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Freihandelsabkommen JEFTA: Im Interview mit der Japan External Trade Organization

Yasemin Besir
Yasemin Besir

Im Juli 2018 unterzeichneten die EU und Japan das gemeinsame Freihandelsabkommen JEFTA. Was bedeutet das bisher größte Abkommen zwischen der EU und Japan für deren wirtschaftliche Beziehungen und die globalisierte Welt? Die Experten von JETRO im Interview mit JAPANDIGEST.

Welches Konzept steckt hinter dem Freihandelsabkom­men zwischen Japan und der EU?

Das Abkommen soll die wirtschaftlichen Beziehungen stärken und dem Protektionismus in den teilnehmen­den Ländern entgegenwirken. Im Zuge des Inkrafttre­tens werden Zölle auf mehr als 90 % der EU-Exporte nach Japan abgeschafft, bei vollständiger Umsetzung sogar 97 %. Verbleibende Tariflinien unterliegen dann einer teilweisen Liberalisierung durch Zollkontingente oder Zollsenkungen. Dies wiederum bedeutet für EU-Exporteure eine Ersparnis von allein rund einer Milliarde Euro an Zöllen pro Jahr.

ContainerDas japanisch-europäische Freihandelabkommen: Gegengewicht zu Trumps „America First“-PolicyDas in diesem Jahr unterzeichnete Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU intensiviert die Vernetzung beider Wirtschatfsräume. Doch wa...11.11.2018

Welche Wirkung hat das Abkommen auf den Im- und Export zwi­schen Japan und der EU?

Für verschiedene Waren gelten jeweils unterschiedliche Vereinba­rungen, sodass Einfuhrzölle bei Inkrafttreten des Abkommens teil­weise mit sofortiger Wirkung, teilweise jedoch erst schrittweise völlig abgeschafft werden. Für wieder andere Exportgüter, wie zum Bei­spiel Käse, einigte man sich auf Zollkontingente und Begrenzungen der Einfuhrmenge, um nachteilige Auswirkungen auf die heimische Käseproduktion in Japan auszuschließen.

JEFTA Tabelle 1

Welche wirtschaftlichen Steigerungen Japans sind zu erwarten?

Das Bruttoinlandsprodukt könnte durch das Abkommen um 5,2 Bil­lionen Yen wachsen, so eine Schätzung des japanischen Kabinetts­büros. JEFTA wird die Handels- und Investitionsmöglichkeiten erweitern. Hochproduktive und -innovative Unternehmen werden Technologie und vieles mehr zwischen Japan und Europa austau­schen. Hieraus werden Neuerungen hervorgehen, was eine Steige­rung der Produktivität in Japan nach sich ziehen wird. Dies wieder­um bedingt ein Wachstum der Löhne und Gehälter. Eine Belebung der Unternehmensaktivität und höhere Gehälter motivieren zudem die Angestellten. Ferner ist ein Wachstum der Zahl der Erwerbstäti­gen um ca. 0,45 % möglich.

Welche Rolle spielt das Abkommen vor dem Hintergrund von Brexit und dem Rückzug der USA aus dem transpazifischen Freihandelsab­kommen TTP?

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström formulierte treffend: „Zusammen mit Japan senden wir ein starkes Signal an die Welt, dass zwei der größten Volkswirtschaften weiter vom offenen Handel überzeugt sind und Unilateralismus und Protektionismus ablehnen.“ Auch der japanische Premierminister Abe brachte seine Anerken­nung zum Ausdruck: Die Unterzeichnung des Abkommens sei ein wichtiges und zudem historisches Ereignis, mit dem die Beziehungen zwischen Japan und der EU in eine neue Dimension voranschreiten. Er erklärte, dass inmitten einer sich weltweit ausbreitenden Tendenz zu Protektionismus die Unterzeichnung von JEFTA der Welt den klaren politischen Willen Japans und der EU zeige, die Flagge des Freihandels hoch zu halten.

Containerhafen in Osaka

Welche Geschäftsmöglichkeiten ergeben sich in Japan durch JEFTA?

Wir gehen davon aus, dass JEFTA das Interesse deutscher und japa­nischer Unternehmen an der Geschäftsentwicklung in dem jeweils anderen Land insgesamt steigern wird. Die ausländischen Investi­tionen in Japan betrugen Ende 2016 rund 27,8 Billionen Yen. Das entspricht einem Anstieg um 12,4 % im Vorjahresvergleich und stellt ein neues Rekordhoch dar.

Ausländische Unternehmen tragen über die Zusammenarbeit mit japanischen Firmen, die Technologien der vierten industriellen Re­volution (IoT, AI, etc.) nutzen, aktiv zur Lösung von Problemen bei, denen Japan gegenübersteht. Sie erschließen sich so auch Geschäfts­möglichkeiten in dem Land, das auch als „Vorreiter im Überwinden globaler Herausforderungen“ bezeichnet wird.

In welchen Bereichen, außerhalb von Zöllen, bringt das Abkommen Vorteile für Japan und die EU?

Vor allem die Harmonisierung von Normen und Bestimmungen, die im Rahmen der JEFTA-Verhandlungen erreicht werden konnte, ist für die wirtschaftlichen Beziehungen von Vorteil.

JEFTA Box 1

Dieser Artikel wurde für die Oktober 2018-Ausgabe des JAPANDIGEST verfasst und für die Veröffentlichung auf der Website nachbearbeitet.

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