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Interview: Keramikkünstlerin Masumoto Keiko

JAPANDIGEST
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Die Objekte scheinen schier aus der Keramik herausspringen zu wollen. Künstlerin Masumoto Keiko verbindet traditionelles Keramikhandwerk mit kontemporärem Design – und kreiert so lebhafte Kunstwerke, die auf der ganzen Welt geschätzt werden.

keramik von Masumoto Keiko
(c) Masumoto Keiko

Woher stammt die Inspiration für Ihre Kunstwerke?

Es gibt einen Teekessel aus der Edo-Zeit, namens Tsuru no kama (Kranichtopf), vom berühmten Töpfer Ōnishi Jōsei. Unter all den Utensilien der Teezeremonie mochte ich Kessel zwar schon immer, aber das gewagte Kranichdesign schockierte mich. „Ist das wirklich nur Verzierung? Ist das denn nicht eigentlich ein Kranich?“ dachte ich mir. Nichtsdestotrotz war der Kessel das Hauptwerk und der Kranich nur die untergeordnete Dekoration. Von Anfang an wollte ich diese hierarchische Dynamik zwischen Gefäß und Verzierung durchbrechen.

keramik von Masumoto Keiko
(c) Masumoto Keiko

Welche Aspekte Ihres Schaffens bereiten Ihnen Schwierigkeiten?

Man kann sagen, dass ich technisch nicht so begabt bin. Es gibt verschiedene Techniken in der Töpferei, eine Figur an die Keramik anzubringen; mit sehr feinem, realistischem Ergebnis. Ich versuche jedoch, die Figuren an das Medium der Töpferei anzupassen und verwende wenig scharfe Kanten. Ich möchte so ein weiches, geschmeidiges Gefühl vermitteln. Das ist mein Stil, aber die Technik will ich trotzdem verbessern. Weil ich jedes Mal mit unterschiedlichen Materialien arbeite, erlebe ich dabei auch viele Misserfolge.

Wie entwickeln Sie die Ideen für Ihre Werke?

Ich betrachte klassische Werke und stelle mir vor, wie ein Gegenstand daraus hervorkommt. Von der Idee zum Produkt sind es sechs Schritte: Ich skizziere die Idee, entscheide eine Form für das Gefäß und modelliere einen Prototypen, um die Kombination von Form und Motiv auszuprobieren. Anschließend töpfere ich das Gefäß, bringe das Motiv an und zum Schluss wird noch dekoriert und natürlich gebrannt. Am schwierigsten sind die ersten drei Schritte von der Idee zur Ausführung. Der Rest ist nur noch Arbeit.

keramik von Masumoto Keiko
(c) Masumoto Keiko

Sie beschäftigen sich seit Ihrer Kindheit mit der Teezeremonie. Die Bedeutung dieser ist für Kinder nicht unbedingt leicht zu erfassen, oder?

Ich hatte einfach Spaß dabei, mit den verschiedenen Utensilien zu hantieren und mehr über deren Hintergründe zu erfahren. Die Lehrerin war eine niedliche, ältere Dame und auch die Utensilien waren eher süß als elegant. Danach lernte ich bei einem Lehrer in Kyōto: über die Utensilien und deren Geschichte als oberste Wahrheit. Wenn ich von Anfang an so gelernt hätte, hätte alles anders kommen können. Vielleicht wäre ich sogar gar nicht auf den Gedanken gekommen, zu töpfern.

keramik von Masumoto Keiko
(c) Masumoto Keiko

Bei Ihren Auslandsaufenthalten haben Sie sicherlich Erfahrungen gemacht, die in Japan unmöglich gewesen wären. Haben diese Erinnerungen einen Einfluss auf Ihre Arbeit?

Meine Zeit in England und den USA war sehr inspirierend. Ich probierte mich an Werken im westlichen Stil. Symmetrische Anordnungen etwa sind in Japan nicht verbreitet. Für mich fühlte es sich aber natürlicher an, japanische Keramiken herzustellen, also kehrte ich zu meinen Wurzeln zurück.

Haben Sie ein Motto?

Vielleicht „Vertrautheit, Überraschung, Humor“. Es kommt vor, dass ich mich in ein Projekt stürze und erst mittendrin merke, dass es mir gar keinen Spaß macht. Dann funktioniert das Ergebnis nicht.

keramik von Masumoto Keiko
(c) Masumoto Keiko

Waren Sie schonmal in Deutschland?

Als ich in England lebte, habe ich Bekannte in Deutschland besucht. Einen unerwartet starken Eindruck hinterließ das Deutsche Jagd- und Fischereimuseum in München, danach wollte ich selbst einen Jagdschein machen. Die Kultur ist so anders als in Japan. Ich besuchte auch die keramische Sammlung im Schloss Charlottenburg und war überrascht über die vielen ostasiatischen Exponate. Am Hamburger Bahnhof sah ich eine Ausstellung von Joseph Beuys und war überwältigt von seinem Weltbild. Einfach aufrichtig.

Über Masumoto Keiko

2007: Master-Abschluss in Keramik von der Kyoto City University of Arts
2007: Unterrichtet im Keramikstudio Fumonsha in Kyōto
2010: Teilnahme am Residenzprogramm der University of the Arts in Philadelphia, USA
2011: Studiokünstlerin bei Tōgei no Mori in Shigaraki
2012: Assistenz an der Kobe Design University
2013: Residenzkünstlerin am Victoria and Albert Museum in London, England
Seither als Künstlerin in Shigaraki tätig

Dieser Text wurde von Mai Schmidt für die April-Ausgabe des JAPANDIGEST verfasst und von Sina Arauner aus dem Japanischen übersetzt und für die Veröffentlichung im Printmagazin und auf der Webseite nachbearbeitet. Eine Übersicht über weitere Artikel finden Sie hier:

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