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LGBT-Personen seien „unproduktiv“: Harte Kritik an LDP-Politikerin

Miho Doi
Miho Doi

Die japanische Politikerin Sugita Mio (LDP) erntet seit ihrer Veröffentlichung eines Zeitschriftenartikels im Juli 2018 heftige Kritik. In dem Artikel schrieb sie, dass Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft „unproduktiv“ seien und „keine Unterstützung durch den Staat und die Steuerzahler“ verdienten.

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Eine Aussage der japanischen Politikerin Sugita Mio der Liberaldemokratischen Partei (LDP) wirbelte viel Staub auf. In ihrem Artikel „Die Unterstützung für die LGBT-Gemeinschaft ist zu hoch“ (『LGBT』支援の度が過ぎる), der am 18. Juli in dem monatlichen Magazin Shincho 45 veröffentlicht wurde, äußerte sie sich wie folgt: „Kann die Unterstützung der LGBT-Gemeinschaft auf Kosten der Steuerzahler wirklich Zuspruch finden?“ Außerdem fügte sie noch hinzu: „Diese Männer und Frauen zeugen keine Kinder – in anderen Worten, sie sind ‚unproduktiv‘.“ Für diese Aussagen wird Sugita in den Medien und im Internet scharf kritisiert.

Kritiker ziehen Parallelen zu Nazi-Mentalität

Im selben Artikel schrieb Sugita auch, dass Homosexualität nicht normal sei und dass die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Ehen zu einer erhöhten Anzahl unglücklicher Personen führe. Sugitas problematische Darstellung von sexuellen Minderheiten wurde von Kritikern in direkten Kontext mit dem Ideal der Eugenik der nationalsozialistischen Zeit in Verbindung gesetzt.

Sugita selbst widersprach den Kritikern via Twitter. Dort sagte sie, sie glaube nicht, einen Fehler gemacht zu haben und sie sei von anderen Politikern der LDP ermutigt worden. Laut Sugita habe sie nach der Veröffentlichung des Artikels eine Morddrohung von einem selbstproklamierten Homosexuellen erhalten und nach Rücksprache mit der Polizei inzwischen alle ihre Twitterbeiträge zur Thematik der LGBT-Gemeinde gelöscht.

Proteste aus der LGBT-Gemeinschaft

Der japanische „Verband für LGBT-Gesetze“ (LGBT法連合会) veröffentlichte am 23. Juli eine Protestschrift gegen Sugitas Artikel. Der Text widerlegt argumentativ Sugitas Aussagen zur LGBT-Gemeinde und weist auf dessen diskriminierenden Charakter hin. Der Verband stellt in dem Text außerdem die Qualifikation Sugitas als Repräsentantin des japanischen Volks in Frage.

Am 27. Juli kam es außerdem zu einer Protestveranstaltung vor dem Sitz der LDP in Tōkyō. Rund 5.000 Teilnehmer forderten den Rücktritt von Sugita.

Die LDP veröffentlichte am 1. August als Reaktion auf die heftige Kritik ein Statement: „Die Aussagen Sugitas weisen einen Mangel an Verständnis und Rücksichtsnahme gegenüber Betroffenen auf.“ Das Büro Sugitas gab daraufhin eine Stellungnahme der Politikerin bekannt: „Ich nehme diese Sache ernst und werde unablässig daraus lernen.“

Laut der Nachrichtenagentur Kyodo News sei es unüblich, dass die LDP auf persönliche Aussagen ihrer Politiker Bezug nehme. Während der Parteivorsitzende und Japans Premierminister Abe sich zunächst gar nicht äußerte, hatte Generalsekretär Nikai Toshihiro noch am 24. Juli gegenüber der Presse geäußert, dass jedes LDP-Mitglied seine eigenen politischen Positionen und Lebensphilosophien habe. Inzwischen kommentierte auch Abe bei einem Gespräch mit der Presse am 02. August, dass es nur natürlich sei, einer vielseitigen und die Menschenrechte respektierenden Gesellschaft entgegenzustreben.

Das nachsichtige Vorgehen der LDP, das Sugita lediglich ermahnte, zukünftig vorsichtig zu sein, wurde wiederum selbst zur Zielscheibe von Kritik. Auch der „Verband für LGBT-Gesetze“ veröffentlichte ein weiteres Protestschreiben auf seiner Website.

Die Ereignisse regen zum Nachdenken an

Wegen der Kette der Ereignisse wird im Internet aktuell viel über LGBT und Minderheiten diskutiert. Ein Beispiel: Gelten heterosexuelle, kinderlose Paare oder behinderte Menschen laut Sugitas Ansicht auch als „unproduktiv“? Können Menschen überhaupt nach ihrer„Produktivität“ beurteilt werden?

Ende Juli veröffentlichte die oppositionelle KDP (Konstitutionell-Demokratische Partei) einen Gesetzesentwurf, der die gleichgeschlechtliche Ehe vorsieht. Obwohl Sugitas Aussage absolut unentschuldbar ist, hat sie sicherlich vielen Menschen in Japan Anlass dazu gegeben, über die aktuelle Gesellschaftsentwicklung nachzudenken

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