Japanischer Garten: Ruhe, Ästhetik und Spiritualität

Sina Arauner
Sina Arauner

In Japan und weltweit sind japanische Gärten eine beliebte Form der Landschaftsgestaltung. Doch kaum ein japanischer Garten gleicht dem anderen, denn es gibt zahlreiche Stile mit verschiedenen Merkmalen und Funktionen. Diese drei Arten eines japanischen Gartens sind die gängigsten.

japanischer garten vor wolkenkratzern

Man muss nicht mit eigenen Augen die Vielfalt der japanischen Natur bestaunt haben, um ein Bild deren Schönheit im Kopf zu haben. Weltweit gibt es unzählige japanische Gärten, die mehr oder weniger authentisch der ästhetischen und harmonischen Qualität ihrer japanischen Vorbilder – und damit der malerischen japanischen Natur – nacheifern.

Der Vulkan Sakurajima in der Bucht vor Kagoshima.Japans vielseitige natürliche LandschaftenDie japanische Natur ist in zahlreichen Kunstwerken verewigt – und übertrifft deren Schönheit oft sogar noch. In ihrer Ausdehnung von Nord n...16.05.2019

Auf Japanisch heißen die traditionellen Gärten nihon teien. Sie zeichnen sich durch die bemerkenswert friedliche und beruhigende Atmosphäre aus, die sich zu jeder Jahreszeit von einer anderen Seite zeigt. Im Lauf der Jahrhunderte haben sich in Japan viele Stile japanischer Gärten entwickelt, besonders alte sind teils nur noch in der Kunst erhalten. Heutzutage unterscheidet man in Japan zwischen drei Hauptarten: karesansui (Steingarten), tsukiyama (Hügel-und-Teich-Garten) und chaniwa (Tee-Garten). Neben diesen gibt es jedoch noch viele andere Stile, die sich zu unterschiedlichen Epochen der japanischen Geschichte und zu unterschiedlichen Zwecken entwickelt haben. Werfen wir einen Blick auf die drei Hauptarten.

„Um die Schönheit eines japanischen Gartens zu verstehen, muss man zuerst verstehen – oder zumindest lernen, zu verstehen – was es mit der Schönheit der Steine auf sich hat.“ – In einem japanischen Garten, Lafcadio Hearn (1850-1904)

Karesansui: Japanischer Steingarten

japanischer Steingarten mit Felsen, Kies und Moos

Karesansui sind trockene Landschaftsgärten aus Felsen, Sand oder Kies und teilweise Pflanzen (vor allem Moos). Da Steingärten an buddhistischen Zen-Tempeln besonders häufig sind, tragen sie auch den Spitznamen Zen-Garten. Eine Besonderheit der Steingärten ist die Darstellung von Wasser durch Muster, die in den Kies gerächt werden. So werden Wasserfälle (durch die Formation der Felsen), aber auch die japanischen Küsten- und Insellandschaften, durch Fels- und/oder Mooslandschaften in einem Meer aus Kies eingebettet – reproduziert. Da die intrikaten, in den Sand oder Kies gerächten Muster den Elementen ausgesetzt sind, erfordern Steingärten ein hohes Maß an Instandhaltung.

Historisch haben sich die trockenen Gärten etwa ab dem 14. Jahrhundert entwickelt. Zunächst wurden in ihnen oft Zeremonien abgehalten, da der in Gärten ausgelegte weiße Sand Reinheit symbolisiert. Mit der Verlagerung von Riten in designierte Innenräume übernahmen die Gärten zunehmend die Funktion eines Orts für Besinnung und Meditation. Daher sind Steingärten so konzipiert, dass man ihre schönste Seite von einem Punkt im Sitzen am besten betrachten kann. Merkmale der Steingärten sind Felsgruppierungen von je drei Felsen (ein größerer und zwei kleinere) als Symbol Buddhas mit zwei Begleitern.

Chaniwa: Japanischer Teegarten

Tor zu einem japanischen Teegarten

Der Teegarten ist oftmals gar kein „richtiger“ Garten, sondern ein Pfad, der zu einem Teezimmer führt. Diese Gärten sind meist nicht der Öffentlichkeit zugängig, sondern gehören zu den entsprechenden Tee-Etablissements, oder sie sind als Teil in einen größeren japanischen Garten integriert. Oft sind chaniwa in einen voneinander durch einen Zaun oder angepflanzte Flora abgetrennten inneren und äußeren Teil unterteilt. Die Atmosphäre des Gartens ist sehr natürlich und lädt den Besucher ein, sich für den Moment der bevorstehenden Teezeremonie von der Welt zu lösen.

In chaniwa sind steinerne Elemente typisch, etwa Steinlaternen oder ein Pfad aus steinernen Trittsteinen. An einem Becken aus Stein, oft zwischen dem äußeren und inneren Garten platziert, können Besucher sich vor der Teezeremonie die Hände reinigen. Teegärten sind in ihrem Design meist minimalistisch und rustikal und spiegeln so die Wabi-Sabi-Ästhtetik der Schönheit des Imperfekten wider, die auch in der Teezeremonie eine Rolle spielt.

Tsukiyama: Japanischer Hügelgarten

Japanischer Hügelgarten mit Teich im Vordergrund

Eine Hügellandschaft umgeben von japanischer Flora und Teichen und hindurch schlängelt sich ein kunstvoll angelegter Pfad. Tsukiyama, japanische Hügelgärten, sind mitunter die beliebtesten der japanischen Gärten und wohl auch im Ausland repräsentativ für das Bild eines japanischen Gartens. Die Gärten, die sich um eine künstlich angelegte Hügellandschaft aufbauen, sind in Japan seit der Edo-Zeit (1603-1867) gängig. Teiche und manchmal Wasserfälle, Bäume, Blumen und Wiesenbereiche umgeben einen oder mehrere Hügel und malen auch hier wieder die natürlichen Landschaftsbilder Japans. Häufig enthalten tsukiyama Elemente der japanischen Mythologie, etwa eine Schildkröten- und eine Kranich-Insel in einem Teich. Beide Tiere symbolisieren langes Leben.

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Tsukiyama sind sogenannte Spaziergärten: Entlang der Pfade entdeckt man die verschiedenen Szenerien der Gärten, weshalb diese häufig recht weitläufig sind. Die großen privaten Gärten der Feudalherren der Edo-Zeit, die regelmäßig zwischen ihrem Hauptsitz und der Hauptstadt pendeln mussten, boten so eine Möglichkeit, „Ausflüge“ zu machen und den Geist während des Spazierens zu berühmten Landschaften Japans fliegen zu lassen. Daher sind sie besonders oft in Städten mit Burgen und zahlreich in Tōkyō vertreten Auch heute dienen tsukiyama als Ort der spirituellen Freiheit, die den Besucher einladen, seine Seele frei gleiten zu lassen.

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