Japan ist eher bekannt für seine Fischgerichte. Steht die Frage nach Fisch oder Fleisch, kann man sich eher letzteres aus dem japanischen Alltag wegdenken. Doch auch Fleisch spielt eine enorm wichtige Rolle in der Hausmannskost – allerdings etwas anders als zum Beispiel in Deutschland.
Apropos Deutschland: Deutsche werden gern beim Erstkontakt in Japan danach gefragt, ob Wurst in Deutschland wirklich so gut schmecke, wie man im Vergleich dazu die japanische Wurst finde und ähnliches.
Doch Wurst ist hier schon mal nicht gleich Wurst. Während man in Deutschland mit dem Wort zahlreiche Arten assoziiert, meint man in Japan mit Wurst eher Wiener und Bockwürste – vor allem aber die Miniwiener, die von japanischen Fleischkombinaten unter klangvollen Namen wie “Schauessen” unters Volk gebracht werden. Große Würste wie Jagd- oder Bierwurst und Co., aber auch Tee- und Leberwurst usw. gibt es nämlich in Japan eigentlich nicht – außer beim Spezialitätenfleischer, aber nach denen muss man lange suchen. Doch auch ein paar andere, in der deutschen Küche essentielle Fleischprodukte gibt es nicht: Bauchspeck zum Beispiel, oder Gänseschmalz.
Karnivore Hobbyköche haben damit natürlich ein kleines Problem, denn zerlassener Speck lässt sich nicht so ohne weiteres imitieren (meine Lösung: richtig fettreiche Pancetta nehmen). Als ich einen Metzger (mit einem deutschen Ladennamen) deshalb mal fragte, erfuhr ich, dass japanische Zuchtschweine einfach keine dicke Speckschwarte haben – so einfach ist das).
Was es jedoch überall in rauen Mengen gibt, ist ganz fein geschnittenes, rohes Fleisch – sowohl vom Rind als auch vom Schwein. Und was sich damit alles anstellen lässt! Man kann die rohen Scheiben zum Beispiel nur ganz kurz im kochenden Wasser “blanchieren”, oder ein Mille-Feuille zaubern (zum Beispiel abwechselnd mit Chinakohl und hauchdünnem Schweinefleisch, dazu dann Ponzu – ein Zitrusessig). Meistens wird das Fleisch jedoch nur ganz kurz mit Gemüse angebraten und mit (oder auf) Reis gegessen. Geht schnell, schmeckt gut und macht satt.
Natürlich sind auch Steaks beliebt, aber da Rindfleisch, vor allem japanisches, sehr teuer ist, gibt es Steak bei den meisten Familien nur zu besonderen Anlässen. Der Fleischhunger wird zwischendurch eher mit besagten Würstchen (aber Vorsicht: Auch Fischwürste sind weit verbreitet!) oder mit “Hamburg” gestillt. “Hamburg” (ハンバーグ) lautet auf Japanisch die brotlose Variante des Hamburgers – sprich, ein Hacksteak (deshalb, weil es bei weitem nicht so hart ist wie eine Frikadelle zum Beispiel).
Interessant bei der Sache ist die unterschiedliche Einstellung zum Fleisch und dessen Verarbeitung: In Japan zum Beispiel sind Eingeweide über alle Maßen beliebt – ob man da den Pansen oder Flecken beim Yakiniku-Restaurant über das Feuer schwenkt oder Hühnerinnereien im Motsunabe verkocht. Selbst Knorpel werden nicht weggeworfen, sondern paniert und frittiert. Dass ist in Mitteleuropa nicht jedermanns Sache. Aber im Gegenzug dazu hat es schon manchen Japaner aus den Socken gehauen, wenn er aus Versehen in Deutschland ein “Steak Tatar” oder einfach nur ein Mettwurstbrötchen bestellt hat. Denn rohes Schweinefleisch (oder Rinderhack) ist in Japan schlichtweg undenkbar.
In Sachen Fleischquelle ist man in Japan übrigens im Gegensatz zu China oder auch Korea eher wählerisch: Wildschwein und Pferd (letzteres hauptsächlich roh, wohlgemerkt!) geht noch, aber Hund oder Hase zum Beispiel kommt in Japan auf keinen Fall auf den Tisch.
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