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Kawasaki – Eine Stadt zwischen Industrie und Kultur

Manuel Piwko
Manuel Piwko

Zwischen den Millionenmetropolen Tōkyō und Yokohama liegt eine weitere Megastadt, die vor allem durch ihre Industrie bekannt ist. Dabei hat sie nicht nur tolle Museen, sondern auch ein ungewöhnliches Volksfest zu bieten und sogar eine beliebte Anime-Figur ist hier zuhause.

Straßenkreuzung in Kawasaki vor blauem Himmel
Kawasaki war früher als Industriestadt bekannt, hat inzwischen aber viel mehr zu bieten. © 源五郎 / photo-ac

Kawasaki liegt eine halbe Autostunde von der japanischen Hauptstadt Tōkyō entfernt. Durch die Entfernung bietet Kawasaki die Möglichkeit, die bunten Neonlichter Tōkyōs gegen ein bisschen Industriecharme einzutauschen. Viele Menschen ordnen Kawasaki vielleicht gedanklich bereits der Industrie zu, da man sofort an die weltberühmten Motorräder denkt. Diese verdanken ihren Namen allerdings dem Firmenschöpfer Kawasaki Shōzō, der mit der Stadt Kawasaki nichts zu tun hat.

Kawasaki war für eine lange Zeit ein Vorort von Tōkyō, bis es 1924 zu einer eigenständigen Stadt wurde, die im Zweiten Weltkrieg von massiven Bombardierungen getroffen wurde. Danach konnte einiges wieder aufgebaut werden und so entwickelte sich Kawasaki zur bekannten Industriestadt. Sie trug damit maßgeblich zum Wirtschaftswachstums Japans bei. Dies ging aber zu Lasten der Umwelt, denn Umweltzerstörung und starke Luftverschmutzung waren die negativen Folgen des industriellen Wachstums. Doch mehrere Initiativen sorgten dafür, dass die Lebensqualität und die Natur wiederhergestellt werden konnten. War es vor einigen Jahrzehnten vollkommen undenkbar, kann man nun seit ein paar Jahren bei klarem Wetter den Mt. Fuji sehen.

Hafen von Kawasaki
Hafen von Kawasaki. © ブー太郎 / photo-ac

Auch wenn die Stadt sich bemüht, ihrem umweltschädlichen Image zu entfliehen, kämpft sie weiter gegen einen schlechten Ruf. Kawasaki hat einen hohen Anteil an koreanischen Mitbürgern, die immer wieder Rassismus und Diskriminierung ausgesetzt werden. Auch wenn es in Japan Gesetze gibt, welche Diskriminierung und Hassreden ausdrücklich verbieten, so zeigten diese bisher nicht die erwünschte Wirkung. Kawasaki ging daraufhin mit Bußgeldern gegen den Rassismus vor und ergänzte die Antidiskriminierungsverordnung um den Punkt, dass auch Hassreden gegenüber sexuellen Minderheiten einbegriffen wurden, um auch diese zu schützen.

Kunst, Kultur und Phallusfest

Seit einigen Jahren kann man in Kawasaki eine Trendwende erkennen, wenn es um den gesetzten Fokus auf die Industrie geht. Diese ist zwar noch vorhanden und präsent, doch verlassene Industriegebiete werden nun zu modernen Wohngegenden umgebaut. Die Stadt bemüht sich weiterhin, zu einer Kulturmetropole zu avancieren. Verschiedene Projekte für Kunstschaffende verfolgen einen kreativen Gedanken, so gibt es Festivals oder auch den „La Cittadella“-Komplex in Bahnhofsnähe, dessen Besuch vor allem für Filmliebhaber unverzichtbar ist.

Der Kawasaki-Daishi-Tempel (jap. 川崎大師) ist die größte, buddhistische Tempelanlage in Kawasaki. Die Anlage ist das ganze Jahr über ein beliebter Anlaufpunkt, doch vor allem zu Hatsumōde, dem ersten Tempelbesuch im neuen Jahr, zählt die religiöse Stätte zu den meistbesuchten in ganz Japan. Ebenfalls beliebt und mit zahlreichen Besucher:innen gesegnet ist das Kanamara Matsuri (jap. かなまら祭り, dt. „Festival des metallenen Phallus“). Dieses findet immer am ersten Sonntag im April statt und konnte auch außerhalb Japans an Bekanntheit gewinnen. Das liegt vor allem daran, dass an diesem Frühlingsfest die Straßen Kawasakis mit lauter Phallussymbolen geschmückt sind. Eine feuchtfröhliche Veranstaltung, die nicht nur Japaner:innen, sondern auch Tourist:innen aus aller Welt animiert, dabei zu sein. Beim Kanamara Matsuri wird nicht nur die Fruchtbarkeit gefeiert, sondern das Fest dient auch dazu, Geld für die HIV-Forschung zu sammeln.

Kawasaki-Daishi-Tempel vor blauem Himmel
© くろてん_photo-ac

Im Toshiba Science Museum kann man sich über die Geschichte und die Innovationen des internationalen Technologiekonzerns informieren. Das Städtische Wissenschaftsmuseum ermöglicht einen Einblick in die Naturkunde und kann direkt mit einem Besuch im Planetarium verbunden werden.

Rezeption des Toshiba Science Museums in modernem Design
© Provided by Toshiba Science Museum

Kunstinteressierte sowie Otakus kommen beim Besuch des Fujiko F. Fujio Museum auf ihre Kosten, denn es zeigt unter anderem Werke des Mangakünstlers und Schöpfers der in Japan populären Figur Doraemon. Neben dem Museum findet man dazu auch ein passendes Themencafé, in dem man sich für die nächste Sehenswürdigkeit stärken kann.

Ein strahlender Abschluss

Im Kawasaki More’s Einkaufszentrum kann man eine kleine Attraktion bewundern, welche es in das Guinness-Buch der Rekorde geschafft hat: Die kürzeste Rolltreppe der Welt: fünf Treppenstufen, nur 83,4 cm Höhe und eine Fahrtzeit von ca. acht Sekunden. Falls man danach noch Sensationshunger verspürt, so hat Yomiuriland den größten Freizeitpark in der Metropolregion Tōkyō zu bieten. Vor allem in der Nacht begeistert der Park mit seinen zahlreichen Illuminationen, die zu den umfangsreichsten in der Kantō-Region gehören. Denn auch wenn Kawasaki bei Tag einen Blick wert ist, so erstrahlt die Stadt erst zu später Stunde in vollem Glanz. Dann lohnt sich auch eine Bootstour auf dem Fluss Tama, um den Tag zum Abschluss zu bringen.

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