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Das kleine Wörtchen „sumimasen“ und was es uns über Japan verrät

Matthias Reich
Matthias Reich

Sprachen sind, egal wo, ein hervorragender Spiegel dessen, was das jeweils sprechende Volk so bewegt. Oft sind es kleinere, sehr häufig benutzte Wörter, die sehr viel über die Kultur und Denkweise aussagen - wie zum Beispiel „sumimasen“.

Shilouette eines sich verbeugenden Manns hinter einem Papierfenster

Sumimasen gehört zu den ersten Wörtern, die Japanisch-Lernende kennenlernen. Und um die Sache zu vereinfachen, wird als deutsche Übersetzung oftmals schlichtweg “Entschuldigung” angegeben (der etymologische Hintergrund dieses Wortes selbst ist dabei ebenfalls recht interessant).

Sumimasen ist die negierende Form des Verbes sumu, welches, je nachdem mit welchem Schriftzeichen es geschrieben wird (typisch Japanisch!), zahlreiche Bedeutungen hat. Im Falle von sumimasen kommen jedoch zwei Bedeutungen in Betracht: 済む (sumu, etwas zu Ende bringen) und  澄む (sumu, klar werden). Mit dem Wörtchen sumimasen, so zumindest die geläufigste Theorie, drückt man aus, dass den Sprecher etwas Unerledigtes bedrückt beziehungsweise dass er aufgrund einer gewissen Sache geistig nicht klar werden kann. Oder, um bei der bildlichen Sprache zu bleiben, dass er „betrübt“ ist.

Aufeinandergefaltete Hände als entschuldigende Geste

Deutsche Muttersprachler stolpern anfangs beim Englischlernen häufig über das Wörtchen sorry. Und genauso ergeht es Japanern auch, denn die kleinen und doch so wichtigen Wörter sorry und sumimasen ähneln sich in manchen Situationen sehr, in anderen jedoch kaum. „Entschuldigung“ und sumimasen kann man zum Beispiel benutzen, um die Aufmerksamkeit einer Person zu erlangen – mit sorry geht das nicht. Doch im Gegensatz zum deutschen Pendant hat sumimasen eine weitere Bedeutung, die es so im Deutschen nicht gibt.

So wird sumimasen verwendet

Prinzipiell kann man beim Gebrauch des Wortes in drei Gruppen unterteilen:

  1. Als Bitte um Verzeihung. Man hat etwas verbockt, und dafür entschuldigt man sich nun.
  2. Als Bitte. Man möchte jemanden um etwas bitten und leitet diese Bitte mit einem sumimasen ein.
  3. Als Dankeschön. Und hier weicht sumimasen von der deutschen Entschuldigung ab.

Zu 1) und 2) gibt es nicht allzu viel hinzuzufügen, doch die dritte Bedeutung ist kulturell interessant, bedankt man sich doch schließlich mit einer Entschuldigung. Dies ist durchaus unterwürfig gemeint, da man nun aufgrund der geleisteten Hilfe oder des Gefallens quasi in der Schuld steht. Dieses Geben und Zurückgegeben ist ein ganz wesentlicher Bestandteil und sogar tief im Buddhismus verankert, lehrt jener doch, dass man vor allem auf sich selbst und auf die göttliche Lehre bauen soll – und nicht auf seine Mitmenschen.

Letzteren soll man soweit möglich nicht zur Last fallen. Und tut man das doch, so ist Reumütigkeit gefragt. So ist das Wörtchen sumimasen nicht einfach nur eine Entschuldigung oder ein Dankeschön, sondern oftmals auch ein Ausdruck der Scham – man schämt sich dafür, jemandem zur Last gefallen zu sein. Wobei das Wort „Scham“ nicht unbedingt so negativ gesehen werden sollte. Es ist mehr ein Gefühl der Demut – das Anerkennen, dass man Aufwand verursacht hat beziehungsweise jemandem in irgendeiner Weise zur Last gefallen ist. Sumimasen ist damit wesentlich häufiger zu hören und wichtiger zu verstehen als das unter Ausländern wohl bekanntere japanische Wort für „Entschuldigung“ – das Wort gomennasai.

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