Takeshi’s Castle und das deutsche Japan-Bild

Hannah Janz
Hannah Janz

„Wieder bricht ein Tag auf der Burg des Fürsten Takeshi an. Auch heute wird er sich der Eindringlinge erwehren müssen, die versuchen, seine Burg zu stürmen“ – So die Story. Im deutschen TV begeisterte sie ihre Zuschauer für Japan.

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Fürst Takeshi heckt immer wieder neue Methoden aus, um seine Burg zu verteidigen. (c) TBS

Hundert arme Versuchskaninchen werden durch einen Parcours gescheucht – und dabei mit Bällen beschossen, in den Matsch geworfen und ordentlich durchgeschüttelt. Die letzten Übriggebliebenen versuchen in einem erbitterten Endkampf, Fürst Takeshi die Burg abzuluchsen.

Takeshi, das ist Kitano Takeshi, der weltweit mit „Hanabi“ oder „Sonatine“ berühmt gewordene Regisseur, Schauspieler, Maler – und enfant terrible unter den japanischen VIPs. Er spielt den Fürsten, dem es Spaß macht, die Kandidaten mit besonders fiesen Aufgaben zu quälen.

Das wilde, bunte, schadenfrohe Konzept funktionierte nicht nur in Japan. Auch in den USA, Spanien und Deutschland feuerten Fans das gebeutelte Fußvolk bei der Erstürmung der Burg Takeshi an.

Durch Popkultur Japan kennenlernen

Gedreht wurde Takeshi’s Castle in Japan von 1986 bis 1989, im deutschen Fernsehen lief sie zunächst von 1999 bis 2001. In Zeiten, in denen Anime-Serien wie Sailor Moon und Pokémon das deutsche Publikum erstmals begeisterten, unterstützte Takeshi’s Castle die zunehmende Beliebtheit der japanischen Popkultur.

Der Stil der Show erinnert an Jump-’n’-Run-Computerspiele wie Super Mario. Die Kandidaten beweisen sich in verschiedenen Leveln, oft unter Zeitdruck und im Kampf gegen verrückte Gegner. Damit entstand ein dynamischer, poppiger Eindruck japanischer Ästhetik.

Es ging aber nicht nur um Klamauk. Durch Takeshi’s Castle lernten die Zuschauer viel über die japanische Kultur – wenn auch meist nur unterbewusst, denn die deutsche Moderation bediente hauptsächlich Klischees über Japan.

Japanizität mit Augenzwinkern

Die Daimyō-Burg ist natürlich pseudohistorische Kulisse, ebenso wie die aufgeklebten Samurai-Frisuren. Weil es sich offensichtlich nur um billige Requisiten handelte, ermöglichte ihre Darstellung im deutschen Fernsehen nicht nur neue visuelle Erfahrungen. In Europa verbreitete und mit Pathos belegte Vorstellungen eines „alten Samurai-Japans“ erhielten nun vielmehr eine lächerliche Komponente. Indem Fürst Takeshi & Co sich selbst durch den Kakao zogen, ermöglichten sie eine nicht mehr ganz so ernste Betrachtung vermeintlicher japanischer Traditionen.

Wer hat Angst vorm großen bösen Samurai? Dieser Kandidat offensichtlich nur am Anfang. via GIPHY

Gleichzeitig verband die Begeisterung für den Einsatz der Teilnehmer und die herzliche Schadenfreude über ihr Scheitern Takeshi’s Castle-Fans weltweit miteinander. Deutsche und japanische Zuschauer waren sich einig, dass das Spielkonzept Spaß macht – und wurden so im Humor vereint.

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