Nakasendō: Wandern auf der historischen Handelsstraße im Kiso-Tal

Natascha Mattern
Natascha Mattern

Die Teilstrecke Magome-Tsumago der historischen Handelsstraße Nakasendō verläuft durch das malerische Kiso-Tal in den Japanischen Zentralalpen in der Präfektur Nagano und Gifu. Hier kann man in einer atemberaubenden Berglandschaft zwischen ehemaligen Poststationen wandern. Kommen Sie mit auf eine Zeitreise in das alte Japan!

Auf der Hauptstraße in Tsumago können Besucher die vielen hübschen Holzbauten bewundern.

Die Edo-Zeit (1603-1868) war eine Zeit des Friedens unter der Herrschaft des Tokugawa-Shōgunats. In dieser Zeit wurde das japanische Fernstraßennetz erneuert. Es gab fünf Hauptstraßen, die als Route für den Shōgun und die Daimyō (lokale Feudalherren) zwischen den damaligen Machtzentren dienten und auch für die Kommunikation und den Handel innerhalb des Shōgunats wichtig waren. Dem ein oder anderen Leser dürfte die Tōkaidō-Straße (東海道‚ „Ostmeerstraße“) bekannt sein: Sie ist die berühmteste der alten Handelsrouten und verband die damalige Hauptstadt Edo (das heutige Tōkyō) mit der Kaiserstadt Kyōto.

Die weniger bekannte Nakasendō verband ebenfalls die beiden Städte, wobei sie im Gegensatz zur Tōkaidō, die entlang der Pazifikküste verlief, quer durch das japanische Gebirge im Inland führte. Daher auch der Name „Nakasendō“ (中山道), der „Straße durch das Zentralgebirge“ bedeutet. Entlang der Straße befanden sich 67 Stationen, an denen die Reisenden Rast einlegen konnten und sich vielerorts Ortschaften bildeten. So hat schon der berühmte Dichter Matsuo Bashō die Nakasendō bereist.

Die heutige Nakasendō: Wanderung zwischen Magome und Tsumago

Die Nakasendō in ihrer ursprünglichen Form existiert nicht mehr, denn es haben sich lediglich Teilstrecken der ehemals 534 km langen Strecke erhalten. Einige von ihnen wurden restauriert und werden heute als Wanderstrecke genutzt.  Die bekannteste unter ihnen ist die Teilstrecke zwischen Magome und Tsumago im Kiso-Tal.

Die 8 km lange Weg führt durch dichte Wälder und sonnendurchflutete Bambushaine, vorbei an kleinen Bächen mitten in einer atemberaubenden Bergkulisse. Hin und wieder trifft man auf einzelne Wohnhäuser und deren freundliche Bewohner. Die Dörfer selbst wirken wie aus einer längst vergangenen Zeit und so fühlt man sich in das frühere Japan zurückversetzt. Für die gesamte Strecke benötigt man ungefähr 2 bis 3 Stunden zu Fuß.

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In den Dörfern werden sowohl nützliche Dinge für die Wanderung, als auch Kunsthandwerk und Souvenirs verkauft.

Magome (馬籠)

Die alte Poststation wurde wunderschön restauriert und entlang der steingepflasterten Hauptstraße trifft man auf gut erhaltene japanische Holzgebäude. Im Übrigen hat die kleine Stadt einen berühmten Sohn: Shimazaki Tōson ist ein wichtiger japanischer Autor und wurde 1872 in Magome geboren. In seinem bekanntesten Roman „Vor der Dämmerung“ beschreibt er das Leben in Magome in den ersten Jahren nach der Meiji-Restauration (1868). Besonders der erste Satz ist dabei berühmt geworden: „Die komplette Kiso-Straße liegt in den Bergen.“

Um das Andenken an den großen Schriftsteller zu würdigen, hat die Stadt mehrere kleine Museen eingerichtet, die sich seinem Leben widmen, wie beispielsweise das Toson Memorial Museum in seinem Geburtshaus.

Tsumago (妻籠)

Tsumago ist die landesweit am besten erhaltene Poststadt aus der Edo-Zeit. Es gibt keine Autos oder Strommasten und Kabel wurden unterirdisch verlegt, sodass nichts die Atmosphäre der pittoresken Stadt stört. Neben einer Reihe kleiner Gaststätten säumen einige traditionelle Unterkünfte die schmalen Gassen. Es lohnt sich daher, eine Nacht in diesem idyllischen Ort zu verbringen.

Bärenglocken

In den japanischen Bergen trifft man sie noch: Bären! Der Japanische Schwarzbär haust vor allem in den Bergwäldern der Inseln Honshū und Shikoku. Man nimmt an, dass rund 10.000 Exemplare zurückgezogen dort leben. Auf einer Wanderung begegnet man daher immer wieder sogenannten Bärenglocken. Diese kann man vorsorglich läuten, denn der Lärm der Glocke soll die Bären verscheuchen. Ein lustiges Kuriosum auf dem Weg!

Das Kiso-Tal liegt malerisch in den Bergen inmitten unberührter Natur.

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Weitere Ausflugsmöglichkeiten im Kiso-Tal

Das Kiso-Tal in den Japanischen Zentralalpen, die auch Kiso-Gebirge genannt werden, erstreckt sich über die Präfekturen Nagano und Gifu. Es gab hier früher eine eigene Handelsstraße, die Kiso-ji (木曽路), die rund 70 km durch das Tal führte und später in der Nakasendō aufging.  Neben der Wanderung auf der ehemaligen Poststraße gibt es noch viele weitere Highlights zu entdecken.

Narai, die vormals reichste Stadt der Handelsstraße, verfügt über die größte Anzahl historischer Häuser im Kiso-Tal. Das kleine Städtchen Hirasawa ist für japanische Lackwaren berühmt. Wer die vielen Naturschönheiten bewundern will, kann einen Ausflug in die Kiso-Berge unternehmen, unter denen der 2.955 m hohe Berg Kisokoma und der 2.931 m Berg Hōken die bekanntesten sind.

Anreise

Die nächstgrößere Stadt in der Nähe ist Nagoya. Die Wanderung auf der Nakasendō von Magome nach Tsumago eignet sich perfekt für einen Tagesausflug, da beide Orte gut von der Stadt aus erreicht werden können. Nehmen Sie dazu zunächst einen Zug bis zur JR-Station Nakatsugawa und von dort einen der Busse nach Magome und Tsumago. Nagoya eignet sich im Übrigen auch als Basis für viele andere Ausflüge in das Kiso-Tal oder die Japanischen Alpen.

Achtung Bären! Bitte einmal läuten, um eine Begegnung zu vermeiden, die unangenehm enden könnte.

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