um es modern zu halten: der “globale Sakamoto”.  Schließlich hat er es schon als Musiker sehr früh geschafft, nicht nur im eigenen Land, sondern auch weltweit bekannt zu werden.

 

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Sakamoto Ryūichi mit Kitano Takeshi, der ebenfalls zu Japans Multitalenten zählt.

Sakamoto: Eine steile Künstlerkarriere

Auf manchen Fotos erinnert der 1952 geborene Sakamoto ein bisschen an Andy Warhol. Und hört und sieht man ihn so reden, so merkt man schnell, dass er durch und durch Künstler ist. Nach dem Studium an einer Universität für Künste begann er in den 1970ern eine Karriere als Musiker. Seine erste nennenswerte Band, das Yellow Magic Orchestra (YMO), wurde damals auch schon international bekannt – für richtungsweisenden Elektropop, quasi das “Kraftwerk” Japans. Sakamoto war damals Keyboarder, und mit dem YMO ging es sogar auf Welttournee. Es gibt keine Japaner, im Alter zwischen 40 und 50 Jahren, die das Yellow Magic Orchestra nicht kennen. Es gibt sogar eine ganz bestimmte Frisur, die eng mit der Bandgeschichte verbunden ist.

Der rastlose Musiker

​Seitdem ist Sakamoto schlichtweg rastlos: Als Komponist, Musiker, Produzent, Pianist, Keyboarder, Tänzer, Schriftsteller und einiges mehr produziert er so viel wie kaum ein anderer. Seine Beharrlichkeit und vor allem Experimentierfreude zahlte sich aus: 1992 komponierte er die Musik für die Eröffnungszeremonie der Olympische Spiele in Barcelona. Außerdem machte er sich einen großen Namen als Filmmusiker – so stammt unter anderem die Musik für Furyo – Merry Christmas, Mr. Lawrence (mit David Bowie und Sakamoto persönlich in den Hauptrollen), Der letzte Kaiser oder, um auf die Gegenwart zurückzukommen, von The Revenant – Der Rückkehrer mit Leonardo DiCaprio von ihm. Dafür gewann der rastlose Musiker einen Oskar und zahllose andere, hochdotierte Preise. Neben David Bowie arbeitete er unter anderem auch mit Berühmtheiten wie Michael Jackson, Madonna, Youssou N’Dour zusammen.

Weltberühmter Meister der experimentellen Musik

In Japan kennt jeder, aber auch wirklich jeder, die Titelmelodie aus dem Film Furyo –  Merry Christmas, Mr. Lawrence. Auch der Name Sakamoto ist jedermann ein Begriff, gibt es doch kaum einen japanischen Künstler, der es zu ähnlich viel Weltruhm geschafft hat wie der “globale Sakamoto”. Sein Kommentar zum eigenen Berlinale-Beitrag sprach dabei für das strotzende Selbstbewusstsein des Künstlers: Die Kompositionen des async-Konzertes, aufgeführt vor lediglich 200 handverlesenen Gästen, in New York hätten es ihm dermaßen angetan, dass er sie anfangs mit niemandem teilen wollte. Zum Glück hat er seine Meinung geändert, denn es wäre eine Schande gewesen, dieses neue, etwas andere Opus den Musikfreunden dieser Welt vorzuenthalten.

Sein neuestes und im besagten Konzert aufgeführtes Album Async ist, typisch Sakamoto, ein eher leises Album, aber ganz sicher keine Kaffeehausmusik: Experimentelle Klangcollagen, mal instrumental, mal durchzogen mit Textpassagen (fullmoon), zwingen den Zuhörer regelrecht zum konzentrierten Zuhören – zumindest, wenn man die Titel zum ersten Mal hört. Spärliche Klavierpassagen, gepaart mit Minimalelektronik, schaffen eine ganz eigenwillige, fast räumlich greifbare Atmosphäre. Anspieltipp: andata und life, life.

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