Unglücksjahr Yakudoshi: Vom Aberglauben zur Alltags-Tradition

Sina Arauner
Sina Arauner

In Japan spielen Traditionen und Bräuche im Alltag eine große Rolle - als positive oder negative Einflüsse. Zu diesen zählen auch die Yakudoshi. Die Unglücksjahre sind wegweisend für persönliche Entscheidungen und prägen Tradition und Kultur der japanischen Gesellschaft.

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Soll das Unglück abwehren: Keramik-Teller, die an manchen Tempeln und Schreinen auf einem Stein zertrümmert werden. (c) Ik T / flickr CC BY 2.0

Als Tradition in der japanischen Gesellschaft haben sich Yakudoshi (厄年) aus dem Aberglauben heraus entwickelt, dass Männer und Frauen zu bestimmten Zeitpunkten in ihrem Leben mehr Unglück erfahren als zu anderen.

Zu den genauen Ursprüngen des Volksglaubens gibt es verschiedene Theorien: Das kosmologische Gleichgewicht zwischen Gut und Schlecht, negativ konnotierte Homophone der Jahreszahlen oder Phasen des Lebens, die als reich an Veränderung gelten.

Historische Dokumente jedoch zeigen, dass die Auswahl der Jahre sich im Laufe der Zeit und mit der Gesellschaft gewandelt hat. Kein Wunder also, dass die Tradition noch heute sehr lebendig im japanischen Alltag ist.

Traditionelle Yakudoshi: Wann sind die Unglücksjahre?

Für Männer gelten 25, 42 und 61 als Unglücksjahre, für Frauen 19, 33 und 37. Die Alter werden mit dem traditionellen Kazeodoshi-System berechnet, wonach eine Person bei der Geburt bereits ein Jahr alt ist.

Für 2017 gilt also:

für Männer

  • 25 Jahre alt: geboren 1993
  • 42 Jahre alt: geboren 1976
  • 61 jahre alt: geboren 1957

für Frauen

  • 19 Jahre alt: geboren 1999
  • 33 Jahre alt: geboren 1985
  • 37 Jahre alt: geboren 1981

Als taiyaku (大厄), das schlimmste Jahr, gilt für Männer die 42. Dieses mittlere Alter ist oft gekennzeichnet von Erschöpfung durch die Arbeit. Außerdem ist die Aussprache shi ni für 42 ein Homonym für „Tod“.

Für Frauen gelten die Mitt-Dreißiger bereits als Übergang zwischen Lebensphasen. Deshalb ist die 33 das schlimmste Jahr für Frauen. Doch nicht nur das Unglücksjahr honyaku (本厄) selbst, sondern auch das vorangegangene Jahr maeyaku (前厄) und das nachfolgende Jahr atoyaku (後厄) sollen kritisch sein.

An Schreinen und Tempeln stehen oft Schilder, die die Besucher über Yakudoshi informieren.

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Wer 2016 (平成 28) im Unglücksjahr steckte, sollte sich auch 2017 noch in Acht nehmen. (c) Janz

Yakudoshi im Alltag – Was tun gegen Unglück?

Yakudoshi bedeutet nicht, ein ganzes Jahr vom Pech verfolgt zu sein. Große Entscheidungen oder Veränderungen sollten allerdings nicht in diesen Zeitraum gelegt werden, um negative Folgen zu vermeiden.

Um den Alltag in den drei Jahren erfolgreich zu bewältigen, gibt es einige Verhaltensregeln, die in gewissem Maße ohnehin einem verantwortungsbewussten und risikoarmen Alltag dienen.

1. Maeyaku: Tätigen Sie keine größeren Investitionen und achten Sie auf Situationen, die zu Trennungen oder Konflikten führen können, besonders zwischen Leuten, die sich noch nicht lange kennen. Maeyaku ist eine gute Zeit, um Ideen auszubauen, Inspiration zu sammeln und gedanklich den Horizont zu erweitern.

2. Hon’yaku: Seien Sie im Alltag wachsam, um Unfälle, Krankheiten und körperliche Ermüdung zu vemeiden. Ziehen Sie sich eine Krankheit zu, beobachten Sie aufmerksam den Verlauf, um in gravierenden Fällen rasch eine ärztliche Behandlung aufzusuchen. Versuchen Sie körperlich und geistig ausgelastet zu bleiben, um nicht in negative Denkmuster zu verfallen. Auch im Hon’yaku ist nicht alles negativ: Nutzen Sie die Zeit zum Lernen und dazu, zwischenmenschliche Beziehungen zu stärken.

3. Atoyaku: Seien Sie nicht ungeduldig und treffen Sie keine voreiligen Entschlüsse. Auch in diesem Jahr sollten Sie vorsichtige und bewusste Entscheidungen treffen. Wenden Sie sich in diesem Jahr Ihrer Familie und Ihrem Heim zu. Blicken Sie vorausschauend und positiv in die Zukunft und nutzen Sie dieses Jahr für Vorbereitungen für das darauffolgende.

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Viele Scherben für viel abgewehrtes Unglück an einem Schrein in Kamakura. (c) Ik T / flickr CC BY 2.0

Japanische Tradition: Die Rolle der Yakudoshi 

Trotz keiner wissenschaftlicher Belege für die Existenz der Yakudoshi spielen die Unglücksjahre im japanischen Alltag noch immer eine große Rolle, besonders, wenn es um wichtige Entscheidungen, Anschaffungen und Veränderungen geht.

Zur Abwehr des Unglücks werden an Tempeln und Schreinen Talismane verkauft. O-mamori sind bestickte Stoffbeutelchen, die mit schützenden Botschaften befüllt sind.

Oft werden O-mamori schon an Neujahr gekauft und sollen den Träger das ganze Jahr über schützen. Doch Achtung: Es bringt Unglück, die Beutel zu öffnen und den Inhalt zu lesen. Außerdem dürfen O-mamori nicht in den Müll geworfen werden. An Tempeln und Schreinen werden alte O-mamori zu Beginn des neuen Jahres verbrannt.

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Ein Omamori wird am Körper oder als Anhänger an der Tasche getragen. (c) Janz

Yakudoshi: Positiver Alltags-Einfluss

Yakudoshi markieren Alter, die oft mit persönlicher Entwicklung oder Veränderung im Leben zu tun haben. Als Wendepunkt können die Unglücksjahre also durchaus auch mit einer positiven Bedeutung belegt werden.

Unter dem Vorzeichen der Yakudoshi bilden gleichaltrige Menschen sogar Gruppen. Zur Stärkung des Gemeinschaftssinns und zwischenmenschlicher Beziehungen werden im Rahmen von Yakudoshi gemeinsame Aktivitäten und Festivals geplant.

Statt sich aus Angst vor Unglück zurückzuziehen, wird so der Halt in der Gemeinschaft gesucht und gestärkt. Sollte doch ein Unglücksfall eintreten, kann man für Unterstützung auf die Gemeinschaft zurückgreifen.

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