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05. Oktober 2016 – Abe umgeht Kritik an LDP-Verfassungsentwurf

Sina Arauner
Sina Arauner

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Er sei nicht verpflichtet, sich Kritik gegenüber zu äußern – diese Position machte sich Japans Premierminister Abe Shinzō 安倍晋三 im Zuge von Beanstandungen am Verfassungsentwurf der LDP (Liberaldemokratische Partei, Jimintō 自民党) durch die Opposition seit den Parlamentssitzungen zu Haushaltsfragen ab dem 26. September 2016 zu eigen.  

Ein Schwerpunkt der Kritik der Opposition lag auf der geplanten Reform des 24. Verfassungsartikels (dai nijūyon jō 第24条), insbesondere auf der Formulierung des “Zwanges gegenseitiger familiärer Unterstützung” im Falle sozialer Not.

Zwar beinhaltet der aktuelle Artikel 24 bereits eine Absicherung durch die Familie. Die durch die Abe-Regierung vorgeschlagene Umformulierung behält die “gegenseitige familiäre Unterstützung” (kazoku no tasukeai 家族の助け合い) bei, erhebt diese aber zur Pflicht (tagai ni tasuke awanakereba naranai 互いに助け合わなければならない).

Alter Text: 日本国民は、国と郷土を誇りと気概を持って自ら守り、基本的人権を尊重するとともに、和を尊び、家族や社会全体が互いに助け合って国家を形成する。

Neuer Text: 家族は、社会の自然かつ基礎的な単位として、尊重される。家族は、互いに助け合わなければならない。

Seit Beginn der Sitzungen des Repräsentantenhauses (Shūgiin 衆議院) in der vergangenen Woche verweigerte Abe inhaltliche Äußerungen zu Kritik an diesen Formulierungen.

Renhō 蓮舫, die Vorsitzende der oppositionellen Demokratischen Fortschrittspartei (Minshintō 民進党), zeigte sich konsterniert. Sie sei sprachlos, dass Abe zu denken scheine, selbst entscheiden zu können, welche Themen durch das Parlament angesprochen werden dürften, teilte sie der Presse nach der Sitzung des Haushaltsausschusses am Mittwoch, den 5. Oktober 2016, mit.

 

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Abe bei einer Sitzung des Haushaltskommitees am 05. Oktober 2016 ©Cabinet Public Relations Office, Cabinet Secretariat

Abe erklärte während der Sitzung, er nehme in seiner Funktion als Premierminister teil, und als solcher wäre es seine Aufgabe, Fragen zu den Haushaltsplänen der Regierung zu beantworten. Inhaltliche Diskussionen über den Verfassungsentwurf der LDP wären vor der Verfassungskommission (kenpō shinsakai 憲法審査会), nicht dem Haushaltskommitee (yosan iinkai 予算委員会) auszutragen.

Renhō drückte mit Blick auf die Neuformulierung von Artikel 24 Befürchtungen um die soziale Sicherheit aus. Ihrer Argumentation nach könne die Klausel zu Sparmaßnahmen unter dem Vorwand, die Familie, nicht der Staat, müsse sich um Hilfsbedürftige kümmern, führen. Außerdem sei die Rolle der Familie ein ethisches Konzept, und eine Verankerung des Zwangs sozialer Unterstützung sei nicht mit den sich ändernden Normen der Familie und den individuellen Freiheiten vereinbar.

Laut der Webseite der LDP sei das Ziel dieser Klausel, familiäre Bande zu stärken, die in den letzten Jahren zunehmend schwächer geworden seien. Abe selbst kommentierte lediglich, dass der Entwurf wohl nicht in seiner derzeitigen Form einer Volksabstimmung vorgelegt werden würde. Ob er seine Taktik des Verweigerns konkreter Stellungnahmen weiter praktizieren wird, bleibt abzuwarten.

Seit der Oberhauswahl im Juli 2016 verfügt die Regierungskoalition um Abe über die absolute Parlamentsmehrheit. Dies befähigt die Regierung, Verfassungsänderungen auf den Weg zu bringen. Am jetzigen Verfassungsentwurf arbeitet die LDP seit 2012.

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