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Tee in Japan: mehr als nur ein Getränk

Kerstin Coopmann
Kerstin Coopmann

Ob nun der intensive, süßlich-herbe Matcha zur traditionellen Teezeremonie oder ein leichter, erfrischender Sencha im Alltag – japanischer Grüntee ist besonders vielseitig und spielt in der Kultur Japans eine wichtige Rolle.

Teeernte
(c) photo-ac

Grüner Tee wird in Japan schon seit vielen Jahrhunderten getrunken. Einst ein Getränk der Mönche und Adeligen, ist er heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Japaner bieten ihn ihren Gästen an, trinken ihn zum Essen im Restaurant – hier gibt es ihn sogar kostenlos – oder kaufen ihn unterwegs in PET-Flaschen. Auch das Erlernen der komplexen, traditionellen Teezeremonie erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit.

Japanischer Tee wird besonders wegen seiner hohen Qualität und Sortenvielfalt geschätzt. Denn obwohl das Land fast ausschließlich Grüntee produziert, gibt es dank der verschiedenen Anbau- und Verarbeitungsmethoden eine faszinierende Vielfalt an Geschmacksvariationen.

Japanischer Grüntee
Die leuchtend grüne Farbe ist charakteristisch für japanischen Grüntee. (c) photo-ac

Tee in Japan: Eine lange Tradition

Die Kultur des Teetrinkens erreichte Japan über China. Während der Nara-Zeit (710-794) wurde das kostbare und als besonders gesund geltende Getränk von Adeligen und Priestern konsumiert. Später, im 12. Jahrhundert, brachte der Zen-Meister Eisai dann einige Samen der Teepflanze Camelia Sinensis aus China mit. Das Getränk sollte die Mönche in den Tempeln als Wachmacher bei ihren Meditationsübungen unterstützen. Eisai legte damit den Grundstein für den japanischen Teeanbau.

Als dessen Wiege zählt die Region um Uji in der Präfektur Kyōto. Bereits seit etwa 800 Jahren wird hier Tee angebaut und verarbeitet. Uji-Tee zählt zu den teuersten und hochwertigsten Tees des Landes. Er wird in vergleichsweise geringen Mengen hergestellt und viele Arbeitsschritte werden noch heute in Handarbeit durchgeführt.

Die Stadt Uji ist übrigens der perfekte Ort, um an einer Teezeremonie teilzunehmen. Dieses kunstvolle Ritual, das den Genuss des besonders hochwertigen und geschmacksintensiven Pulvertees Matcha zelebriert, zählt zu den traditionellen Zen-Künsten und entwickelte sich in seiner heutigen Form im 16. Jahrhundert.

Das größte Teeanbaugebiet ist heute jedoch die Präfektur Shizuoka. Hier wird der Großteil der besonders häufig genossenen Sorte Sencha geerntet. Berühmt für ihren Tee ist außerdem die Region Kagoshima auf Kyūshū. Grundsätzlich ist der Anbau der besonders wärmebedürftigen Pflanze jedoch in ganz Japan, abgesehen von Hokkaidō, möglich, weshalb Teefelder fast überall zu finden sind.

Teefeld
Teefelder gibt es fast überall in Japan. (c) photo-ac

Der passende Tee zu jeder Gelegenheit

Auch wenn in Japan inzwischen gerne Schwarz-, Oolong und Jasmintee getrunken wird und auch Gersten- und Buchweizentee sehr verbreitet sind, so wird unter ocha お茶 (Bedeutung: Tee) ausschließlich grüner Tee (ryokucha 緑茶) verstanden. Japanischer Grüntee wird auf so unterschiedliche Art und Weise hergestellt, dass es ihn in vielen verschiedenen Qualitäten und Geschmacksnuancen gibt.

Beim Anbau kommt es etwa darauf an, ob die Teepflanzen vor der Ernte beschattet werden oder in der Sonne wachsen. Für den frisch und leicht herb schmeckenden Alltagstee Sencha und den später geernteten, günstigeren Bancha wird keine Beschattungstechnik eingesetzt. Die Blätter werden nach der Ernte gedämpft, um den Fermentationsprozess zu unterbinden. Kamairicha dagegen wird nicht gedämpft, sondern geröstet, genau wie chinesischer Grüntee. Somit unterscheiden sich Geschmack und Farbe stark voneinander.

Die teureren Sorten Kabusecha und Gyokuro werden vor der Ernte halb- beziehungsweise vollbeschattet. Dadurch haben sie weniger Bitterstoffe und erhalten einen besonders feinen, süßlichen Geschmack. Gyokuro wird etwa 20 Tage lang beschattet und auch Matcha wird aus hochwertigen und aufwendig beschatteten Teeblättern hergestellt. Anschließend wird er – bei hochwertigen Sorten in Handarbeit – zu Pulver gemahlen. Kein Wunder also, dass er häufig sehr teuer ist.

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Beliebt ist außerdem Genmaicha: Hier wird dem Sencha oder Bancha zusätzlich gerösteter Naturreis beigemischt, was ihn angenehm mild und leicht nussig schmecken lässt. Er ist wegen seines niedrigen Koffeingehalts, genau wie der aus gerösteten Teeblättern hergestellte Hōjicha, besonders beliebt am Nachmittag oder Abend.

Die meisten japanischen Teesorten schmecken am besten, wenn sie mit etwa 60°C heißem Wasser aufgegossen und nur kurz ziehen gelassen werden. Im Sommer ist kalt gezogener Sencha (Mizudashi cha) besonders beliebt.

Mizudashi: kaltgezogener Tee
Im Sommer ist der kaltgezogene Mizudashi Sencha ganz besonders erfrischend. (c) photo-ac

Als besondere Delikatesse gilt übrigens der aus der ersten Ernte im Frühjahr gewonnene Shincha (新茶, Neuer Tee). Die jungen Blätter sorgen für einen besonders zarten, süßlich-herben Geschmack.

Japanischer Tee wird ohne Zucker getrunken. So ist der Genuss von Eistee hier für viele vielleicht zunächst eine Überraschung – dafür aber sehr erfrischend und eine wahre Alternative zu Wasser.

Nicht nur in der Teetasse ein Genuss

Der Genuss von Tee beschränkt sich in Japan nicht nur auf das pure Getränk. Matcha etwa wird inzwischen gerne mit gesüßter Milch aufgegossen und als Matcha Latté verkauft. Außerdem wird er häufig verwendet, um Süßigkeiten eine grüne Farbe sowie eine leicht herbe Geschmacksnote zu verleihen. Nicht nur traditionell japanische Süßigkeiten, sondern auch Käsekuchen, Muffins und Schokoriegel gibt es mit Matchageschmack.

Sogar abends in der Kneipe kommen Teeliebhaber auf ihre Kosten: Auf vielen Getränkekarten finden sich Longdrinks oder Cocktails mit Jasmin-, Oolong- oder eben auch Grüntee. Wie wäre es zum Beispiel mit Matcha Latté mit Shōchū (Reisschnaps)?

Matcha Latté
Matcha Latté ist ein beliebtes Getränk in zahlreichen Cafés. (c) photo-ac

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