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Japans langer Weg Richtung Nachhaltigkeit

Constanze Thede
Constanze Thede

Japan verpflichtete sich als Mitglied der UN bis 2030 den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung nachzukommen. Gerade, was Energie und Umweltschutz angeht, liegt das Land allerdings weit hinter dem Vorreiter Finnland zurück. Wir wagen einen Blick in die Zukunft.

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung: Kachelbild
Die 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. © Die Bundesregierung

Im September 2015 verabschiedete die UN ihre 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDG), die in erster Linie dazu dienen sollen, den Erhalt von Ökosystemen sicherzustellen, soziale Ungleichheiten zu reduzieren, die Wirtschaft zu stärken und den Weltfrieden zu sichern. Auch Japan verpflichtete sich als UN-Mitgliedsstaat, diese Ziele bis 2030 umzusetzen.

Gemischte Ergebnisse

Auf den Gebieten Armut, Gesundheit, Bildung, Wasser und Sanitäranlagen, Arbeit, Industrie, Nachhaltige Städte und Gemeinden sowie Frieden und Gerechtigkeit ist Japan trotz der Covid-19-Pandemie auf einem relativ guten Weg. In den Bereichen Energie und Klimaschutz sowie Leben unter Wasser und an Land, welche für eine sichere Zukunft auf unserem Planeten entscheidend sind, hapert es bedauerlicherweise noch an einigen Stellen. Wenn man Japan mit dem Vorzeigeland Finnland vergleicht, das im Sustainable Development Report 2021 am besten abgeschnitten hat, wird deutlich, dass das ostasiatische Land noch sehr viel aufzuholen hat, aber teilweise auch positive Ergebnisse erzielt hat:

 JapanFinnland
SDG-Platzierung18/1651/165
Anteil erneuerbarer Energien (2019)6,2 %34,1 %
Jährliche CO2-Emissionen u. a. aus fossilen Brennstoffen/Kopf (2019)8,7 t7,5 t
Ocean Health Index (Skala von 0-100) (2020)59,470,1
Anteil des Fischfangs aus überfischten/zusammengebrochenen Beständen (2014)70,8 %6,2 %
Anteil der geschützten für die Biodiversität wichtigen Meeresgebiete (2019)64,8 %61 %
Anteil der geschützten für die Biodiversität wichtigen Landgebiete (2019)64,8 %71,8 %

Quelle: Sachs et al. (2021): The Decade of Action for the Sustainable Development Goals. Sustainable Development Report 2021. Cambridge: Cambridge University Press.

Energiewende in weiter Ferne

Ein Thema, bei dem Japan weit zurückliegt, sind Erneuerbare Energien, denn das Land setzt nach wie vor eher auf fossile Brennstoffe und Atomkraft und ist der fünftgrößte Treibhausgasproduzent der Welt. Im April 2021 kündigte die neue Regierung unter Kishida Fumio allerdings an, bis 2030 den Anteil Erneuerbarer Energien auf 36-38 % zu erhöhen. Ob dieses Ziel erreicht werden kann, ist fraglich, da zurzeit nicht genug Solarstandorte zur Verfügung stehen. Gleichzeitig ist die Wiederinbetriebnahme einiger Kernreaktoren geplant, womit der Anteil an Atomkraft wieder auf 20-22 % steigen würde. Nach der Dreifachkatastrophe in Fukushima 2011 war ein Großteil der 54 Reaktoren vom Netz genommen worden. Kohlekraft soll in Zukunft 19 %, Flüssigerdgas 27 % und Erdöl 3 % der Stromversorgung ausmachen. Anstatt wie andere Länder auf Kohle zu verzichten, werden in Japan sogar noch neue Kohlekraftwerke gebaut. Erdgas wiederum gilt zwar als umweltfreundlicher als andere fossile Brennstoffe, doch auch hier entstehen bei der Förderung und Verarbeitung Treibhausgasemissionen. Von einer nachhaltigen Energiewende ist Japan daher noch weit entfernt.

