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Fridays for Future in Japan

Constanze Thede
Constanze Thede

Im internationalen Vergleich ist die Fridays for Future-Bewegung in Japan sehr klein, doch Imai Erina (23) und Allison Lin (15) engagieren sich unbeirrt für den Klimaschutz.

Globale Klimademonstration in Kōbe
© Fridays for Future Kobe

Im Dezember 2018 rüttelte Greta Thunberg die Welt auf, als sie auf der Weltklimakonferenz in Kattowitz an die dort versammelten Staatsoberhäupter appellierte, aktiv gegen die Klimakrise anzutreten. Sie löste eine weltweite Bewegung aus – allein in Deutschland gingen bei der letzten globalen Klima-Demonstration am 29. November 2019 laut Angaben der Veranstalter 630.000 Menschen auf die Straße. Am 20. September waren es sogar 1,4 Millionen. Doch wie stark ist Fridays for Future in Japan?

Globaler Klimastreik in Kōbe
© Fridays for Future Kobe

Leider geht der Kampf gegen die Klimakrise dort nur sehr langsam voran. Im Vergleich zu anderen Ländern erscheint die Zahl derjenigen, die in Japan für Fridays for Future auf die Straße gehen, geradezu verschwindend gering: Selbst am 20. September, der weltweit Rekordzahlen an Demonstrierenden vorzeigen konnte, nahmen dort nur etwa 5.000 Menschen an dem Protest teil. Wie kommt es, dass die Bewegung in Japan so klein ist?

Fridays for Future Kōbe: Logo
© Fridays for Future Kobe

Imai Erina (23), eine der Hauptorganisatorinnen von Fridays for Future Kōbe, glaubt, dass es an der fehlenden Protestkultur in Japan liegt. Sie bemüht sich deshalb, der Bewegung ein positives Image zu verleihen: Statt Climate Strike verwendet sie lieber den Begriff Climate March, da dies nicht so sehr nach Widerstand gegen die Obrigkeit klingt – etwas, das in Japan nicht gern gesehen wird.

Erina Imai
© Fridays for Future Kobe

Dafür, dass sich in Japan so wenige Menschen für die Fridays for Future-Bewegung engagieren, sind diejenigen, die es doch tun, umso leidenschaftlicher dabei. Imai Erina interessierte sich schon, bevor die Bewegung in Japan begann, für Klimaschutz, und war aktives Mitglied der Jugendorganisation Climate Youth Japan. Als sie von 2017 bis 2018 für ein Jahr als Austauschstudentin in Deutschland war, nutze sie die Gelegenheit, als Mitglied dieser Organisation an den Weltklimakonferenzen in Bonn und Kattowitz teilzunehmen. Die Teilnahme hat sie dermaßen inspiriert, dass sie auch vor Ort in Japan ihr Engagement fortsetzen wollte. Sie schwärmt von der Konferenz in Kattowitz: „Junge Menschen aus aller Welt kamen dort zusammen und es wurden vor Ort Demos veranstaltet, auch um die internationalen Debatten anzustoßen. Ich habe an sehr vielen dieser Demos teilgenommen und dabei realisiert, dass das sehr viel Spaß machen kann.“

Man kann es als glückliche Fügung bezeichnen, dass Imai Erina am 22. Februar 2019 auf Jobsuche in Tōkyō war, denn so konnte sie gleich an der ersten Fridays for Future-Demonstration in Japan teilnehmen, die am selben Tag stattfand. Imai, die derzeit in Kyōto wohnhaft ist, startete zunächst dort eine Zweigstelle von Fridays for Future, bevor sie die Bewegung auf Kōbe ausweitete. Zu Beginn gab es zwar nur wenige Teilnehmer, doch inzwischen trifft sich die Gruppe jede Woche für die Freitagsdemonstrationen. Darüber hinaus arbeiten die Mitglieder aktiv daran, das Klimabewusstsein in der Bevölkerung zu stärken, indem sie z.B. Workshops zum Thema Plastikmüll und anderen klimarelevanten Themen veranstalten. So können die Teilnehmer auch lernen, wie man selbst Zahnpasta herstellt, um im Alltag Plastikmüll zu vermeiden.

Zahnpasta-Workshop
© Fridays for Future Kobe

Imai und ihre Mitstreiter kämpfen außerdem dafür, dass die japanische Regierung den Klimanotstand ausruft und bis 2050 die Treibhausgasemissionen auf Null senkt. Zur Zeit befinden sie sich darüber in Verhandlungen mit der Präfektur Hyōgo und der Stadt Kōbe. Insgesamt wünscht sich Imai mehr Rückhalt von der japanischen Regierung, besonders von Umweltminister Koizumi. Dieser kritisierte Ende letzten Jahres Greta Thunberg für ihren Ansatz, die Erwachsenen anzuklagen, und äußerte, dass er hoffe, die japanischen Jugendlichen würden eine andere Herangehensweise an den Klimaschutz finden. Imai hätte es lieber, er würde wie Angela Merkel die Fridays for Future-Bewegung unterstützen, oder sie zumindest in ein positiveres Licht rücken. Schließlich war er auch bei den Weltklimakonferenzen dabei und hat dort mit den Jugendlichen von Climate Youth Japan gesprochen.

Globale Klimademonstration in Kōbe
© Fridays for Future Kobe

Insgesamt engagieren sich in Japan mehr Studenten als Schüler für die Fridays for Future-Bewegung. Allison Lin (15) vermutet, dass dies auch an dem hohen Prüfungsdruck in Japan herrscht: Die Mittelschüler müssen für die Aufnahmeprüfung an der Oberschule lernen und die Oberschüler haben während der Vorbereitungen auf die Eintrittsexamen der Universitäten kaum Zeit für außerschulisches Engagement. Für den Klimaschutz die Schule zu schwänzen kommt überhaupt nicht in Frage, da man dann als faul und unzuverlässig gelten würde. Aus diesem Grund finden die meisten Freitagsdemonstrationen in Japan nicht während der Unterrichtszeit sondern erst nachmittags um 16 Uhr statt.

Allison selbst kommt aus Taiwan, lebt seit drei Jahren in Japan und besucht in Kōbe die Canadian Academy, eine internationale Schule. Sie meint, dass sich die internationale Gemeinschaft in Japan deutlich mehr für den Klimaschutz engagiert als die meisten Japaner. Im Eco Club („Öko-Club“) an ihrer Schule sind aber auch viele ihrer japanischen Mitschülerinnen aktiv und sie und ihre Schulkameraden bewundern Greta Thunberg sehr. Allison ist vor allem an ihrer Schule für den Klimaschutz aktiv und organisiert z.B. im Rahmen der Global Issues Network Conference (an deren Planung sie ebenfalls mitwirkt) die jährlich im April stattfindende Earth Week, eine dem Klimaschutz gewidmete, weltweit an Schulen stattfindende Themenwoche.

Allison Lin beim globalen Klimastreik in Kōbe
© Fridays for Future Kobe

Imai Erina wird ab April nicht mehr in Kyōto und Kōbe für Fridays for Future aktiv sein können, da sie dann für ein Unternehmen im Bereich Erneuerbare Energien arbeiten wird. Ob sie dann weiterhin an Klimademonstrationen teilnehmen kann, ist unklar, da besonders neu angestellte Mitarbeiter meist nicht die Freiheit haben, sich für so etwas einfach freizunehmen. Sie hofft aber, dass ihr Unternehmen diesbezüglich toleranter sein wird, schließlich wird ihre Arbeit eng mit dem Klimaschutz verknüpft sein.

Globaler Klimastreik in Kōbe
© Fridays for Future Kobe

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