Glücksspiel in Japan ist illegal. Das findet man schnell nach einer kurzen Google-Suche heraus. Schluss, aus, Text vorbei. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht – denn der japanische Staat macht einige Zugeständnisse: Zum einen gibt es die kōei kyōgi, also vier Sportarten, auf die streng reguliert gewettet werden darf: Pferde-, Fahrrad-, Motorrad- und Motorboot-Rennen. Hinzu kommen bestimmte Fußball-Tippspiele sowie die öffentliche Lotterie – alles überwacht vom Japan Sports Council unter der Aufsicht des Ministeriums für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie (MEXT). Der Gedanke hinter dieser kontrollierten Liberalisierung: Die Staats- und Gemeindekassen aufzustocken und zugleich eine regulierte Form der Unterhaltung zu bieten.
Was in Japan als Glücksspiel gilt – und was nicht
Glücksspiel bedeutet, dass zwei oder mehr Menschen auf den Ausgang eines Ereignisses wetten, das rein vom Zufall abhängt – also nicht durch unterschiedliche Fähigkeiten beeinflusst werden kann. Während beispielsweise bei Pferderennen argumentiert werden kann, dass das Training der Pferde und die Fähigkeiten der Jockeys den Ausgang beeinflussen, gilt das bei Spielen wie Shōgi, Mah-jongg und Go nicht. Daher sind Wetten auf die Ergebnisse dieser Spiele nicht erlaubt.
Darüber hinaus legt das Strafgesetzbuch fest, dass nur auf Dinge gewettet werden darf, die der „kurzweiligen Unterhaltung“ dienen. Wer gegen diese Regeln verstößt, muss mit Strafen bis zu 500.000 Yen als Spielender oder mit einer Gefängnisstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren als Glücksspiel-Betreibender rechnen.
Von der Rennstrecke zum Mobile Game
Unter den kōei kyōgi erfreuen sich insbesondere Pferderennen großer Beliebtheit: Mehr als 21.000 Mal im Jahr wetteifern Jockeys in Japan um den Sieg. Im Jahr 2024 wurde mit Pferdewetten ein Gesamtumsatz von über 3,31 Milliarden Yen erzielt – womit Pferderennen weiterhin die umsatzstärkste Wettform des Landes darstellen, deutlich vor Motorboot- und Radrennen.
Pferderennen sind so fest in der japanischen (Wett-)Kultur verankert, dass sie längst auch in der Popkultur angekommen sind: Das Mobile Game Uma Musume, in dem berühmte Rennpferde als Anime-Mädchen wiedergeboren werden, war im Erscheinungsjahr 2021 das neuntumsatzstärkste Mobile Game weltweit.
Japans lautestes legales Glücksspiel
Das wohl bekannteste Glücksspielvergnügen in Japan heißt Pachinko – und ist eine Erfahrung für sich: In sogenannten Pachinko-Hallen stehen hunderte grell blinkender, laut ratternder und mit den Spielenden interagierender Automaten. Auf ihnen sausen im Sekundentakt kleine Metallkügelchen über ein Spielfeld, ähnlich wie beim Flippern, aber mit zusätzlichen blinkenden Elementen und Animationen. Auf Monitoren über den Maschinen werben verheißungsvoll – meist weibliche und leicht bekleidete – Figuren aus bekannten Animeserien zum Weiterspielen. Trifft eine Kugel den richtigen Punkt, prasseln unter ohrenbetäubendem Lärm weitere Metallkügelchen in die bereitgestellten Eimer unter der Ausgabeluke.
Seit 2020 ist das Rauchen in den Hallen zwar verboten – die Lautstärke und visuelle Reizüberflutung machen einen Besuch aber trotzdem zu einem überwältigenden Erlebnis. Die gewonnenen Kügelchen können direkt in der Halle gegen Snacks und Getränke oder spezielle Gold- und Silberpreise eingetauscht werden. Nur einen Steinwurf entfernt von der Halle befindet sich dann meist ein Geschäft, das diese „Sonderpreise“ gegen Bargeld ankauft – ein legaler Umweg, der Pachinko möglich macht, ohne offiziell gegen das Verbot von Geldwetten zu verstoßen.
Illegale Casinos und die Debatte um Legalisierung
Die strengen gesetzlichen Regeln bedeuten nicht, dass es keine Glücksspiele westlicher Prägung in Japan gibt: Einen großen Teil der illegalen, analogen Casinos betreibt die japanische Mafia, die Yakuza – oft verborgen in unscheinbaren Wohnungen. Hinzu kommt ein weitreichendes Angebot an nicht genehmigten Online-Wetten und virtuellen Casinos.
Seit 2006 wird – vor allem von der konservativen Regierungspartei LDP – immer wieder diskutiert, landesweit lizenzierte Casinos unter staatlicher Kontrolle einzuführen. Auch wenn diese Debatte zuletzt ins Stocken geraten ist, wurde Anfang Juni ein neuer Gesetzesentwurf eingebracht, der Online-Casinos verbieten soll. Ein Grund dafür: die zunehmende Zahl von Spielsüchtigen. Schätzungen zufolge leiden in Japan über drei Millionen Menschen unter Glücksspielsucht – trotz oder gerade wegen der strengen Regulierungen.
Zwischen Spaß und Suchtprävention
Auch in den Arcades, also den Spielhallen für alle Altersgruppen, finden sich neben lauten Rhythmusspielen, bunten Greifautomaten und Rennsimulatoren sogenannte Medal Games. Diese Spiele, meist räumlich abgetrennt, simulieren klassische Casinospiele wie Poker, Roulette oder Pferderennen. Der Unterschied: Man kann kein Geld gewinnen – nur Papiertickets, die zum Weiterspielen verwendet werden können.
Was die Atmosphäre betrifft, stehen die Medal Games echten Casinos allerdings kaum nach: In separaten Séparées sitzen Spielende auf gemütlichen Sofas, Wetten werden per Touchscreen abgegeben, Getränke am Platz serviert. Durch den Ausschluss von Geldgewinnen soll verhindert werden, dass sich eine echte Sucht entwickeln kann. Ob diese Maßnahme wirklich ausreicht, um gefährdete Personen vom Reiz des „echten Nervenkitzels“ fernzuhalten – oder sie vielleicht sogar erst neugierig macht – bleibt fraglich.
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