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Ausbeutung der Meere

Einen weiteren, hohen Risikofaktor für unsere Umwelt stellt die Überfischung der Weltmeere dar, zu der Japan als fünftgrößte Fischereination der Welt entscheidend beiträgt. Zum einen stellt der Industriestaat neben der EU, China und den USA sog. schädliche Subventionen bereit, welche die Fischfangkapazitäten erhöhen sollen und ein Hauptverursacher der globalen Überfischung sind. Dadurch werden sogar illegale, unangemeldete und unregulierte Fischereiaktivitäten gefördert. Laut WWF sollten Regierungen „ihre Finanzmittel besser in die Erholung der Meere und in nachhaltiges Fischereimanagement investieren“.[1] Zum anderen stammt über 70 % des japanischen Fischfangs aus überfischten oder zusammengebrochenen Beständen, wie der UN-Bericht zeigt. Beim Ocean Health Index, ein Maßstab für die Gesundheit und Sauberkeit der Meere, liegt Japan knapp unter dem internationalen Durchschnitt.

Logo Sustainable Development Goals

Im Zeichen des Naturschutzes

Fortschrittlich zeigt sich Japan dagegen, was staatlichen Naturschutz angeht, denn landesweit gibt es immerhin 5.617 ausgewiesene Naturschutzgebiete, einschließlich Nationalparks, Waldflächen sowie Meeres- und Süßwasserstandorte. Laut der unabhängigen World Database on Protected Areas stehen ca. 29,8 % der Landesfläche und 13,9 % der Meeresfläche unter Naturschutz.[2] Die Zahlen des UN-Berichtes sind hier übrigens etwas irreführend, da sie sich lediglich auf die für die Biodiversität wichtigen Gebiete beziehen. Japan übertrifft sogar Finnland, wo nur 13,3 % der Landesfläche und 11,9 % der Meeresfläche unter Schutz stehen. Allerdings entsprechen die von Japan als Naturschutzgebiete ausgewiesenen Bereiche noch nicht den globalen Standards der International Union for Conservation of Nature (IUCN), die in ihre Grüne Liste nur Gebiete aufnimmt, die strenge Management-, Führungs- Design- und Planungskriterien erfüllen. In seinem freiwilligen SDG-Bericht von 2021 kündigte Japan an, in Zukunft mehr in den Erhalt von Ökosystemen und Biodiversität zu investieren.[3]

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Schnelles Umdenken nötig

Insgesamt lässt sich sagen, dass das Bewusstsein für Umwelt- und Klimaschutz in Japan zwar langsam steigt, nach wie vor aber konkrete Maßnahmenpläne der Regierung fehlen, um die 17 Ziele zeitnah umzusetzen. Statt eine nachhaltige Energiewende anzustreben, setzt der Staat sein Vertrauen in überholte Technologien. Einerseits hat staatlicher Naturschutz in Japan eine hohe Priorität, andererseits werden die Meeresbestände ausgebeutet. Wenn nicht ein schnelles Umdenken stattfindet, bleibt das Erreichen der 17 Ziele bis 2030 wohl ein bloßes Vorhaben.

Quellennachweise

[1] WWF 2021: „Überfischung: Bald drohen uns leere Meere“. https://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/fischerei/ueberfischung

[2] UNEP-WCMC (2022): “Protected Area Profile for Japan from the World Database of Protected Areas, February 2022”. www.protectedplanet.net [abgerufen am 01.02.2022]

[3] “Voluntary National Review 2021 Report on the implementation of 2030 Agenda ~Toward achieving the SDGs in the post-COVID19 era~“ https://sustainabledevelopment.un.org/content/documents/28957210714_VNR_2021_Japan.pdf [abgerufen am 01.02.2022]


Dieser Artikel erschien in gekürzter Fassung in der JAPANDIGEST April 2022-Printausgabe und wurde für die Veröffentlichung auf der Website nachbearbeitet. 

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