Osorezan: Der Berg des Schreckens

Jennifer Romswinkel
Jennifer Romswinkel

Auf der Shimokita-Halbinsel in Aomori befindet sich eine der drei heiligsten Stätten Japans - der Osorezan. Der Vulkan gilt als Eingang zur buddhistischen Unterwelt und wird als Pilgerstätte von Angehörigen Verstorbener aufgesucht.

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Hier trifft paradiesischer See auf steinige Einöde. (c) Jennifer Romswinkel

Stinkende Schwefelquellen und trostloses Vulkangestein – der Osorezan (wörtlich: “Berg des Schreckens”) im Norden der Präfektur Aomori gilt nicht umsonst als Tor zum buddhistischen Jenseits und hat doch eine einzigartige Anziehungskraft. Insbesondere der Kontrast zwischen dem smaragdgrünen Kratersee mit seinem paradiesischen Sandstrand und der dahinter liegenden steinigen Einöde verleihen der Landschaft eine ganz besondere Atmosphäre, die an Himmel und Hölle zugleich erinnert.

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Hier und da qualmen die Schwefelquellen und verbreiten den typischen Geruch nach faulen Eiern. (c) Jennifer Romswinkel
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Insbesondere bei gutem Wetter erscheint der See paradiesisch. (c) Jennifer Romswinkel
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Bei diesen Felsen handelt es sich offiziell um die “unendliche Hölle”. (c) Jennifer Romswinkel
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Für 500 Yen (circa 4 Euro) kann der “Berg des Schreckens” besucht werden. Kinder unter 15 Jahren zahlen lediglich 200 Yen. (c) Jennifer Romswinkel

Der Legende nach gründete der buddhistische Mönch Ennin dort im Jahre 862 den Tempel Bodai-ji, nachdem er in einem Traum den Auftrag erhalten hatte, eine heilige Stätte zu suchen, dort eine Jizō-Statue zu schnitzen und den Buddhismus weiter zu verbreiten.

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Eingang zum Tempel Bodai-ji - bereits vor dem Betreten des Tempelgeländes schlägt Besuchern der unangenehme Geruch von faulen Eiern entgegen, der von den zahlreichen Schwefelquellen ausgeht. (c) Jennifer Romswinkel
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Das Tempelgelände und der See sind umgeben von insgesamt acht Berggipfeln und erinnern daher an eine “Lotosblüte” - ein bedeutendes Symbol des Buddhismus! (c) Jennifer Romswinkel

Heutzutage ist das Tempelgelände von zahlreichen kleinen Jizō-Statuen bevölkert, die gemeinsam mit den überall in der Landschaft verstreuten bunten Windrädern und Steinhäufchen von traurigen Geschichten zeugen. Denn der Osorezan gilt als Ort, an dem sich die Seelen ungeborener und früh verstorbener Kinder sammeln und Steine anhäufen müssen, bis ihnen Jizō hilft, den Fluss ins Jenseits zu überqueren. Die Eltern helfen ihren Kindern hierbei und versuchen sie mit Windrädern und persönlichen Erinnerungsstücken zu trösten.

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Diese Brücke führt über den sogenannten Sanzu-Fluss, den Verstorbene dem buddhistischen Glauben nach überschreiten müssen, um ins Jenseits zu gelangen. (c) Jennifer Romswinkel
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Über das gesamte Gelände verstreut befinden sich Jizō-Statuen, die den Verstorbenen beistehen sollen. (c) Jennifer Romswinkel
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Auch den Opfern des schweren Erdbebens in Ostjapan im Jahre 2011 wird hier gedacht. (c) Jennifer Romswinkel
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Die Besonderheit der Statue: Die Rückseite ist über und über mit den Abdrücken von Kinderhänden bedeckt. (c) Jennifer Romswinkel

Zweimal im Jahr, während der Tempelfeste im Juli und Oktober, bieten Itako – zumeist blinde Schamaninnen – in eigens aufgestellten Zelten ihre Dienste an und stellen Angehörigen in Aussicht, Kontakt mit den Verstorbenen herzustellen. Aufgrund der hohen Nachfrage muss hier jedoch mit stundenlangen Wartezeiten gerechnet werden.

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Mit bunten Windrädern und Karpfenfahnen - eine typische Dekoration am japanischen Knabenfest (5. Mai) - wird hier nicht nur früh verstorbener Säuglinge, sondern auch Ungeborenen und Abgetriebenen gedacht. (c) Jennifer Romswinkel
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Überall erinnern aufgetürmte Steinhaufen und Windräder an den Verlust eines geliebten Menschen. (c) Jennifer Romswinkel

Ein ganz besonderes Erlebnis ist sicherlich auch ein Bad in der heißen Quelle oder gar eine Übernachtung inklusive Mahlzeit in der Unterkunft des Tempels.

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Gleich hinter dem Eingang befindet sich das Onsen, in dem Besucher sich nach Spaziergängen durch die Felsenlandschaft entspannen können. (c) Jennifer Romswinkel
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Für 12.000 Yen (circa 100 Euro) pro Person können Besucher auf dem Tempelgelände auch übernachten - zwei Mahlzeiten inklusive. (c) Jennifer Romswinkel

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