Der Ise Jingū in der Präfektur Mie gilt als der heiligste Shintō-Schrein Japans. Er ist Amaterasu Ōmikami gewidmet, der Sonnengöttin und mythischen Ahnherrin des japanischen Kaiserhauses. Für viele Menschen ist ein Besuch in Ise kein gewöhnlicher Schreinbesuch, sondern eine Annäherung an die spirituelle Mitte des Landes. Der Weg zum Inneren Schrein führt über die Uji-Brücke, die sinnbildlich eine Schwelle zwischen Alltag und Heiligkeit markiert. Dahinter beginnt ein weitläufiges Areal aus Wald, Kieswegen und heiligen Gebäuden. Ein Raum, der die Verbindung von Natur und Spiritualität erlebbar macht.



Shintō: Eine Lebensweise statt einer Dogmatik
Der Shintō wird im Ausland häufig als Religion beschrieben. Doch in Japan verstehen viele Menschen ihn eher als Haltung und Lebenspraxis. Es geht weniger um Glaube im dogmatischen Sinn, als um Respekt, Dankbarkeit und Reinheit. Schreinbesuche dienen dazu, sich zu besinnen, sich zu reinigen und die eigene Verbindung zur Gemeinschaft und zur Natur zu stärken. Feste wie Hatsumōde (der erste Schreinbesuch des Jahres), lokale Matsuri oder das Miyamairi nach der Geburt sind Teil des Alltags. Ausdruck einer traditionellen Spiritualität, die ohne heilige Schrift, fixe Dogmen oder Missionierung auskommt. Stattdessen steht die Harmonie zwischen Mensch und Umwelt im Mittelpunkt.


Der heilige Wald von Ise
Der Wald rund um Ise Jingū ist ein zentraler Bestandteil der Anlage. Die Bäume, von denen viele mehrere hundert Jahre alt sind, stehen sinnbildlich für Kontinuität und Erneuerung. Der Glaube, dass in der Natur kami – „Gottheiten“ oder spirituelle Kräfte – wohnen, prägt den Umgang mit diesem Ort. Durch die hohen Bäume fällt das Licht oft in schmalen, fast ätherischen Strahlen auf Wege und Brücken. Diese besondere Atmosphäre lässt viele Besucher innehalten. Ein Moment, der verdeutlicht, warum Shintō als eng mit der Natur verwoben gilt.



Reinigung am Isuzu-gawa
Eine der schönsten Stellen innerhalb des Ise Jingū ist der Isuzu-gawa, ein klarer Fluss, in dem sich Besucher traditionell reinigen. Das Wasser gilt als heilig und symbolisiert die Rückkehr zu einem Zustand der Reinheit, bevor man den innersten Bereich des Schreins betritt. Diese einfache Handlung fasst die Essenz des Shintō zusammen: ein bewusstes Innehalten, ein Loslassen des Alltags und das Gefühl von Verbundenheit.












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