Trends in der japanischen Werbung

Matthias Reich
Matthias Reich

In Japan fällt Besuchern schnell die Werbedichte auf. In den Städten kann man sich der Werbung kaum entziehen. Der Konkurrenzdruck ist entsprechend hoch und ebenso die Kosten - weshalb man gerade in Japan etwas kreativer sein muss als anderswo.

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Werbung, Werbung, Werbung – das Fernsehprogramm wird alle paar Minuten für kurze Werbeblöcke unterbrochen. Diese sind so kurz, dass man in der Zeit nicht einmal etwas Sinnvolles machen kann. Die Stadtbahnen sind voll damit – dank Bildschirmen und Werbepostern, die in der Mitte der Bahnen von der Decke baumeln. Menschen mit mehr als 1,80 m Körpergröße bekommen da mehr Kontakt mit der Werbung als ihnen lieb ist. Auch auf der Straße kommt man nicht drumherum, werden doch an allen Ecken und Enden Taschentücher kostenlos verteilt, die natürlich auch als Werbeträger genutzt werden. Wäre die Qualität besagter Taschentücher nicht so schlecht,  müsste man eigentlich nie welche selber kaufen.

Werbung in japanischen Zügen lässt Blicke nach oben schweifen. (c) Matthias Reich

Doch die Werbelandschaft verändert sich auch in Japan, sie passt sich an. Werden die Menschen einer Methode überdrüssig, wird die nächste Methode ausprobiert. Die Werbung wird raffinierter und indirekter. Das große Zauberwort lautet seit Jahren kuchikomi 口コミ (“Mundkommunikation”), ergo Mundpropaganda – gemeint ist damit aber nicht Gesprochenes, sondern Benutzerrezensionen auf allen möglichen Onlineplattformen. Dass nicht selten mehr als die Hälfte davon sakura さくら “Kirschen”, so der Name für bezahlte oder selbst ausgedachte Benutzerbewertungen, sind, wissen zwar nunmehr die meisten, aber die Methode ist noch immer sehr wichtig und erfolgreich.

Was jedoch am meisten zieht sind bekannte oder respektierte Personen. Oxford University Press, ein weltweit namhafter Bildungsverlag, staunte vor ein paar Jahren nicht schlecht, als plötzlich ein regelrechter Kaufrausch für das Oxford Picture Dictionary die Lagerhallen leerte. Der Grund: In einem kleinen Taschenbüchlein hatte sich der damalige Google Japan-Chef positiv über eben jenes Lehrmaterial geäußert. Das reichte aus, um zehntausende Bücher abzusetzen – ganz ohne Werbebudget in diesem Fall, aber natürlich versuchen die Werbeagenturen auch, das Ganze geplant herbeizuführen.

Eine in Tōkyō und Ōsaka oft anzutreffende Variante ist auch die Benutzung von Personen als Werbeträger – jemand steht oder sitzt also mit einer Werbetafel am Straßenrand – den lieben langen Tag lang. Das ist billiger als irgendwo eine große Werbetafel anmieten zu müssen – und persönlicher, da man sich auch unweigerlich den Werbeträger ansieht und grübelt, ob man ihn denn nun beneiden oder bemitleiden soll.

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Neonfarbene Werbung zieht in monotonen Häuserblöcken die Aufmerksamkeit auf sich. (c) Matthias Reich

Zwei Trends fallen jedoch in jüngerer Zeit besonders auf. Zum einen der Trend, Ausländer in japanischen Werbespots auftreten zu lassen. Das kann recht witzig sein (wie zum Beispiel Quentin Tarantinos Auftritt bei der Werbung des Mobilfunkriesen Softbank), aber es kann auch sehr nervig sein – vor allem, wenn die Darsteller ihr Japanisch in einem absichtlich deutlich gemachten Ausländerakzent vortragen.


[Video] Softbank-Werbung mit Quentin Tarantino.

Man denke nur an die “Abura Management”-Kampagne für Schlankmachertee. Japanisch sprechenden Ausländern bereitet diese Werbung unweigerlich physische Schmerzen.


[Video] Abura-Management Werbung mit Miranda Kerr.

Ein anderer Trend, seit Jahren zunehmend, ist die Nationalismusmasche à la “Kauft nur japanische Produkte”. Umwelttechnisch ist das natürlich sinnvoll, aber auch Firmen, die auf diese Methode setzen, nutzen freilich in vielen Fällen das kostengünstige Auslagern der Produktion ins Ausland.

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