Während in der deutschen Zeitzone das neue Jahr noch nicht angebrochen ist, hat so mancher Japaner schon den ersten Sonnenaufgang des Jahres (Hatsu-hinode 初日の出) bewundert und macht sich langsam auf den Weg zum Schrein, um dort den ersten Schreinbesuch des Jahres (Hatsu-mode 初詣) zu begehen. Hier werden die Götter um etwas gebeten (Gankake 願掛け), sowie Orakel (O-Mikuji おみくじ) und Glücksbringer gekauft.
In der Nähe größerer Schreine gibt es häufig auch ein vielfältiges kulinarisches Angebot und vielerorts wird kostenlos warmer Amazake (甘酒) verteilt. Doch da man zuhause bereits die traditionellen Neujahrsgerichte und die Neujahrssuppe (O-Zōni お雑煮) gegessen hat, ist vermutlich meist nicht mehr allzu viel Spielraum im Magen der Schreinbesucher.

Neujahrspost und ihre Ursprünge
Was außerdem am 1. Januar erledigt werden muss, ist das Überprüfen des eigenen Briefkastens. Denn auch wenn an den Feiertagen keine normale Post verteilt wird, findet man doch üblicherweise am Neujahrsmorgen einen großen Stapel von speziellen Postkarten im eigenen Briefkasten.
Es sind die sogenannten Nenga-hagaki (年賀はがき) von denen ein durchschnittlicher Japaner (trotz jährlich sinkender Zahlen) ca. 40 schreibt. Bekommt man eine solche (in den meisten Fällen mit einer Nummer für die Neujahrslotterie der Post versehene) Postkarte von jemandem, dem man selbst keine geschickt hat, hat man noch bis zum 7. Januar Zeit, einen Gruß zurückzuschicken.
Der Ursprung dieses Neujahrsgrüßes geht bis in die Heian-Zeit zurück. Zu dieser Zeit wurden Verwandten und Menschen, denen man im letzten Jahr etwas zu verdanken hatte, zu Beginn des neuen Jahres ein Besuch abgestattet. Mit den steigenden Bevölkerungszahlen in der Edo-Zeit verbreitete sich auch der Brauch, schriftliche Grüße in den jeweiligen Häusern zu hinterlassen, welcher mit Beginn des staatlichen Postsystems in der Meiji-Zeit schließlich seine heutige Form annahm.

Der Beginn des neuen Jahr im geschäftlichen Bereich
Im geschäftlichen Bereich werden ebenfalls Neujahrsgrüße verschickt. Doch da diese genaugenommen nur ein „Ersatz“ des sich gebührenden Höflichkeitsbesuches sind, werden wichtige Geschäftspartner immer noch persönlich aufgesucht und um eine weiterhin gute Zusammenarbeit im nächsten Jahr gebeten.
So kommt es, dass einem die Gruppen der in den Straßen herumlaufenden Salaryman (サラリーマン) in den ersten Tagen des Januars noch zahlreicher vorkommen als sonst. Bei dieser Gelegenheit werden oft Süßigkeiten oder andere kleine Geschenke wie Handtücher verteilt.

Die richtige Begrüßungsfloskel
Die Begrüßung, die hierbei in aller Munde ist, lautet Akemashite omedetō gozaimasu (あけましておめでとうございます). Das deutsche Pendant dazu lautet „Frohes neues Jahr!“, doch strenggenommen heißt es übersetzt „Es ist eine glückliche [Sache], dass [das Jahr] begonnen hat.“
Und sogleich folgt der Satz: Kotoshi mo yoroshiku o-negai shimasu (今年もよろしくお願いします), mit dem um eine weiterhin gute Zusammenarbeit im beginnenden Jahr gebeten wird. Nicht nur jedes Gespräch, sondern auch jede E-Mail und jeder Brief in der ersten Hälfte des Januars beinhaltet diese Phrase.
Das mag nach dem 100. Mal schon etwas abgedroschen klingen, ist jedoch ein wichtiger Teil der Neujahrskultur. Jugendliche kürzen dies in letzter Zeit nicht selten mit einem Akeome, kotoyoro ab, doch diese Wendung sollte mit Vorsicht genossen werden, da hier jegliche Höflichkeit fehlt.

Gemeinsam auf das neue Jahr anstoßen: Neujahrsbegrüßungsfeiern
Viele Organisationen und Vereine veranstalten übrigens Neujahrsbegrüßungsfeiern, bei denen sich Mitglieder und andere Gäste austauschen können. Gemeinsam kann über das vergangene Jahr reflektiert und auf den Beginn des neuen Jahres angestoßen werden. Hierbei gibt es zunächst oft eine Rede eines hochrangigen Vertreters und schließlich wird gemeinsam in lustiger Atmosphäre gegessen und getrunken.
Was eine Neujahrsbegrüßungsfeier von einer Neujahrsfeier unterscheidet, ist eigentlich nur der etwas geschäftlichere Anspruch – man sollte also auf jeden Fall seine Visitenkarte dabei haben.
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