Fast unscheinbar liegt die kleine Stadt Yame, eingebettet zwischen den Flüssen Chikugo und Yabe in der Präfektur Fukuoka auf Kyūshū. Dank des fruchtbaren Bodens und der idealen klimatischen Bedingungen gedeihen dort prächtig die zartgrünen Teepflanzen, aus denen der beste Gyokuro des Landes gewonnen wird. Nach einer kalten Nacht steigt von den Flüssen morgendlicher Nebel auf, der die Teeplantagen einhüllt. Die hohe Luftfeuchtigkeit und die kühlen Nächte schützen die Teeblätter vor dem Austrocknen und gewährleisten ihre hervorragende Qualität. Daher ist der Yamecha reich an Theanin, Glutaminsäure und Arginin, die das kräftig-süße Aroma fördern. Liebevoll nennen die Einwohner die Stadt auch cha no kuni („Land des Tees“). Rund 90 Prozent der Teefarmen der Präfektur Fukuoka befinden sich in Yame und dem Umland, wo jährlich circa 1890 Tonnen Grüntee produziert werden. 3 Prozent des japanischen Grüntees werden in Yame produziert, was im Vergleich zur Präfektur Shizuoka tatsächlich recht wenig ist. Die Teebauern von Yame legen ihr Augenmerk auf die Qualität des Tees und produzieren einen der hochwertigsten Grüntees Japans – den Yamecha. Mit seinem tiefen, vollmundigen Geschmack und der intensiven grünen Farbe begeistert er mittlerweile Teeliebhaber auf der ganzen Welt.

Der Yamecha
Wer sich eingehend mit der Welt des japanischen Grüntees beschäftigt, der wird vermehrt auf die Teenamen Sayamacha (aus der Präfektur Saitama), den Ujicha (aus der Stadt Uji) und den Shizuokacha (aus der Präfektur Shizuoka) stoßen. Diese nehmen die drei besten Plätze in der Rangordnung des japanischen Grüntees ein. Jedoch ist Grüntee nicht gleich Grüntee: Je nachdem, wie er produziert wird, lässt sich den grünen Blättern der Teepflanze ein anderes Aroma entlockt. Am bekanntesten ist sicherlich der gewöhnliche Sencha, der aus nicht beschatteten Teeblättern gewonnen wird. Aufgrund seines recht anspruchslosen Anbau ist er die am meisten produzierte Teesorte Japans. Der feinere und teurere Tee hingegen wird halb- bis vollbeschattet angebaut. Der König unter ihnen ist der Gyokuro. Einmal jährlich findet der nationale Teewettbewerb des Ministeriums für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei in Japan statt. Das Teeanbaugebiet Yame schaffte es in der Kategorie Gyokuro auf den ersten Platz und gewann zwölfmal in Folge die Auszeichnung für den „Area Award“. Yamecha trägt mit gutem Recht ebenfalls den Namen Meicha, was so viel wie „luxuriöser Tee“ bedeutet.

1952 entschlossen sich die Teebauern von Fukuoka dazu nicht nur den Tee aus Yame unter dem Namen Yamecha zu verkaufen, sondern auch den aus dem Umland. Der Begriff „Yamecha“ umfasst nicht nur den hochwertigen Gyokuro, sondern auch andere Herstellungsvarianten wie Sencha (unbeschattete, gedämpfte Teeblätter), Kabusecha (halbbeschattete, gedämpfte Teeblätter) oder Kukicha („Reste“ wie Stängel oder zerrissene Teeblätter vom Sencha oder Gyokuro). Allerdings werden rund 45 Prozent der Teepflanzen als Gyokuro produziert. Der „Yame Dentō Hon Gyokuro“ ist einer der teuersten Tees in Japan und wird nur in äußerst geringen Mengen hergestellt. Der Begriff „Yamecha“ hat sich zu einem berühmten Markennamen etabliert. Dadurch konnte die Marke gestärkt werden und fand überall in Japan Anklang auf dem Teemarkt. Die konkreten Anbauorte, die außerhalb von Yame liegen sind als Untermarken auf dem „Yamecha“ gekennzeichnet. Dazu zählen der Hoshinocha, der Kasaharacha und der Chikugocha. Zum Kasaharacha sollte ergänzt werden, dass er der Ursprung vom Yamecha ist. Dazu eine kleine Geschichte aus der Vergangenheit:
Wir befinden uns im 13. Jahrhundert in einem Bergdorf im Norden der Kleinstadt Kuroki, die sich in der weitaus größeren Stadt Yame befindet. Der ehrwürdige Zen-Meister Eirin Shuzui ließ unweit vom Kasahara-Fluss den Reigenji-Tempel erbauen. Zuvor war er durch das China der Ming-Dynastie (1326-1644) gereist, um die Kultur und Traditionen zu studieren. Er kehrte mit kleinen Samen nach Japan zurück: Samen der Yabukita Teepflanze, aus der der Yamecha (Kasaharacha) hergestellt wird. Ihr ursprünglicher Name wurde vom Kasahara-Fluss abgeleitet. Die Samen pflanzte er an den Berghängen von Yame, die ihn an den Berg Lingyan in China erinnerten. Der Teeanbau expandierte bis zur Mitte des 18. Jahrunderts in Fukuoka. Die Nachfrage nach dem Yamecha stieg so sehr an, dass er sogar zum Verkauf an Ausländer bis nach Nagasaki geliefert wurde. Im 19. Jahrhundert gelangte das Wissen über den Teeanbau bis nach Uji in der Präfektur Kyōto, die heutzutage berühmt für ihren Matcha ist.
Seit jeher gilt der Reigenji-Tempel als Wegbereiter für den Teeanbau im südlichen Japan. Jedes Jahr in der 88. Nacht des Jahres findet eine Teezeremonie statt, die zu Ehren von Eirin Shuzui gehalten wird.
Die zentrale Teeplantage von Yame
Auf einer Fläche von circa 70 Hektar erstreckt sich die touristisch erschlossene große Teeplantage von Yame. Eine schmale asphaltierte Straße windet sich den Berg hinauf. Oben angekommen wartet auf den Besucher ein spektakulärer Blick auf die Teeplantage. Ein kleines Cafe lädt zum Teetrinken und Verweilen ein. Manchmal erhascht man einen Blick auf Teebauern, die auf der Plantage ihrer Arbeit nachgehen. Vor allem zu den drei Haupterntezeiten innerhalb des Jahres herrscht reges Treiben: Von Ende April bis Mitte Mai wird der Shincha („neuer Tee“; erste Ernte) geerntet, die geschmacklich intensivste Ernte. Darauf folgt der Nibancha (zweite Ernte) von Juni bis Juli. Und der Sanbancha (dritte Ernte) wird im August gepflückt.

In zahlreichen Teegeschäften und Teehäusern, die über die ganze Stadt verteilt sind, kann die aktuelle Teeernte je nach Jahreszeit erworben werden. Doch das Kontingent ist meist begrenzt, weil die Stadt auf Qualität statt auf Quantität setzt. Schnell sein lohnt sich in diesem Fall, um diesen wirklich köstlichen Tee mit nach Hause nehmen zu können!
Anfahrt:
Vom Hakata JR Bahnhof mit dem JR Kyushu Shinkansen sind es 24 Haltestellen bis zur Station Chikugo Funagoya. Danach ist es ratsam für eine bequeme Weiterreise ein Taxi bis zur zentralen Teeplantage zu nehmen. Die Fahrt dauert etwa 30 Minuten.
Schöne Teehäuser in Yame
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