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Japanische Etikette im Arbeitsalltag

Sina Arauner
Sina Arauner

Ein Dreh- und Angelpunkt der Geschäftswelt ist die internationale Zusammenarbeit. im Geschäftsalltag wird es daher zunehmend wichtiger ein interkulturell angepasstes Verhalten an den Tag zu legen. Experte Nikolaus Mach-Hour erklärt im Gespräch mit JAPANDIGEST die wichtigsten Aspekte der japanischen Geschäftsetikette.

Japaner Unverständnis
© すしぱく / pakutaso

Die erste Kontaktaufnahme

Zu Beginn einer Geschäftsanbahnung ist es enorm wichtig, Vertrauen aufzubauen, um so Ihrem zukünftigen Partner ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Lassen Sie sich, soweit möglich, von einem Dritten vorstellen, der als Bürge fungiert und Ihre Vertrauenswürdigkeit garantiert. Möglicherweise ist dieser Schritt sogar unerlässlich, um an den richtigen Ansprechpartner zu gelangen. Lassen Sie daher Ihre Beziehungen spielen, um einen ersten Kontakt zu knüpfen. Statt mit der Tür ins Haus zu fallen und sofort über das Geschäft zu sprechen, investieren Sie zuerst Zeit in den Aufbau einer Geschäftsbeziehung. Diese steht in Japan meist an erster Stelle, noch vor der eigentlich zu bewältigenden Aufgabe.

Fügen Sie Ihrem ersten Angebot detaillierte Informationen bei. Ein breitgefächertes Portfolio mit Anwendungsbeispielen, Benchmarks und Kundenreferenzen, welches neben Reintext auch visuelle Elemente aufweist, spricht für sich selbst und verankert das Produkt in der Realität. Vermeiden Sie großspurige Sales-Pitches und lassen Sie Ihr Gegenüber eigene Schlüsse ziehen – schließlich muss das Produkt von sich heraus überzeugen, damit Ihr Angebot auch an höhere Ebenen weitergereicht wird.

Die Verhandlung

Wenn es zu Verhandlungen kommt, ist das Wahren der Formalitäten das A und O. Informieren Sie sich über korrekte Begrüßungsformeln und achten Sie darauf, Visitenkarten ordentlich mit beiden Händen zu überreichen.

Agieren Sie bescheiden und begegnen Sie den japanischen Partnern mit Respekt. Achten Sie auf die Hierarchien der anwesenden Personen und richten Sie Ihr Anliegen an den richtigen Ansprechpartner. Auch von Ihrer Seite ist das richtige Team beim Meeting wichtig: Je höher der Rang Ihrer Vertreter, desto mehr Respekt erweisen Sie Ihren Partnern. Auch wenn der Chef zu Beginn des Treffens „nur“ ein kleines Geschenk pro forma überreicht – damit können Sie punkten. Es ist wichtig, schon von Beginn an die richtigen Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zu schaffen. Ein „Zeit ist Geld“-Ansatz ist in Japan fehl am Platz. Seien Sie also darauf gefasst, dass die Aushandlung einer Übereinkunft mehr Zeit beanspruchen kann als erwartet.

Visitenkarte

Das Tagesgeschäft

Im Tagesgeschäft wollen die aufgebauten Beziehungen gehegt und gepflegt werden. Das heißt für Sie konkret: präzises und proaktives Arbeiten. Halten Sie die Partner mit regelmäßigen Updates von Ihrer Seite auf dem Laufenden und erkundigen Sie sich, ob zum Beispiel verschickte Dateien oder Angebote ordnungsgemäß angekommen sind. Was in Deutschland ineffizient scheinen mag, ist in Japan ein wichtiger Bestandteil der Risikominimierung und vermittelt ein Gefühl der Bedachtsamkeit und Sicherheit.

Falls ein Missverständnis vorliegt oder Ihnen mal ein Fehler unterlaufen sollte, ist schnelles Handeln essentiell: Eine Entschuldigung muss sofort erfolgen. Damit gestehen Sie keineswegs die Schuld ein, sondern erkennen offiziell an, dass etwas nicht wie geplant gelaufen ist. Hören Sie sich an, was Ihr Partner zu sagen hat und bieten Sie keine vorschnellen Erklärungen. Wichtiger ist die interne Fehleranalyse, über die – wie auch über die implementierten Lösungsmaßnahmen – regelmäßig zu berichten ist. Ein erkennbarer Lernprozess mit dem Ziel der stetigen Verbesserung ist in Japan viel wichtiger als die Frage nach Schadenersatz.

Laptops auf Tisch

Vom Anfang bis zum Ende eine erfolgreiche Kommunikation

Achten Sie in der Kommunikation mit japanischen Partnern auf unausgesprochene Signale. In Japan ist es wichtig, solche Zeichen durch Empathie proaktiv zu „erspüren“ und die Bedürfnisse des Gesprächspartners zu verstehen. Sagt Ihr Gegegenüber etwa „Das ist etwas schwierig“, bedeutet das meist „Das ist unmöglich.“ Warten Sie ab, ob eine Erklärung folgt und fragen Sie nicht weiter nach Details. So wird in Japan die Notwendigkeit einer als unhöflich empfundenen, expliziten Absage vermieden. Recherchieren Sie im Voraus feste Phrasen (etwa: „Lassen Sie mich darüber nachdenken“ oder „Lassen Sie uns zu einem anderen Zeitpunkt darüber sprechen“ etc.), die im Japanischen eine empathische Interpretation verlangen.

Allgemein gilt jedoch: Als Nicht-Japaner sind Sie auch nicht an die gleichen Regeln gebunden und niemand erwartet von Ihnen, sich etwa im korrekten Winkel zu verbeugen. Zeigen Sie Ihren japanischen Partnern aber stets, dass Sie sowohl diese als auch deren Kultur respektieren. Treten Sie daher eher förmlich als leger auf. Achten Sie auf die Atmosphäre in Ihrem Umfeld und auf indirekte Kommunikationssignale, um Fehlschlüsse zu vermeiden.

Dann wird einer erfolgreichen Geschäftsbeziehung nichts im Weg stehen.

Geschäftsmann wird sitzengelassen
©すしぱく / pakutasu

Nikolaus Mach-Hour leitet seit 2009 das deutsche Büro des Personaldienstleisters Japan Consulting Office. Dort ist er für die Schulung von japanischen und nicht-japanischen Mitarbeitern und Managern zuständig. Für JAPANDIGEST hat er bereits eine Business-Kolumne geschrieben. 

Erhobener Zeigefinger eines Mannes mit Fragezeichen-IllustrationKabe: Die unsichtbare Mauer bei der KommunikationGeschäftliche Beziehungen zwischen Japan und Deutschland sind nicht immer leicht zu manövrieren. In dieser Kolumne erklärt Experte Nikolaus...17.06.2017

Dieser Artikel wurde für die Oktober 2018-Ausgabe des JAPANDIGEST verfasst und für die Veröffentlichung auf der Website nachbearbeitet.

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