Süßes oder Saures! Halloween im Kimono

von Anji Salz
© Anji Salz

Halloween hat in Japan eine verhältnismäßig kurze Tradition, erfreut sich aber zunehmender Beliebtheit. Die letzten zwei Jahre hat unsere kimonobegeisterte Autorin probiert, das keltische Fest etwas anders zu feiern. Halloween in Japan 2.0 oder auch Halloween im Kimono!

Traditionell gesehen gibt es eigentlich kein Halloween in Japan. Das im August zelebrierte O-bon (お盆) kommt dem Grundgedanken hinter diesem Fest zwar sehr nahe, hierbei geht es aber darum, den Geist der Verstorbenen für ein paar Tage Zuhause willkommen zu heißen.

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Halloween so wie wir es kennen, gibt es erst seit Ende der 1990er in Japan und ist oft ein eher kommerzielles Cosplay-Event für die jüngeren Generationen. Tōkyos berühmte Shibuya-Kreuzung verwandelt sich an den Wochenenden um Halloween in einen Ozean aus kostümierten Menschen. Kinder, die Süßigkeiten in der Nachbarschaft abstauben, sieht man dagegen eher selten.

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Einen Mix aus Tradition und Moderne haben sich ein paar Kimono-Enthusiasten in Shinjukus Nakai-Viertel ausgedacht: Halloween im Kimono!

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Halloween im Kimono zelebrieren

Es wird sich mit thematischen Kimonos in Schale geworfen oder mit Makeup und Accessoirs der Grusel-Faktor erhöht. Ein paar Damen helfen auf Anfrage auch mit dramatischer Haarkunst. Oft bekannt als “Yu-baba” (湯婆婆)-Haare (wie die Besitzerin des Badehauses in dem Ghibli Zeichentrickfilm “Chihiro’s Reise ins Zauberland”), wurde diese voluminöse Frisur um 1900 populär, ist aber heutzutage kaum noch präsent.

Die voluminösen “Yu-baba”-Haare eignen sich perfekt als Halloween-Frisur. © Anji Salz

Eine weitere Tradition, oft zu sehen in Holzschnitten aus der Edo-Periode, ist “ohaguro” (お歯黒): das Einfärben der Zähne in schwarz. Was damals als Schönheitsmerkmal galt, wurde 1870 verboten und ist heute eher befremdlich und wird von vielen sicher als abstoßend betrachtet.

Halloween ist also der perfekte Anlass, um all diese Traditionen auszuprobieren, ohne als verrückt abgestempelt zu werden!

“Ohaguro” ist ein Schönheitsideal aus der Edo-Zeit und meint das Einfärben der Zähne in schwarz. © Anji Salz

Weiterhin hat Japan natürlich seine eigenen Geister, Dämonen und Gruselgeschichten, die sich seit Jahrhunderten erzählt werden. Diese yōkai (妖怪) nehmen laut Mythologie oft tierische Formen an oder verschleiern sich in Gestalt einer schönen Frau.

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Natürlich können selbst Gegenstände Geister oder dunkle Magie beinhalten. Hier kann man also der Kreativität freien Lauf lassen.

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Sobald es dunkel wird, geht es los. Alle Kimono-Damen, -Herren, -Kinder, -Dämonen und -Geister versammeln sich zu einem Halloween-Marsch in der Nachbarschaft. Da dieses Event mit Geschäften und Restaurants abgesprochen ist, halten diese sogar Süßigkeiten für die Kinder bereit.

Geschäfte und Restaurants halten Süßigkeiten für die Kinder bereit. © Anji Salz

Für die Menschen auf der Straße muss dies ein sehr ungewöhnlicher Anblick sein. Wir ernten eine Menge verwirrter Blicke – lassen uns davon aber nicht abhalten.

Sobald die Taschen mit Süßigkeiten gefüllt und alle Fotos geschossen sind, finden sich alle in einer Bar ein. Auch Kimono-Geister und -Dämonen haben Durst!

Happy Kimono-ween!

Auch Kimono-Geister und -Dämonen haben Durst!© Anji Salz
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