Tokyo Vice: Ein Außenseiter in der Tōkyōter Unterwelt

Manuel Piwko
Manuel Piwko

Die Serie „Tokyo Vice“ basiert auf wahren Erlebnissen eines amerikanischen Kriminalreporters in Japan, der sich dort in die gefährliche Unterwelt begibt und mit der Yakuza-Mafia in Berührung kommt. Wir haben uns die Serie angeschaut und verraten Ihnen, ob diese sehenswert ist.

Jake Adelstein im Auto, Neonlichter im Hintergrund
Jake Adelstein, der Hauptprotagonist von „Tokyo Vice“ © James Lisle / HBO Max

Die Serie „Tokyo Vice“ versetzt den Zuschauer in das Tōkyō der Neunzigerjahre. Man verfolgt die angehende Karriere von Jake Adelstein, einem amerikanischen Journalisten aus Missouri. Er zieht nach Tōkyō, um seinen Traum, bei einer renommierten und großen Zeitung angestellt zu werden, zu erfüllen. Dank seiner Neugier und seines Ehrgeizes ist er erfolgreich. Die „Meicho Shimbun“ ist sein neuer Arbeitgeber, doch beginnt er seine Karriere als Kriminalreporter nicht nur ganz unten, sondern muss auch feststellen, dass er sich in der konservativen Firma unterordnen und an die japanische Arbeitskultur anpassen muss.

Mit Ehrgeiz zum risikobereiten Investigativjournalisten

Durch seine neugierige, teilweise arrogante Art sowie Recherchen im Alleingang eckt er innerhalb kürzester Zeit an – und bleibt zunächst in den Augen seiner Vorgesetzten und Kollegen der gaijin (negativ konnotiert für „Ausländer“). Ein kurzer, zunächst unscheinbarer Bericht zu einer Reihe von Selbstmorden weckt die Neugier von Jake. Durch seine gründliche, unnachgiebige Art deckt er nicht nur Geheimnisse auf, sondern macht sich Feinde, die nicht vor Gewalt zurückschrecken. Er betritt einen gefährlichen Weg in ein Netz aus korrupten Polizisten, mächtigen Politikern und der bedrohlichen Yakuza-Mafia.

Jake Adelstein, Hauptprotagonist der Serie "Tokyo Vice" mit japanischen Kollegen im Büro
Als erster, ausländischer Journalist muss sich Jake Adelstein erstmal bei der japanischen Zeitung beweisen. © Eros Hoagland / HBO Max

Die Buchvorlage zur Serie

Die Serie „Tokyo Vice“ basiert auf dem gleichnamigen Buch von Jake Adelstein, das im Jahr 2009 veröffentlicht wurde. In der Buchvorlage „Tokyo Vice: Eine gefährliche Reise durch die japanische Unterwelt“ berichtet der Autor von seiner jahrelangen Arbeit bei der japanischen Zeitung und seinen Enthüllungen über kriminelle Machenschaften, die er, trotz Morddrohungen, veröffentlichte und damit sein Leben und das seiner Familie aufs Spiel setzte. Die Serie konzentriert sich auf einen einzelnen Fall seiner Karriere und nimmt sich hierbei große künstlerische Freiheiten.

Der Produzent der Serie, John Lesher, bestätigte, dass die Buchvorlage eher als eine Inspiration für die Serie diente. Das könnte auch daran liegen, dass das Buch des echten Jake Adelstein keineswegs frei von Kritik ist – manche Experten, aber auch frühere Kollegen halten seine Berichte für unrealistisch und überzogen dargestellt. Er selbst besteht allerdings darauf, dass alles, was er erlebt hat, auch so von ihm niedergeschrieben wurde. Der Serie machen diese Ungereimtheiten jedoch keinen Abbruch – man sollte sich dennoch bewusst sein, dass „Tokyo Vice“ ein zu großes Teilen fiktionales Werk ist.

Amerikanisch produziert, japanisch inszeniert

Ansel Elgort glänzt in der Rolle des Journalisten Jake Adelstein. Der Schauspieler hat sich für die authentische Darstellung intensiv mit der japanischen Sprache auseinandergesetzt. Der Ehrgeiz zahlt sich aus, denn dadurch erreicht er in seiner Rolle Glaubwürdigkeit, die immer wieder durch längere, komplett auf Japanisch gehaltene Szenen (mit deutschen Untertiteln) untermauert wird. Für eine amerikanische Produktion fühlt sich die Serie im Allgemeinen sehr „japanisch“ an. Es wird nicht nur viel in der Landessprache gesprochen, sondern auch gesellschaftliche Normen und die japanische Arbeitswelt werden gekonnt skizziert.

Das Japan der 90er-Jahre wird durch eine sorgfältige Inszenierung in Kombination mit der akribischen, beinahe gemächlichen Erzählstruktur glaubwürdig dargestellt. „Tokyo Vice“ nimmt sich Zeit für die Geschichte, aber auch für facettenreiche Charakterzeichnungen. Dadurch ermöglicht die Serie eine nachvollziehbare Abbildung der Ereignisse – ohne dabei an Spannung einzubüßen.

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Yakuza-Mitglied in der Serie "Tokyo Vice" in der Maske
Die Yakuza sind ein fester Bestandteil der Serie. © James Lisle / HBO Max

Jake Adelstein macht auf dem Weg zur Wahrheit hinter den Selbstmorden Bekanntschaft mit vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten. Hier entfaltet sich auch eine der Stärken der Produktion: „Tokyo Vice“ ist nicht nur eine Serie über Jake, sondern zeigt verschiedene, vielschichtige Charaktere, deren Geschichten und tiefgreifende Schicksale interessant und spannend dargestellt sind. Von der Vorgesetzten, die Jake mit strenger Hand führt, aber dessen Potenzial fördern will, bis zur Angestellten eines Nachtclubs, die sich den Traum der Selbstständigkeit erfüllen möchte und auf dem Weg dahin viele Hindernisse überwinden muss.

Fazit

„Tokyo Vice“ ist eine spannende, brillant besetzte Krimi-Noir-Serie, die dank starker Charaktere, Authentizität und einer interessanten Hauptgeschichte glänzen kann. Eine zweite Staffel wurde bereits bestätigt und man darf hoffen, dass diese an das große Potenzial der ersten Staffel anknüpfen kann – und die Aufmerksamkeit erlangt, die sie verdient hat, um die Geschichte zu einem verdienten Ende zu führen. Hierzulande kann man die erste Staffel über RAKUTEN TV, die Zubuchung des Channels „LIONSGATE+ “ auf Amazon Prime oder über den eigenen Streamingdienst LIONSGATE+ streamen.


Bilder

https://pressroom.warnermedia.com/ca/property/tokyo-vice/images

Quellen

https://www.hollywoodreporter.com/movies/movie-features/tokyo-vice-problematic-source-material-1235135828

https://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2008/05/09/AR2008050902544.html

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