Trotz Japans Abschottung von der Außenwelt in der Tokugawa-Zeit (1603-1854) fand japanisches Kunsthandwerk vor allem durch die holländischen Händler den Weg nach Europa. Der Dresdner Zacharias Wagner, der mit der Niederländischen Ostasien-Kompanie Japan besuchte, brachte Porzellan aus Arita zurück in seine Heimat. August der Starke, Kurfürst von Sachsen, war so beeindruckt von den Werken, dass er 1710 in Meißen eine Porzellanmanufaktur (Meissener Porzellan) gründen ließ, die von da an ebenfalls feines weiß-blaues Porzellan produzierte. Auch andere europäische Adelige sammelten die zarte, kostspielige Kunst aus Fernost.
Japonismus: Einflüsse auf die westliche Kultur
Da zu jener Zeit aber dennoch wenige derer, die sich für Japan interessierten, wirklich in das Land selbst reisen konnten, wurde die japanische Kultur mit allerlei exotischen Vorstellungen aufgeladen. In lose kuratierten Schaukabinetten wurden allerlei Gegenstände aus Japan präsentiert und teilweise mit aus heutiger Sicht haarsträubenden – damals wegen der Entfernung nicht überprüfbaren – Geschichten versehen.
Ende des 19. Jahrhunderts, nach der Öffnung Japans, wurde japanische Kultur in Europa einem breiteren Publikum zugänglich. Dort beeinflusste sie Impressionismus, Jugendstil und Expressionismus. Besonders die bürgerliche Kultur Japans fand großes Interesse – so beeinflussten die Holzschnitte die Formsprache der drei Kunstrichtungen auf verschiedene Art. Insbesondere die strenge Abgrenzung von Farbflächen zueinander wurde übernommen.
Zen-Buddismus: Esoterik und Meditation
In den 1980ern entdeckten viele Europäer und Nordamerikaner auf ihrer Suche nach Spiritualität den Buddhismus für sich. Der Zen-Buddhismus sorgte auch in Deutschland für großes Interesse an Japan – zumal dessen meditative Praxis und minimalistische Ausrichtung damals im starken Gegensatz zum boomenden Hightech-Land Japan zu stehen schien.
Die deutsche Regisseurin Doris Dörrie zeigt in einem ihrer Filme die Nachwehen dieser (pseudo-)spirituell motivierten Japan-Euphorie. In „Erleuchtung garantiert“ aus dem Jahr 2000 fahren zwei Brüder auf Sinnsuche nach Japan, um in einem Kloster zu leben. Esoterik und Heilsversprechen der westlichen Interpretation des Zen werden hinterfragt und global gültige, menschliche Wahrheiten in der Beschäftigung mit der Meditation gesucht.
Popkultur: Japan wird “cool”
Bereits in den 1990er Jahren liefen im deutschen Fernsehen Anime-Serien wie Lady Oscar – Die Rosen von Versailles (Berusaiyu no bara), Die tollen Fußball-Stars (Kyaputen Tsubasa) oder Mila Superstar (Attaku No.1). Dass diese aus Japan kamen, wurde von den zumeist jungen Zuschauern aber nicht als besonderes Merkmal wahrgenommen.
Dies änderte sich Ende der 1990er, als auch Serien mit einem auffälligeren „japanischen“ Design ausgestrahlt und als solche beworben wurden, darunter Sailor Moon (Bishōjo Senshi Sērā Mūn) oder Pokemon. Parallel veröffentlichten Verlage Mangas. Japan wurde als Herkunftsland von Manga und Anime sichtbar und beliebt. Viele der heutigen Japan-Fans zwischen 15 und 35 sind mit diesem auf die Popkultur ausgerichteten Japanbild aufgewachsen.
Der Erfolg der japanischen Popkultur liegt nicht nur in der medialen Präsenz. Die japanophile Community konnte sich über das gleichzeitig aufgekommene Internet langfristig vernetzen. Soziale Internetportale wie Facebook oder Animexx, der Anime-und Manga-Verein, boomen. Auch schaffen Fans Infrastruktur für andere Fans – das macht die Szene sehr stabil. Engagement für die Community, z.B. die Organisation von Events oder das Zeichnen eigener Manga, wird mit Anerkennung bedacht und ist darum attraktiv. Drittens wirkt auch Cosplay identitätsstiftend: Viele Japan-Fans verkleiden sich gerne als ihr Lieblingscharakter. Zusammenkünfte auf Events heben das „Besondere“ des Japan-Fantums hervor.
Auch der japanische Staat hat die verbindende Wirkung der japanischen Popkultur erkannt. Mit der Kampagne “Cool Japan” soll deren Reichweite im Ausland vergrößert werden. Dazu wurden beispielsweise mehrere Cool Japan-Botschafter ernannt, die aus der Popkultur stammen oder im Tourismus tätig sind. Ziel dieser Kulturdiplomatie ist es, über die Popkultur Verständnis und Wohlwollen für Japan zu schaffen.
Japan als eigene Marke
Mittlerweile hat die japanische Popkultur ihr Nischendasein in Deutschland verlassen und ist zum festen Bestandteil der Jugend- und Popkultur geworden. Standen in den Hochphasen von Japans Beliebtheit in Europa zuvor stets andere Themen im Vordergrund, deren Herkunft nachgeordnete Bedeutung hatte, kann sich Japan nun als eigene Marke etablieren und wird selbst zum eigentlichen Gegenstand der Beliebtheit.
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