Takaichis erster Monat im Amt: Ein frischer Wind für Japan?

Matthias Reich
Matthias Reich

Es ist ungefähr einen Monat her, dass Takaichi Sanae zur ersten Premierministerin gewählt wurde, für einige durchaus überraschend. Nun, da sich der Staub, den die Wahl ausgelöst hatte, etwas gelegt hat, lohnt sich ein Blick auf die ersten Wochen im Amt.

© American Photo Archive / Alamy

Alljährlich wird in Japan der Begriff oder auch das Zitat des Jahres gewählt. Zuerst sammelt man die meistgehandelten 30 Vorschläge und daraus später den Begriff des Jahres. Die frischgebackene Premierministerin ist ebenfalls in der Liste zu finden, mit ihrem Ausspruch: „Ich werde arbeiten, arbeiten, arbeiten und nochmals arbeiten.“ Das Image der arbeitsamen Politikerin mit hochgekrempelten Ärmeln trug ihr viel Sympathie ein, und Meldungen wie „Mitarbeiter beschweren sich, dass Takaichi morgens um 3 Uhr zur Sitzung ruft“ werden entsprechend eher positiv als negativ aufgenommen. Ihr Kabinett ging mit einer Zustimmungsrate von 68 Prozent in die Legislaturperiode, und das liegt zu einem guten Teil an Takaichis Image. Und an dem arbeitet sie weiter. So gab sie bekannt, ihr eigenes Gehalt und das der Minister kürzen zu wollen.

Außenpolitik in den ersten Wochen

Bevor es zur Landespolitik geht, musste die Premierministerin jedoch gleich ein paar sehr dicke außenpolitische Bretter bohren. Kaum im Amt, gab es auch schon erste Treffen mit Donald Trump, dem südkoreanischen Präsidenten Lee Jae-myung und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Im Prinzip sind dies die drei wichtigsten Gesprächspartner für jeden japanischen Politiker. Mit Donald Trump schien sich Takaichi auf Anhieb zu verstehen. Dabei half sicherlich, dass sie das politische Ziehkind von Abe Shinzō ist, mit dem Trump eine enge Freundschaft verband.

newsNEWS | Trump und Japan: Erste AnnäherungPremierminister Abe sprach mit Donald Trump und betonte die Bedeutung der Beziehungen zwischen den USA und Japan für die regionale Stabilitä...11.11.2016

Das Treffen mit dem südkoreanischen Präsidenten wiederum verlief überraschend freundlich. Takaichi gilt als stramm rechtsgerichtete Hardlinerin, weshalb man in Südkorea schon das Schlimmste befürchtete. Diese Sorgen verflogen jedoch nach einer regelrechten Charmeoffensive, inklusive einer symbolträchtigen Verbeugung Takaichis vor der südkoreanischen Flagge. Auch das erste Treffen mit dem Präsidenten Chinas verlief freundlich, doch keine zwei Wochen später zeigte Takaichi bereits deutlich, was sie von der Außenpolitik Chinas hält. In einer Rede vor dem Parlament erklärte sie, dass ein Angriff Chinas auf Taiwan möglicherweise als Gefahr für die Existenz Japans gelten könnte. Dies wäre die Voraussetzung für ein Eingreifen der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte. Umgehend folgten scharfe Proteste aus der Volksrepublik und eine sofortige Verschlechterung der chinesisch-japanischen Beziehungen, inklusive der Herausgabe einer Reisewarnung an alle chinesischen Staatsbürger. Das bleibt nie ohne wirtschaftliche Folgen für Japan.

Beliebt bei Jungen, schwach bei Alten

Doch auch diese Position kommt im Inland gut an. Takaichi ist dabei genau das Gegenteil des vormaligen und eher zahnlosen Premierministers Ishiba Shigeru. Takaichi ist beliebt bei jungen Wählern, Ishiba war es vor allem bei älteren. Auch die modernen Medien sind ganz ihr Metier. Je stärker sich Wähler sozialer Medien als Informationsquelle bedienen, desto höher ist Takaichis Beliebtheit. Auch hier war es bei Ishiba genau umgekehrt.

Große Erwartungen, große Baustellen

So gesehen hat die erste Frau an der Spitze der japanischen Politik viele Vorschusslorbeeren. Doch schon bald wird sie sich an Taten messen lassen müssen. Die Inflation lässt nicht nach, und der japanische Yen schwächelt weiterhin, was die angespannte wirtschaftliche Lage zusätzlich verschärft. Auch die demografische Entwicklung bleibt eine der größten Herausforderungen Japans. Dagegen ist das auch von Takaichi gern besungene „Ausländerproblem“ eher ein kleineres. Dies allein wird jedoch nicht ausreichen, um spürbare, positive Veränderungen in Japan zu bewirken.

Kommentare

Diese Woche meistgelesen

Top Stories

Autoren gesucht

Lesen Sie hier, wie Sie Teil unseres Teams werden!